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Schmerz-Experten des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden beklagen ein mangelndes Bewusstsein der Gesellschaft für die Kopfschmerzproblematik bei Kindern und Jugendlichen. Ein Team des Universitäts SchmerzCentrums und der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin stellte im Rahmen einer im Frühjahr 2019 in der Fachzeitschrift "Cephalalgia" publizierten Studie (doi: 10.1177/0333102419837156) fest, dass über ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen, die mehr als zweimal im Monat Kopfschmerzen hatten, aufgrund dieses Problems häufiger in der Schule fehlten.
Bleiben die Kopfschmerzen unbehandelt, geraten Betroffene in einen Teufelskreis: Schulfehltage können zu Leistungsabfall, Schulversagen, Schulangst führen, viele betroffene Kinder isolieren sich sozial, auch die Gefahr einer Depression ist erhöht. Umso wichtiger sind eine rechtzeitige ärztliche Diagnose und individuelle Therapie dieser Kinder und Jugendlichen. Doch die Dresdner Studie zeigt, dass nahezu alle Kinder, die nur einmal im Monat Kopfschmerzen aufwiesen, und etwa 80 Prozent derjenigen, die mehr als zweimal im Monat unter Kopfschmerzen litten, keinen Arzt aufgesucht hatten.
Mehr als zwei Drittel aller Schulkinder leiden regelmäßig an Kopfschmerzen, stellte das von Privatdozentin (PD) Dr. Gudrun Goßrau geleitete Wissenschaftler-Team in der Studie fest, die unter dem Titel „The prevalence of headache in German pupils of different ages and school types“ in der Fachzeitschrift der internationalen Kopfschmerzgesellschaft „Cephalalgia“ erschienen ist. Ein Ergebnis der wissenschaftlichen Erhebung, dass mehr als zwei Drittel der in Deutschland befragten Kinder und Jugendlichen regelmäßig Kopfschmerzen haben. Bei den Oberschülern lag der Anteil sogar bei fast 80 Prozent. Einen Arzt suchten jedoch nur die wenigsten auf, was auch zeigt, dass Kopfschmerzen in unserer Gesellschaft nicht als „echte“ Krankheit wahrgenommen werden. „Dabei stellen Kopfschmerzen bereits im Kindes- und Jugendalter ein relevantes Gesundheitsproblem dar und sollten rechtzeitig und individuell von einem Arzt behandelt werden“, erklären Prof. Reinhard Berner, Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Dresdner Uniklinikums und Dr. Matthias Richter. Beide Pädiater sind Co-Autoren der Publikation.
Für die Studie beantworteten 2.706 Schülerinnen und Schüler, die in Dresden eine Grund- oder weiterführende Schule besuchten, den Fragebogen. Erhoben wurde darin, wie oft Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen in den vergangenen drei Monaten auftraten, in welcher Stärke und welche Maßnahmen ergriffen wurden. Das Ergebnis: Nur knapp 32 Prozent der Befragten gaben an, gar nicht unter Kopfschmerzen zu leiden, fast 37 Prozent hatten einmal pro Monat Kopfschmerzen, fast 32 Prozent, mehr als zweimal im Monat. Die letztgenannte Gruppe untersuchte das USC-Team genauer: 55 Prozent hatten an zwei bis fünf Tagen pro Monat Kopfschmerzen, 27 Prozent an fünf bis zehn Tagen. Sieben Prozent derjenigen, die mehr als zweimal im Monat Kopfschmerzen hatten, gab sogar an, an mehr als 15 Tagen pro Monat unter diesen Schmerzen zu leiden.
Insgesamt gaben 624 der befragten Kinder und Jugendliche an, Schmerzmedikamente oder homöopathische Mittel gegen Schmerzen einzunehmen. In der Gruppe, die nur einmal im Monat unter Kopfschmerzen litt, nahm knapp ein Fünftel Schmerzmittel ein, in der Gruppe derer, die mehr als zweimal im Monat von Kopfschmerzen gequält wurden, gab fast die Hälfte an, regelmäßig Schmerzmittel einzunehmen. Auffällig war dabei, dass nahezu alle Kinder, die nur einmal im Monat Kopfschmerzen aufwiesen, und etwa 80 Prozent derjenigen, die mehr als zweimal im Monat Kopfschmerzen hatten, keinen Arzt aufgesucht hatten.
