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Wissenschaft
IAT-Präsident Prof. Dr. Franz Lehner zu den Innovationschancen in einer globalisierten Wirtschaft
Statt bloß im internationalen Subventionswettkampf mitzuspielen sollten die europäischen Regionen verstärkt auf leistungsfähige regionale, aber global vernetzte Innovationssysteme setzen. Eine Industriepolitik, die kreative Akteure und Institutionen zusammenbringt und ein günstiges Umfeld für eine technisch und organisatorisch anspruchsvolle Industrie- und Dienstleistungsladschaft schafft, ist zwar schwieriger zu realisieren als die - oft wenig effektiven - großen Technologieprogramme, sie kostet aber erheblich weniger und schafft zudem trotz Globalisierung regionalpolitische Spielräume, um die eigene Zukunft politisch und wirschaftlich selbständig gestalten zu können und nicht abhängig von den wenigen "global players" zu werden. Eine solche Trendwende in der Industriepolitik fordert Prof. Dr. Franz Lehner, Präsident des Instituts Arbeit und Technik (IAT/Gelsenkirchen).
Das zentrale wirtschaftliche Problem der europäischen Volkswirtschaften ist die Beschäftigung. In den letzten drei Jahrzehnten erhöhte sich in Japan die Gesamtzahl der Arbeitsplätze um fast 50 Prozent, in den USA sogar um über 80 Prozent, wobei die amerikanische Jobmaschine keineswegs überwiegend "McDonald-Jobs" liefert, sondern hochqualifizierte und gut bezahlte Arbeitsplätze in Industrie und Dienstleistungen. In der europäischen Union wurden dagegen im gleichen Zeitraum weniger als 10 Prozent zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen.
Die Wurzeln des Problems sieht Lehner darin, daß das Innovationsgeschehen zu stark an traditionellen Märkten orientiert ist. Die europäische Wirtschaft setzt ihre hohe technologische Kompetenz überwiegend in etablierten Produktlinien und Märkten ein. Es mangelt an radikaler Innovation, der Entwicklung neuer Produkte für neue Märkte - mit denen die meisten und vor allem auch die attraktivsten neuen Arbeitsplätze entstehen. "Wir müssen uns aus den Märkten herauslösen, wo andere billiger und besser produzieren können und wir müssen uns von Produktionsstrategien und -konzepten trennen, die überall auf der Welt genauso gut gefahren werden können, wie bei uns!", so Lehner.
Die neuere Innovationsforschung zeigt, daß der Innovationsprozeß von Unternehmen und ganzen Wirtschaftszweigen maßgeblich von Strukturen und Prozessen in ihrem Umfeld beeinflußt werden. Dazu gehören öffentliche Infrastruktureinrichtungen, insbesondere für Forschung, Entwicklung, Bildung und Ausbildung, staatliche Regulationen und Leistungsprogramme, das Arbeitskräftepotential und seine Qualifikation, Märkte und Kundenbeziehungen, Dienstleistungsangebote und viele "weiche" Faktoren wie Risikobereitschaft und Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem. Gerade mit Blick auf die sich immer stärker globalisierende Wirtschaft spielen regionale Innovationssysteme eine große Bedeutung. Sie bieten Regionen die Chance, sich in die globalen Produktions- und Innovationsnetze einklinken zu können und zwischen Welt-Konzern und Region wechselseitige Abhängigkeiten herauszubilden. Die regionalen Akteure sind also keineswegs der Macht der großen multinational operierenden Konzerne ausgeliefert, sie können sich Freiräume schaffen.
Die Entwicklung regionaler Innovationssysteme ist allerdings eine schwierige Aufgabe. Die Verbesserung der Innovationsfähigkeit von Unternehmen, Branchen und ganzen Volkswirtschaften und die Umorientierung des Innovationsgeschehens von herkömmlichen auf neue Produkte und Märkte erfordert häufig, daß die gewachsenen Strukturen und Abläufe des jeweils relevanten Innovationssystemes aufgebrochen und neu aufgebaut werden müssen.
Beim Aufbau regionaler Innovationssysteme können strategische Projekte helfen, in denen man im Zusammenspiel unterschiedlicher Akteure neue Produkt- und Prozeßideen sowie neue Produktionskonzepte entwickelt und realisiert, und in denen frühzeitig ein Leitmarkt für die entsprechenden Produkte geschaffen wird. Wichtig ist, so Lehner, daß diese Projekte anspruchsvolle Ziele haben, die sich nicht auf dem gegenwärtigen Stand von Technik und Organsiation realisieren lassen, daß sie die spezifischen Stärken und Schwächen der Region systematisch nutzen, unterschiedliche Akteure aus Wirtschaft, Wissenschaft und Staat einbeziehen, sich nicht nur auf technologische Lösungen beschränken, sondern die Arbeits- und Produktionsorganisation, die Qualifikation und vor allem die frühzeitige Entwicklung von Leitmärkten einbeziehen.
"Der Erwerb der Fähigkeit, in Regionen solche Projekte auszudenken und zu organisieren, markiert den entscheidenden großen Schritt zur Entwicklung eines leistungsfähigen Innovationssystemes, mit dem eine Region zu einem starken Pfeiler in einer globalisierten Wirtschaft wird", so Lehner. "Er erfordert weniger Geld als kreative Akteure und Institutionen, die solche Projekte auf den Weg bringen und moderieren können."
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Prof. Dr. Franz Lehner
Durchwahl: 1707-113
Pressereferentin
Claudia Braczko
Munscheidstraße 14
45886 Gelsenkirchen
Tel.: +49-209/1707-176
Fax: +49-209/1707-110
E-Mail: braczko@iatge.de
WWW: http://iat-info.iatge.de
Criteria of this press release:
Economics / business administration
transregional, national
Research projects
German
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