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Wissenschaft
Bei der Medienwerkstatt letztes Wochenende: Den Radiomachern über die Schulter blicken - "Ich bin froh, dass mir die Universität Heidelberg diese Brücke baut"
Völlig entspannt, mit geschlossenen Augen, die Füße lang gestreckt und die Arme locker baumelnd, so sitzen 20 Studenten an ihren Tischen. Doch weshalb wirken sie wie in kollektiven Halbschlaf verfallen? Weshalb dösen sie - statt zu schreiben? Weshalb stellen sie keine Fragen, sprechen nicht miteinander? Ganz einfach: es liegt am Thema! Denn in diesem Seminar geht es darum, wie Journalisten eine spannende Reportage für das Radio schreiben... "Jedes Medium hat seine eigenen Anforderungen", lacht Referent Joachim Bürkert. "Und beim Radio bedeutet dies für uns zunächst einmal: Bewusst hören lernen. Zu bemerken, was wichtig ist, welche Geräusche welche Wirkungen erzielen." Bürkert baut mit Hilfe seiner Stereoanlage eine erstaunliche akustische Szenerie vor den hellwachen Studentenohren auf: Hörspielfragmente wechseln mit Musik, Straßengeräusche mit künstlichen Tönen, auf Hühnergackern folgen hintersinnige Texte. Dann geht das Licht wieder an, die Kursteilnehmer öffnen die Augen und im Handumdrehen wird wieder eifrig diskutiert.
Vom 21. bis zum 23. November veranstaltete der gemeinnützige Verein doppelkeks e.V. seine 3. Medienwerkstatt für Studenten. Aus ganz Deutschland kamen die 35 Teilnehmer, denn für viele ist Journalismus immer noch ein Traumberuf, der Medienkrise zum Trotz. Und gerade das Radio hat in den letzten Jahren seine Präsenz im Alltag ausgebaut. Ganz im Gegensatz zu der immer wieder vorgebrachten Behauptung, das Fernsehen und vor allem das Internet würden das Radio ins Abseits drängen, zeigt es sich als modernes, beliebtes und quicklebendiges Massenmedium. 195 Minuten hört der Bundesbürger jeden Tag im Durchschnitt Radio, damit widmet er ihm mehr Aufmerksamkeit als dem TV.
"Doch das Radio ist für den Journalisten ein anspruchsvolles Medium", erklärt Bürkert. Bereits seit 1985 gestaltet er Sendungen, vor allem für den SWR ist er als Freier Mitarbeiter tätig. Genau wie Koreferent Dr. Frank Barsch unterrichtet er überdies als Dozent am Institut für Deutsch als Fremdsprache sowie am Internationalen Studienzentrum der Universität Heidelberg. Besonders die Reportage und das Feature verlangen viel handwerkliches Können, aber auch gerade diese beiden Darstellungsformen finden beim Hörer viel Zuspruch. "Wir müssen den Beitrag so produzieren, dass er auf den Hörer eine regelrechte Sogwirkung ausübt", erklärt Barsch. "Wir müssen ihn mitten in die Geschichte hineinführen, er darf in einem doppelten Sinne nicht abschalten."
Anhand seiner 2002 für den SWR produzierten einstündigen Reportage "Bluish and Jewish - Ein Portrait der Band Klezmerica" erklärt Bürkert sein Vorgehen bei der Planung der Sendung. Etwa wie ein Interview geführt wird, aber auch was es bei der Produktion zu berücksichtigen gilt. Auch der klar gegliederte Plot, also der Handlungsablauf, wird Punkt für Punkt besprochen. Am Ende der ersten Sitzung am Samstag gibt es dann noch eine kleine Hausaufgabe. Jeder Teilnehmer des Seminars bekommt die Sequenzen des Hörspiels mit in den Feierabend - allerdings ordentlich in Einzelteile zerstückelt. Bis zum nächsten Tag soll er "Bluish and Jewish" dann so zusammensetzen, dass das Hörspiel seiner Ansicht nach optimal radiotauglich ist. Die Diskussion am Sonntagvormittag gestaltet sich äußerst lebhaft: Die Studenten wählen völlig unterschiedliche Konzepte, um das Hörerohr zu erreichen. "Trotz aller Richtlinien: Die einzig richtige und glückselig machende Struktur gibt es nicht", so Bürkert. "Der Stoff sucht sich seine Form wie auch seinen Autor. Und die Persönlichkeit des Autors findet in der individuellen Form der Reportage ihren Niederschlag."
Kursteilnehmer Ulrich Weiser studiert in Heidelberg im fünften Semester Politik und Germanistik: "Ich habe mich schon immer für das Medium Radio interessiert. Der Blick hinter die Kulissen hat mir viel gebracht, dieses Seminar hat meine Erwartungen sogar deutlich übertroffen." Über seine Mitarbeit bei HeidelR@d, der multimedialen Lernredaktion der Universität Heidelberg, hat er von der Medienwerkstatt erfahren. "Mir ist gerade vom Handwerklichen her jetzt vieles klarer. Ich bin froh, dass mir die Uni schon während meines Studiums diese Brücke baut und Schritte in die Praxis ermöglicht. Keine Frage, Journalismus als Beruf reizt mich!"
Johannes Schnurr
Wer sich für die Arbeit der Medienwerkstatt interessiert, findet Infos unter www.doppelkeks-ev.de
Rückfragen bitte an:
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Tel. 06221 542310, Fax 542317
michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
http://www.uni-heidelberg.de/presse
Criteria of this press release:
Media and communication sciences
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications
German
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