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Forschungsteam der Universität Jena präsentiert „Thüringen-Monitor Integration“
Demokratie ist für die überwiegende Mehrheit der Deutschen sowie der nach Deutschland Geflüchteten die beste Staatsform. Und auch sonst sind sich Deutsche und Geflüchtete in vielem recht ähnlich, in manchem aber auch unterschiedlich. Dies belegt – zumindest für Thüringen – eine aktuelle Studie des Zentrums für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration (KomRex) der Friedrich-Schiller-Universität Jena, die heute veröffentlicht worden ist, mit zahlreichen Fakten, Daten und differenzierten Ergebnissen. Befragt wurden zwischen März und Oktober des vergangenen Jahres 906 zwischen 2013 und 2018 nach Thüringen geflüchtete Männer und Frauen über 18 Jahren aus unterschiedlichen Herkunftsländern nach integrationsrelevanten Einstellungen und Sachverhalten. Von ihnen waren knapp über 80 Prozent jünger als 40 Jahre alt. „Damit soll eine empirische Basis für politische Planungs- und Entscheidungsprozesse hinsichtlich der Integration von Asylbewerbern und Geflüchteten in die deutsche Gesellschaft geschaffen werden“, nennt die Studie, die von dem Team um den Jenaer Psychologen Prof. Dr. Andreas Beelmann erstellt wurde, ein Ziel.
Nur ca. 30.000 Geflüchtete leben in Thüringen Von ihnen stammen die größten Gruppen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak – somit ist es eine ausgesprochen heterogene Gruppe, wie die Jenaer Studie mit vielen Sonderauswertungen nach Geschlecht, Alter und Bildungsstand zeigt.
Flucht aus Angst vor Krieg, Verfolgung und Gewalt
Doch trotz aller individuellen Unterschiede zeigen die Befragten viele grundsätzliche Gemeinsamkeiten. Der Hauptgrund für ihre Flucht war die Angst vor Krieg, Verfolgung und Gewalt. Daraus resultiert eine höhere Wahrscheinlichkeit zu psychischen Belastungen. „Dies unterstreicht auch die im Vergleich zur deutschen Bevölkerung deutlich verringerte Lebenszufriedenheit“, schreibt das Wissenschaftsteam des KomRex, das auch den alljährlichen Thüringen-Monitor herausgibt. Und das wiederum ist ein Grund dafür, dass jeder zweite Geflüchtete – trotz der schwierigen Situation im Herkunftsland – unter Heimweh leidet.
Demokratische Ausrichtung der meisten Geflüchteten
Geflüchtete haben ein hohes Vertrauen in die Institutionen, etwa in die Polizei und die Bundesregierung, und unterstützen demokratische Werte und Prinzipien. „Die Zustimmungsraten lagen dabei in vielen Fällen sogar über dem Niveau der deutschen Bevölkerung“, so die Studie. Diese demokratische Ausrichtung der meisten Geflüchteten ist umso erstaunlicher als eine große Anzahl von Diskriminierungserfahrungen berichtet. Vor allem bei der Wohnungs- und der Arbeitsplatzsuche wurde dies von über der Hälfte der Befragten angegeben. Zudem berichteten über 10 Prozent von körperlichen Angriffen. „Diese Daten untermauern auch die Analysen der vorhergehenden Thüringen-Monitore, in denen in beträchtlichem Umfang ausländer- und migrationsfeindliche Einstellungen ermittelt wurden, die sich offenbar teilweise auch in konkretem dissozialem und kriminellem Verhalten niederschlagen“, schreiben die Wissenschaftler. Andererseits bewerten die Geflüchteten die deutsche Bevölkerung sehr positiv, denn bereits zwei Drittel der geflüchteten Personen in Thüringen verbinden enge Freundschaften mit Deutschen. Dennoch wünschen sie sich noch mehr und engere Kontakte zu den Einheimischen.
Um dies zu vertiefen will sich eine ausgeprägte Mehrheit der geflüchteten Männer und Frauen (96,3 Prozent) in mindestens einem Bereich zivilgesellschaftlich engagieren. Am stärksten ausgeprägt ist die Engagementbereitschaft bei sozialen und Hilfsvereinen sowie Vereinen zum Schutz von Menschenrechten.
Hohe Integrationsbereitschaft und Erwerbsorientierung
Neun von zehn Befragte möchten Aspekte der deutschen Kultur und Lebensweise übernehmen. Die meisten haben zugleich den Wunsch, Elemente der eigenen Kultur beizubehalten, jedoch wird wahrgenommen, dass dies von etwa der Hälfte der Thüringer Bevölkerung nicht begrüßt wird. Geflüchteten scheint der Erwerb der deutschen Sprache sehr wichtig, so sprechen sich 90 Prozent für verpflichtende Sprachkurse aus. Dies sicher auch unter den Erfahrungen, wie schwierig es ist, eine Ausbildungs- oder Arbeitsstelle zu finden. Die Integration in den Arbeitsmarkt ist für die befragten Geflüchteten von vordringlicher Bedeutung. Aber erst rd. 20 Prozent der Befragten ist dies gelungen – je höher Bildungsgrad und Sprachkenntnisse sind, umso besser gelingt es.
Bei Fragen zur Gleichberechtigung zeigt sich bei etwa der Hälfte jedoch patriarchale Einstellungen, welche von der gesellschaftlichen Norm einer liberalen Demokratie abweichen. Vor diesem Hintergrund stellen sich besondere Integrationsherausforderungen für geflüchtete Frauen. „So waren sie im Vergleich zu Männern hierzulande seltener zivilgesellschaftlich engagiert, nahmen seltener an Sprachförder- und Integrationsmaßnahmen teil, suchten weniger häufig Beratungsangebote auf und wiesen eine geringere Arbeitsmarktbeteiligung auf“, bilanziert die Studie.
Die KomRex-Studie belegt, dass gesellschaftliche Integration einer größeren Anzahl von Geflüchteten eine herausfordernde Aufgabe ist, die sowohl von den Geflüchteten als auch von der Aufnahmegesellschaft Anstrengungen und Anpassungen verlangt. Ist man aus humanitären Gründen gewillt, Menschen in Not zu helfen, und daran interessiert, dass Integration gelingen und positiv gestaltet werden kann, sollte man nicht denen das Feld überlassen, die sich – auf beiden Seiten – nicht an die Grundsätze einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und humanitäre Werte halten. Die Chancen auf eine gelungene Integration der Menschen stehen – zumindest was die befragte Gruppe angeht – in vielerlei Hinsicht gut, macht die Studie Hoffnung.
Gefördert wurde die Studie von der Staatskanzlei des Freistaates Thüringen sowie der Regionaldirektion Sachsen-Anhalt-Thüringen der Bundesagentur für Arbeit.
Dr. Franziska Schmidtke
KomRex – Zentrum für Rechtsextremismusforschung, Demokratiebildung und gesellschaftliche Integration der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Humboldtstr. 11
07743 Jena
Tel.: 03641 / 930958
E-Mail: Franziska.Schmidtke[at]uni-jena.de
https://redproxy.rz.uni-jena.de/komrexmedia/Publikationen/Neu/Th%C3%BCringen_Mon... - der vollständige "Thüringen-Monitor Integration"
Criteria of this press release:
Journalists
Politics, Psychology, Social studies
transregional, national
Research results, Transfer of Science or Research
German
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