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Wissenschaft
Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin, Universitätsbibliothek Heidelberg und Getty Research Institute stellen 9000 historische Auktionskataloge online – Gewinn für Provenienzforschung und Kunstmarktforschung
Rund 9000 zwischen 1901 und 1945 von mehr als 390 Auktionshäusern in Deutschland, Österreich und der Schweiz herausgegebene Kataloge wurden seit 2010 in zwei von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekten vollständig erfasst, digitalisiert und erschlossen. Teilprojekt 1 (neben der DFG gefördert vom National Endowment for the Humanities sowie der VolkswagenStiftung) umfasste die Jahre 1930-1945 und Teilprojekt 2 die Kataloge aus den Jahren 1901-1929. Damit sind die für die Provenienz- und Kunstmarktforschung unverzichtbaren Quellenressourcen erstmals open access verfügbar. Die insgesamt rund 650000 Seiten sind im Volltext katalogübergreifend zu recherchieren. Bislang wurden bereits 10,6 Mio. Seitenzugriffe auf die digitalisierten Auktionskataloge gezählt.
Der deutschsprachige Auktionsmarkt mit seinen Zentren in Berlin, Frankfurt, München, Wien und Zürich wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einem der weltweit expansivsten Umschlagplätze für Kunst. Die Versteigerung zahlreicher Privatsammlungen, die Aktivitäten von Museumsdirektoren und -kuratoren im Kunsthandel, die Weltwirtschaftskrise sowie die Kunstraube und Enteignungen des NS-Staates prägen seine ebenso wechselvolle wie komplexe Geschichte. Durch „German Sales“ werden die Objektbiographien, Akteure und Orte dieser Geschichte in einer nie da gewesenen Schärfe identifizier- und rekonstruierbar. In der nun fertiggestellten Bibliographie zu dem zweiten Teilprojekt finden sich neben der Auflistung aller Kataloge verlinkte Register der versteigerten Sammlungen, der Auktionshäuser und der Verfasser der Einleitungen, darunter bedeutende Kunsthistoriker wie Wilhelm von Bode, Max J. Friedländer, Julius Meier-Graefe und Otto von Falke, die neue Erkenntnisse zum Auktionsmarkt und seinen Protagonisten eröffnen. Bereichert wird die Bibliographie durch eine erste quantitative Auswertung der zusammengetragenen Daten in Hinblick auf den deutschsprachigen Auktionsmarkt der Jahre 1901 bis 1929.
Exemplarische transatlantische Zusammenarbeit
Zur Realisierung des umfänglichen Digitalisierungs- und Erschließungsprojektes haben sich die Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin, die Universitätsbibliothek Heidelberg und das Getty Research Institute Los Angeles vernetzt.
Die Auktionskataloge wurden zunächst in unterschiedlichsten Bibliotheken zusammengetragen: Ca. 2600 stammen aus der Kunstbibliothek Berlin, ca. 2380 aus der Universitätsbibliothek Heidelberg. Die rund 4000 restlichen Kataloge finden sich in weiteren 58 Bibliotheken und Museen. Diese zeitaufwändige Recherchearbeit leisteten die Wissenschaftler der Kunstbibliothek der Staatlichen Museen zu Berlin, die auch die beiden Bibliographien der Kataloge erstellten. An der UB Heidelberg wurden die Kataloge gescannt und als durchsuchbare OCR-Dateien gespeichert. Schließlich wurden die einzelnen Katalogeinträge zu Gemälden, Zeichnungen und Skulpturen für den zum Getty Provenance Index aufbereitet und dort eingespielt. Besonders praktisch für den Nutzer ist, dass jeder Datensatz im Getty Provenance Index permanent mit dem entsprechenden Digitalisat auf der Heidelberger Website verlinkt ist.
Wissenschaftler über GERMAN SALES
Eine unschätzbare Quelle – wegweisend für die Forschung – enorm zeitsparend – ‚big data‘ für das stetig wachsende Feld der historischen Kunstmarktforschung – kein Arbeitstag ohne Stippvisite bei German Sales – fantastic undertaking which has already proved extremely useful for my research – ein unentbehrliches Tool, das hoffentlich noch erweitert wird
Nationale und internationale Wissenschaftler erklären, warum das Projekt so wichtig ist:
„Historische Auktionskataloge sind eine unschätzbare Quelle der Provenienzforschung. Sie enthalten nicht bloß Informationen darüber, wann und wo ein Objekt angeboten bzw. gehandelt wurde. Die Kataloge bzw. handschriftlichen Annotationen können auch Aufschluss über Einlieferer und Eigentümer und über Gebote der Mitbietenden geben. Häufig liefern Objekteinträge auch detaillierte Informationen zu den Stücken selbst.“ -- Dr. Sven Haase, Stellvertretender Leiter des Zentralarchivs der Staatlichen Museen zu Berlin
„Auktionskataloge sind eine vielfach unterschätzte Quellengattung. Ihr besonderer Quellenwert für die Provenienzforschung, insbesondere auch die Forschung nach NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut, wird sofort ersichtlich, wenn man an die vielen kulturellen Objekte in Privatbesitz denkt. Wechselten diese direkt oder durch Vermittlung eines Kunsthändlers den Besitzer und gelangten erneut in Privatbesitz, hinterließen diese Transaktionen in der Regel kaum Spuren. Lediglich bei öffentlichen Versteigerungen und Auktionen werden nicht nur die Kunstwerke in Privatbesitz dokumentiert – einige von ihnen erstmals –, sondern auch Ort und Zeitpunkt des Besitzer- oder Eigentümerwechsels. Dies ist häufig das erste Indiz im Laufe der Recherchen zur Herkunft kultureller Objekte. Aus diesem Grund ist das German Sales Projekt wegweisend für die Forschung.“ -- Dr. Meike Hopp, Vorsitzende des Arbeitskreises Provenienzforschung e.V.
