idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
10/27/2003 14:44

Gefährliche Wanderlust von Krebszellen stoppen

Dr. med. Eva M. Kalbheim Pressestelle
Deutsche Krebshilfe e. V.

    Neues Schwerpunktprogramm der Dr. Mildred Scheel Stiftung

    Bonn (nh) - Bösartige Tumoren können sich im Körper ausbreiten und in entfernten Organen Tochtergeschwülste bilden. Das macht den Tumor zu einer lebensbedrohlichen Gefahr. Wenn es gelänge die Ausbreitung der Krebszellen zu verhindern, wäre man im Kampf gegen den Krebs einen großen Schritt weiter. Um die Forschung auf diesem Gebiet voranzutreiben, hat die Dr. Mildred Scheel Stiftung der Deutschen Krebshilfe den neuen Förderschwerpunkt "Zelladhäsion, Migration und Invasion" ins Leben gerufen. Das Ziel: Spezifische Therapien zu entwickeln, welche die gefährliche Wanderlust der Krebszellen stoppen. Das Schwerpunktprogramm umfasst 22 Einzelprojekte und wird zunächst für drei Jahre mit insgesamt rund sechs Millionen Euro gefördert.

    Eine Krebszelle ist umso bösartiger und aggressiver, je erfolgreicher sie sich aus ihrem Zellverband lösen und in das umliegende Gewebe eindringen kann. Dann besteht die Gefahr, dass sich Metastasen in entfernten Organen bilden. Diese sind nur schwer zu beherrschen, da sie sehr viel schlechter auf die Strahlen- oder Chemotherapie ansprechen.

    "Eine Vielzahl von Eiweißen und Botenstoffen sind bereits identifiziert, die an der Metastasierung beteiligt sind", sagt Professor Dr. Walter Birchmeier, Koordinator des Schwerpunktprogramms. "Doch die genauen Mechanismen der gerichteten Wanderung von Tumorzellen in spezifische Organe sind noch weitestgehend unbekannt." Diese genauer aufzuklären ist das ehrgeizige Ziel des Förderprogramms. Dabei verfolgen die beteiligten Wissenschaftler, die sich am 26. und 27. Oktober 2003 in Bonn zu einem Experten-Meeting trafen, verschiedene Ansätze - entsprechend den vielseitigen Mechanismen, mit denen sich die Krebszellen ihren Weg durch den Körper bahnen.

    Gesunde Zellen sind normalerweise fest mit ihren Nachbarn verbunden und sehr sesshaft. Als Klebstoff zwischen den Zellen fungieren so genannte Zelladhäsionsmoleküle. In entarteten Tumorzellen funktioniert dieser "Zellkitt" in vielen Fällen nicht mehr. Dadurch lockert sich der Zellverband, so dass einzelne Krebszellen diesen verlassen können und "invasiv" in das umliegende Gewebe hineinwachsen. Über das Blut oder die Lymphbahnen breiten sie sich dann im Körper aus. Dort, wo sie wieder andocken, entstehen Tochtergeschwülste in entfernten Körperregionen. Metastasen befallen bevorzugt die Leber und die Lunge. Aber auch im Gehirn und in den Knochen kommen häufig Krebsabsiedlungen vor.

    Neben den Zelladhäsionsmolekülen haben die Forscher eine weitere Eiweißgruppe im Visier: Die so genannten Proteasen. Diese Enzyme sind in der Lage, das bindegewebsartige Gerüst der Zellen aufzulösen. Dies ist zum Beispiel bei der Wundheilung erforderlich, wenn die Hautzellen sich im Deckgewebe fortbewegen müssen, um die Wunde zu verschließen. Diese Scheren-Funktion machen sich auch Krebszellen zu Nutze: Sie setzen vermehrt Proteasen frei und schneiden so Löcher in das sie umgebende Zellgerüst. Durch die entstandenen Lücken schlüpfen die Krebszellen hindurch und treten ihre verhängnisvolle Reise durch den Körper an.

    Bei Krebszellen aus Brusttumoren sind bestimmte Lockstoffe identifiziert worden. Diese lotsen die bösartigen Zellen, die sich erfolgreich aus dem Zellverband lösen konnten, zielgerichtet zu den Organen, in denen sich daraufhin Metastasen bilden. Bei diesen Lockstoffen handelt es sich um so genannte Chemokine, die an spezifische Andockstellen auf den Zellen binden. Ihre Lotsen-Funktion haben sich die Krebszellen vom körpereigenen Abwehrsystem abgeschaut: Hier vermitteln die Chemokine den Abwehrzellen den Weg aus dem Blut zu bestimmten Körperregionen. Die Forscher wollen nun auch in anderen Tumorarten nach diesen Lockstoffen suchen. Ihr Ziel: Medikamente zu entwickeln, welche die Funktion der Chemokine bei Tumorzellen blockieren, so dass die Krebszellen nicht mehr zielgerichtet zu den Organen gelotst werden können und die Metastasierungs-Gefahr sinkt.

    Im Rahmen des Förderschwerpunkts sollen die komplexen Zusammenhänge, die zur Ausbreitung eines Tumors führen, weiter aufgeschlüsselt werden. "Denn nur, wenn wir die grundlegenden Mechanismen genau verstehen, können wir neue Therapien entwickeln, um in die gefährliche Zellwanderung einzugreifen", erklärt Professor Birchmeier. Darüber hinaus hoffen die Wissenschaftler auch konkretere Aussagen über den Verlauf einer Tumorerkrankung machen zu können.

    "Durch die Vernetzung der verschiedenen Arbeitsgruppen lässt sich ein deutlich größerer Erkenntnisgewinn erreichen als bei Einzelprojekten", erläutert Gerd Nettekoven, Geschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, den wesentlichen Vorteil von Schwerpunktprogrammen. "Bei diesen Forschungsprogrammen liegt ein Hauptaugenmerk darauf, die grundlagenorientierten Ergebnisse in die klinische Anwendung zu bringen, damit sie Krebspatienten möglichst bald zugute kommen."

    Projekt-Nummern: 10-2011, -2012, -2013, -2014, -2016, -2019, -2023, -2024, -2025, -2026, -2028, -2029, -2030, -2031, -2038, -2040, -2041, -2043, -2045, -2046, -2049, -2052

    Interviewpartner auf Anfrage!


    More information:

    http://www.krebshilfe.de


    Images

    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research projects
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).