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Ein neues Messprotokoll, entwickelt an der TU Wien, macht es möglich, die quantenphysikalische Phase von Elektronen zu messen – ein wichtiger Schritt für die Attosekundenphysik.
Ähnlich wie man mit der Elektronenmikroskopie winzige räumliche Strukturen sichtbar machen kann, gelingt es der Attosekundenphysik, extrem kurze Zeiträume zu vermessen: Mit Hilfe von kurzen Laserpulsen können heute physikalische Prozesse erforscht werden, die auf einer Zeitskala von Attosekunden ablaufen – das sind Milliardstel einer Milliardstelsekunde.
So kann man zum Beispiel genau untersuchen, wie ein einzelnes Atom ionisiert wird und ein Elektron das Atom verlässt. Das Elektron verhält sich dabei nicht einfach wie ein punktförmiges Teilchen, sondern seine quantenphysikalischen Welleneigenschaften treten zu Tage: Das Elektron ist in Wahrheit eine Elektronenwelle, die auf extrem kurzer Zeitskala und winziger Längenskala oszilliert. Die exakte Periodendauer dieser Oszillation zu messen, ist bereits eine Herausforderung. Noch viel schwieriger ist es, die exakte Phase der Elektronen-Oszillation zu ermitteln: Welchem Taktschlag folgt diese Oszillation? Wenn ein Elektron auf zwei verschiedene Weisen ionisiert werden kann, oszillieren dann beide exakt synchron, oder leicht zeitversetzt, also phasenverschoben? Ein Team der TU Wien und des CREOL College an der University of Central Florida entwickelte nun eine Methode, die Phase solcher Elektronen zu vermessen. Das ermöglicht einen neuen, besseren Blick auf wichtige Phänomene, wie man sie etwa für Photosensoren oder für Photovoltaik benötigt.
Im Takt oder gegeneinander?
„Die Phase einer Quantenwelle gibt Auskunft darüber, wann und wo Wellenberge und Wellentäler zu finden sind“, erklärt Stefan Donsa, der im Rahmen seiner Dissertation in der Forschungsgruppe von Prof. Joachim Burgdörfer (Institut für Theoretische Physik, TU Wien) die neue Messmethode entwickelt hat. „Wenn sich zwei Wellen so überlagern, dass jeder Wellenberg der einen Welle auf einen Wellenberg der anderen Welle trifft, dann addieren sie sich. Aber wenn man eine der Wellen ein bisschen verschiebt, sodass sich der Wellenberg der einen mit dem Wellental der anderen Welle überlagert, können sie einander auch auslöschen.“ Daher hat diese Phasenverschiebung in der Quantenphysik eine ganz wichtige Bedeutung.
Es ist ähnlich wie in der Musik: Es genügt nicht, wenn zwei Musiker im gleichen Tempo spielen. Ihre Taktschläge müssen auch noch zeitlich genau zusammenfallen, ohne Phasenverschiebung dazwischen. Dafür braucht man einen Referenz-Taktgeber, etwa den Dirigenten oder ein Metronom. Etwas Ähnliches setzte das Team von der TU Wien auch im neuen Quanten-Messprotokoll ein: Ein atomarer Prozess dient als Takt-Referenz für den anderen.
Ein oder zwei Photonen
„Wir haben in Computersimulationen Helium-Atome untersucht, die von Laserpulsen unterschiedlicher Energie ionisiert werden“, sagt Iva Brezinova (ebenfalls TU Wien). „Das Helium-Atom kann ein Photon aus dem Laserpuls absorbieren und dabei ein Elektron abgeben. Dieses Elektron hat danach eine ganz bestimmte Phase, die zu messen allerdings extrem schwierig ist.“
Der Kunstgriff des neu entwickelten Verfahrens besteht nun darin, einen zweiten quantenphysikalischen Effekt als Taktgeber mit dazu zu nehmen – gewissermaßen als Quanten-Metronom: Das Atom kann nämlich bei passender Versuchsanordnung auch zwei Photonen absorbieren. Diese Doppel-Absorption führt zum selben Effekt – einem davonfliegenden Elektron mit ganz bestimmter Energie. Dieses Elektron hat diesmal aber eine andere Phase, und diesen Unterschied kann man messen.
Komplizierte Messprotokolle
In der Attosekundenphysik ist es nicht möglich, ein quantenphysikalisches Phänomen einfach zu filmen, wie mit einer Kamera. Stattdessen muss man komplizierte experimentelle Protokolle einsetzen. Eine ganze Reihe solcher Protokolle wird derzeit verwendet, doch keines erlaubte bislang die direkte Messung der Elektronenphase.
Mit dem neuen Protokoll, das nun vom Team der TU Wien entwickelt wurde, soll das nun möglich werden. „Unser neues Messprotokoll erlaubt es durch eine Kombination ganz spezieller Laserpulse, die Information über die Phase des Elektrons in seine räumliche Verteilung zu übersetzen“, erklärt Stefan Donsa. „Durch das Verwenden der richtigen Art von Laserpulsen kann man am Ende aus der Winkelverteilung der Elektronen die Phasenlage direkt auslesen.“
Das neu vorgeschlagene Versuchsprotokoll wurde nun im Fachjournal „Physical Review Letters“ publiziert. Nun sollen Experimente zeigen, welche quantenphysikalischen Informationen sich mit dem neuen Messprotokoll in der Praxis messen lassen.
Dipl.-Ing. Stefan Donsa
Institut für Theoretische Physik
Wiedner Hauptstraße 8–10, 1040 Wien
T +43-1-58801-13640
stefan.donsa@tuwien.ac.at
S. Donsa et al., "Circular Holographic Ionization-Phase Meter", Phys. Rev. Lett. 123, 133203, DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.123.133203
Joachim Burgdörfer, Stefan Donsa und Iva Brezinova
TU Wien
None
Criteria of this press release:
Journalists
Physics / astronomy
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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