„The German Sales Project is a fantastic undertaking which has already proved extremely useful for my research. Thanks to this project, and the price annotation in the catalogues, I have been able to compare the evolution, during WWII, of the German art market with the market in France and The Netherlands. We now know that prices increased in a much steeper way in Germany than in these countries, allowing us to better grasp the dynamics of international art trade. The new addition to the project opens exciting perspectives. There is, to the best of my knowledge, no quantitative analysis of art market reactions during the Great Depression. Analysing the German case should thus allow to better understand the interplay between economic crises and the art market.” -- Prof. Dr. Kim Oosterlinck, Professor of Finance at the Université Libre de Bruxelles
„Nicht nur für uns Forscher*innen, sondern auch für die Studierenden und Doktorand*innen sind die open access online gestellten German Sales Kataloge eine unersetzliche Quelle geworden, die die Antworten auf viele Fragestellungen im Bereich der Provenienz-, Sammlungs- und Kunstmarktforschung überhaupt erst ermöglichen.“ -- Dr. Dorothee Wimmer, Direktorin des Forums Kunst und Markt / Centre for Art Market Studies der TU Berlin
„Time! German Sales saves time! Having thousands of auction catalogues on hand, is priceless for a resource-intense, lengthy and complex field such as provenance research—which entails looking at hundreds of catalogues for a single object at times.“ -- Dr. Lynn Rother, Senior Provenance Specialist, The Museum of Modern Art, New York and incoming Lichtenberg-Professor for Provenance Studies, Leuphana Universität, Lüneburg
„Abgesehen von der unbestreitbaren Rechercheerleichterung für die Provenienzforschung, liefert Germans Sales 1901-45 mit 830.000 Einträgen im Getty Provenance Index® ‚big data‘ für das stetig wachsende Feld der historischen Kunstmarktforschung. Mit Hilfe computergestützter Datenanalyse und Datenvisualisierung lassen sich nun Verhaltensmuster von Akteuren auf dem Markt, Veränderungen von Werten und Preisen sowie die Bewegung von Kulturgütern durch Raum und Zeit im großen Maßstab rekonstruieren.“ -- Dr. Christian Huemer, Leiter des Belvedere Research Center in Wien
„Das German Sales Projekt hat uns durch die quantitative Auswertung der dort vereinten Auktionskataloge erstmals ermöglicht, einen Überblick über die Entwicklung des deutschen Marktes für ostasiatische Kunst in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu erhalten. Die Volltextsuche gibt zudem besonders Provenienzforscher*innen die wichtige und immer noch rare Möglichkeit, nach einzelnen Objekten und Akteuren zu suchen. Es ist ein unentbehrliches Tool, dessen Spektrum hoffentlich noch erweitert wird!“ -- Dr. Christine Howald, Leiterin des Forschungsschwerpunktes TEAA – Tracing East Asian Art der TU Berlin
„Als Provenienzforscherin benötige ich alte Auktionskataloge schon seit vielen Jahren regelmäßig zu Fragen nach Herkunft und Verbleib von Kunst- und Kulturgütern. Sie sind für meine Recherchen eine sehr bedeutende Informationsquelle zur Klärung von früheren Besitzverhältnissen. Besonders hilfreich sowie enorm zeitsparend ist daher jetzt der Online-Zugang mit Suchfunktion bei German Sales zu den teils raren Publikationen, die mir meine tägliche Arbeit sehr erleichtern. Verfügen einzelne Auktionskataloge zudem noch über Schätz- oder Ergebnislisten oder sind mit handschriftlichen Annotationen versehen, so sind sie ein wahrer Schatz für die Provenienzforschung.“ -- Dr. Katja Terlau, Provenienzforscherin, Köln
„German Sales zeigt auf, wie vielfältig die Auktionslandschaft im deutschen Sprachraum der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war und welch hohen Anteil kunstgewerbliche Objekte in den Auktionen einnahmen.“ -- Mag. Leonhard Weidinger, Provenienzforscher im MAK – Museum für angewandte Kunst, Wien, im Auftrag der Kommission für Provenienzforschung und 2011–2017 Editor bei German Sales für den Getty Provenance Index
„Vor allem Zeichnungen und Druckgraphiken wurden zwischen 1933 und 1945 von den Museen häufig auf Auktionen erworben. Die seltenen Kataloge müssen jetzt nicht mehr mühsam in Bibliotheken gesucht werden, sondern sind direkt vom Schreibtisch aus zugänglich. Das ist eine immense Arbeitserleichterung. Es vergeht für mich kein Arbeitstag ohne Stippvisite bei German Sales." -- Dr. Hanna Strzoda, Provenienzforscherin bei den Staatlichen Museen zu Berlin
https://www.arthistoricum.net/themen/portale/german-sales/ German Sales auf arthistoricum.net
http://www.preussischer-kulturbesitz.de/newsroom/dossiers-und-nachrichten/dossie... Joachim Brand und Britta Bommert über „German Sales 1901-1945“
https://blog.smb.museum/datenbank-german-sales-den-kunstgeschichten-auf-der-spur
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
History / archaeology, Information technology
transregional, national
Cooperation agreements, Research projects
German
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