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Um in Deutschland Organspende und -transplantation auf ein international übliches Niveau zu bringen, bräuchte es die drei- bis vierfache Zahl an Organspendern. Mit dem neuen Gesetz für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende wurden strukturelle Mängel behoben, aber das allein wird nicht ausreichen, um die Zahl der zur Verfügung stehenden Organe ausreichend zu erhöhen. Derzeit sterben pro Jahr Tausende Menschen, weil kein Spenderorgan zur Verfügung steht. Die Deutsche Transplantationsgesellschaft (DTG) fordert daher einen offenen gesamtgesellschaftlichen Diskurs über weiterführende Maßnahmen.
Nach wie vor bildet Deutschland trotz hoher Qualität der deutschen Transplantationsmedizin hinsichtlich der Transplantationsaktivitäten das Schlusslicht unter den Ländern im Eurotransplant-Verbund.
Dem Jahresbericht der Deutschen Transplantationsgesellschaft sind folgende Kennzahlen des Jahres 2018 für die Organspendeaktivitäten im europäischen Vergleich zu entnehmen:
Deutschland 11,3 Organspender pro Million Einwohner
Niederlande 15,7 Organspender pro Million Einwohner
Slowenien 19,4 Organspender pro Million Einwohner
Österreich 22,9 Organspender pro Million Einwohner
Belgien 29,4 Organspender pro Million Einwohner
Ungarn 36,8 Organspender pro Million Einwohner
Kroatien 36,8 Organspender pro Million Einwohner
Spanien 48,0 Organspender pro Million Einwohner
Andere europäische Länder erreichen eine doppelte bis über vierfache Rate an Spendern. Es ist daher nicht verwunderlich, dass das „Aufkommen“ an Spenderorganen in Deutschland den Bedarf bei weitem nicht deckt, auch wenn die Zahl der Organspender im Jahr 2018 mit 955 Fällen erstmals wieder leicht anstieg.
Die Situation bleibt für Patienten in Deutschland, die auf ein Organ warten, verzweifelt: Zum Jahresende 2018 warteten 9.407 Menschen auf ein Spenderorgan, darunter 7.526 auf eine Niere, 852 auf eine Leber, 719 auf ein Herz und 314 auf eine Lunge. Dabei bilden diese Zahlen lediglich die aktive Warteliste ab, viele Patienten lassen sich aber erst gar nicht listen, weil die Chance, rechtzeitig ein lebenserhaltendes Organ zu bekommen, für sie nur minimal ist. Die DTG geht davon aus, dass bis zu 30.000 Patienten transplantiert werden müssten. Tatsächlich ist der Mangel an Spenderorganen, der bereits jetzt eklatant ist, noch viel dramatischer.
Auch die Zahl derer, die aufgrund dieses Mangels ihr Leben verlieren, ist um ein Vielfaches höher als die 892 Patienten, die letztes Jahr auf der aktiven Warteliste verstorben sind. Denn weder die Menschen, die sich aufgrund geringer Aussichten auf ein Organ gar nicht erst listen lassen, als auch weitere rund 1.000 Patienten, die von der Liste genommen wurden, weil sie zwischenzeitlich zu krank für eine Transplantation geworden sind, sind erfasst.
„Fakt ist, dass wir in der Transplantationsmedizin eine lebensrettende Behandlung nicht in einem ausreichenden Umfang anbieten können. Menschen, die ein Spenderorgan benötigen, haben in Deutschland weitaus schlechtere Aussichten auf ein neues Organ als ihre europäischen Mitpatienten. Wie lange können wir diese massive Unterversorgung gesellschaftlich noch hinnehmen und die unnötigen Todesfälle ethisch verantworten? Wie würden die Bevölkerung und die Politik reagieren, wenn bei uns beispielsweise Herzinfarkt- oder Krebspatienten eine ähnlich unzureichende Therapie erhielten? Wir stehen hier vor einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, mit der sich alle – die Medizin, die Politik und jeder einzelne Bürger – auseinandersetzen müssen“, erklärt Prof. Dr. med. Bernhard Banas, Präsident der Deutschen Transplantationsgesellschaft (DTG).
An medizinischen Lösungen für das Problem des Organmangels wird seit Jahrzehnten gearbeitet und es gibt bereits hoffnungsvolle Ansätze für eine zukünftige Reparatur von Organschäden. Aber diese Lösungen sowie auch z.B. der 3D-Druck von Organen stecken noch in den Kinderschuhen. In absehbarer Zeit ist kein Durchbruch zu erwarten. Die Forschung wird weitergehen und sollte unterstützt und intensiviert werden, aber sie wird keine „schnellen Lösungen“ bringen.
Bleiben gesellschaftliche und gesetzliche Lösungsansätze: Die Politik hat seit dem Amtsantritt von Jens Spahn als Bundesgesundheitsminister aktiv gehandelt. Das Gesetz für bessere Zusammenarbeit und bessere Strukturen bei der Organspende (GZSO) ist am 1. April 2019 in Kraft getreten. Es zielt darauf ab, die Spenderkrankenhäuser bei ihren Bemühungen um die Organspende zu unterstützen. Ende Juni wurde in Berlin der „Gemeinsame Initiativplan Organspende“ vorgestellt, der Möglichkeiten zur besseren Spendererkennung im Klinikalltag darlegt.
Diese Maßnahmen werden zur Verbesserung der Infrastruktur beitragen und wurden von der DTG unterstützt und begrüßt, sie werden aber nicht helfen, die Zahl der zur Verfügung stehenden Organe nachhaltig um ein Vielfaches zu erhöhen. Aus Sicht der DTG sind weitere Verbesserungen notwendig – möglich wären die Einführung einer Widerspruchslösung, die Organspende auch nach Herztod („non beating heart donation“) und eine Ausweitung der Organlebendspende.
„Wir fordern einen offenen gesamtgesellschaftlichen Diskurs über weiterführende Maßnahmen und sind dankbar, dass im Bundestag bereits in wenigen Wochen die Widerspruchslösung zur Abstimmung gestellt wird. Unserer Einschätzung nach kann sie die prekäre Situation unserer Patienten nachhaltig verbessern.“
Kontakt/ Pressestelle DTG-Kongress 2019
Dr. Bettina Albers
albers@albersconcept.de
Tel.: 03643/ 776423
Mobile: 0174/ 2165629
Criteria of this press release:
Journalists
Medicine, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Scientific conferences
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