PD. Dr. Gudrun Goßrau sieht in der mangelnden Bereitschaft, sich ärztlich behandeln zu lassen, auch als Ausdruck eines fehlenden Bewusstseins für Kopfschmerzen als ernstzunehmende Krankheit in unserer Gesellschaft: „Doch diese Form des Schmerzes ist bereits in Kindheit und Jugend ein relevantes Gesundheitsproblem. Wie unsere Erhebung gezeigt hat, sind bei jungen ebenso wie bei älteren Menschen Lebensqualität und Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigt.“ Beispielsweise zeigte die Studie auch, dass über ein Fünftel aller Kinder und Jugendlichen, die mehr als zweimal im Monat Kopfschmerzen hatten, aus diesem Grund häufiger in der Schule fehlen. Kopfschmerz ist damit dritthäufigste Ursache für Fehltage in der Schule. „Oft führen Kopfschmerzen dann in einen Teufelskreis. Schulfehltage können zu Leistungsabfall, Schulversagen, Schulangst führen, viele betroffene Kinder isolieren sich sozial, auch die Gefahr einer Depression ist erhöht“, so Dr. Goßrau. Umso wichtiger sind eine rechtzeitige ärztliche Diagnose und individuelle Therapie der betroffenen Kinder und Jugendlichen. „Es ist eine irrige Annahme, dass jeder seine Kopfschmerzen selbst therapieren kann und keine Diagnose vom Arzt nötig ist“, betont Prof. Berner und verweist auf die aus ärztlicher Sicht sehr unterschiedlichen Therapie für die einzelnen Schmerzarten: „Eine Migräne muss anders behandelt werden, als ein Clusterkopfschmerz.“ Ebenso kritisch sehen die Pädiater die häufig zu beobachtende unbedachte Schmerzmitteleinnahme. Schließlich können häufig eingenommene, frei verkäufliche Kopfschmerzmedikamente ihrerseits Kopfschmerzen verursachen oder verstärken.
Frühes Eingreifen verhindert spätere Chronifizierung
Das Wissen über das häufige Auftreten unterschiedlicher Formen des Kopfschmerzes bei Kindern und Jugendlichen ist ein wichtiger Ansatzpunkt dafür, verstärkt Versorgungsangebote für die Betroffenen zu schaffen. Die interdisziplinäre Kinderkopfschmerzambulanz am Universitäts SchmerzCentrum und das dort in Zusammenarbeit mit der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin entwickelte und etablierte DreKiP- Konzept (Dresdner KinderKopfschmerzprogramm) sind erste Aktivitäten, um der aktuellen Unterversorgung der Schmerzpatienten im Schulalter zu begegnen. Nach Ansicht der Dresdner Schmerzexperten eine gute Investition in die Zukunft. Denn ein unbehandelter Kopfschmerz, der bereits im Kindes- und Jugendlichenalter zu Fehltagen in der Schule führt, droht im weiteren Verlauf sich zu einer chronischen Erkrankung zu entwickeln, an deren Ende auch eine Erwerbsunfähigkeit und Frühverrentung steht.
Lebensstil-Wandel von Kindern und Jugendlichen begünstigt Kopfschmerz
Der Trend zu elektronischen Spielen und medialer Unterhaltung aber auch eine weiter komprimierte Wissensvermittlung in der Schule sind bei Kindern und Jugendlichen ebenso Risikofaktoren für das Auftreten häufiger Kopfschmerzattacken wie körperliche Inaktivität oder seelischer Stress. Mit den unterschiedlichen Formen der in das DreKiP-Programm integrierten Therapien gelingt es, dieser Entwicklung gegenzusteuern. Der Schlüssel dazu sind Aktivitäten, in denen die Betroffenen in einer Gruppe agieren, wieder einen Zugang zu körperlicher Bewegung bekommen, kreativ werden und ihren eigenen Körper wahrnehmen. Diese Erkenntnis sollte nicht nur die von häufigen Kopfschmerzen heimgesuchten Kindern und Jugendlichen anregen, ihren Lebensstil auf den Prüfstand zu stellen, sondern auch ihren Altersgenossen, die bisher von diesen Problemen verschont wurden. Denn die Wahrscheinlichkeit, künftig selbst häufiger unter Kopfschmerzen zu leiden, steigt bereits in der Schulzeit.
Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden
Universitäts SchmerzCentrum
Direktor: Prof. Dr. med. Rainer Sabatowski
Tel.: 0351 458 33 54
E-Mail: @uniklinikum-dresden.de
Nieswand V, Richter M, Berner R, von der Hagen M, Klimova A, Roeder I, Koch T, Sabatowski R, Gossrau G. – The prevalence of headache in German pupils of different ages and school types. In Cephalalgia; doi: 10.1177/0333102419837156
https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/0333102419837156
http://www.uniklinikum-dresden.de/usc
Eine 15-jährige Migränepatientin stellt ihr Empfinden während der Aura zeichnerisch dar. Diese vor d ...
Reproduktion: Uniklinkum Dresden
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PD Dr. Gudrun Goßrau, Leiterin der Kopfschmerzambulanz des Universitäts SchmerzCentrums.
Foto: Uniklinikum Dresden / Holger Ostermeyer
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Criteria of this press release:
Journalists
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Psychology
transregional, national
Research projects, Research results
German
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