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Wissenschaft
Literaturgeschichten gehören nach wie vor zu den Verkaufsschlagern auf dem Buchmarkt. Deshalb läßt jeder der einschlägigen Verlage seine hauseigene Literaturgeschichte regelmäßig überarbeiten und gelegentlich neu schreiben.
Literaturwissenschaftler bedienen sich der Gattung gerne, um die Gesamtdarstellung eines Gelehrtenlebens vor sich zu haben. Schüler und Studierende möchten auf ihre Qualitäten als Zusammenfassung, Nachschlagewerk und Orientierungshilfe im literarischen Dschungel nicht verzichten, auch wenn häufig die mangelnde Lesbarkeit moniert wird: "Jemand hat einmal den Reiz einer Literaturgeschichte mit dem eines Telefonbuchs verglichen", sagt Dr. Klaus Stierstorfer vom Institut für Anglistik und Amerikanistik der Universität Würzburg, der sich mit der englischen Literaturgeschichte befaßt.
Dem Würzburger Wissenschaftler zufolge bereitet allerdings die Tatsache Verlegenheit, daß die eingangs beschriebene Praxis der Verlage von keiner literaturwissenschaftlichen Theorie gedeckt sei. Inwiefern könne ein gegenwärtig vorliegender Text, so eine der vielen kritischen Anfragen, überhaupt als "vergangen" und damit als geschichtlich interessant eingestuft werden, und wenn doch: Was genau wäre denn der Gegenstand einer solchen Literaturgeschichte?
Sind es der Autor und seine Biographie, wie sie sich in seinem Werk spiegeln? Ist es ein wie auch immer zu verstehender Zeitgeist, der sich in der Literatur einer bestimmten Epoche ausdrückt? Ist es die Rezeption von Werken zu verschiedenen Zeiten, Orten und von verschiedenen Leserschichten, die es zu kartographieren gilt? Welche Werke sollten nach welchen Kriterien ausgewählt und diskutiert werden? Oder müssen Antworten auf alle diese Fragen zumindest ansatzweise in die Darstellung integriert werden? Aber wie kann dann noch ein einheitlicher Zusammenhang entstehen?
Eine theoretische Analyse führe hier sehr schnell zu Grundsatzfragen wie "Was ist Literatur?" oder "Was ist Geschichte?", die auch Dr. Stierstorfer nicht endgültig lösen kann. Dennoch ist sich der Forscher sicher: Die Literaturgeschichten, die, mit regionalen Unterschieden, seit zwei bis drei Jahrhunderten immer wieder geschrieben wurden und noch geschrieben werden, enthalten Antworten auf die obigen und auf ähnliche Fragen, die Dr. Stierstorfer für den englischen Kulturraum untersucht.
Daraus lasse sich dann ersehen, warum Literaturgeschichten zu bestimmten Zeiten so und nicht anders geschrieben wurden, welche kulturellen, politischen, sozialen oder pädagogischen Interessen ihre jeweilige Ausprägung bestimmten und welche Bedingungen gegeben sein mußten, um die Entstehung einer Literaturgeschichte überhaupt zu ermöglichen. Im Rahmen dieser Arbeiten förderte die Jubiläumsstiftung der Universität Würzburg einen Forschungsaufenthalt von Dr. Stierstorfer in England, wo er Bibliotheken in Oxford und London nutzte.
Weitere Informationen: Dr. Klaus Stierstorfer, T (0931) 888-5661, Fax (0931) 888-5413, E-Mail:
kst@mail.uni-wuerzburg.de
Criteria of this press release:
History / archaeology, Language / literature
transregional, national
Research projects
German
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