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Wissenschaft
Die Erhellung der Nachtlandschaften durch künstliche Beleuchtung nimmt global im Jahr um ungefähr 2 bis 6 Prozent zu – mit Auswirkungen auf Mensch und Natur. Wie es Kommunen gelingen kann, die Lichtverschmutzung zu minimieren, indem sie ihre Straßen- und Gebäudebeleuchtung effizienter gestalten, beschreibt ein neuer Handlungsleitfaden. Den Leitfaden zur Neugestaltung und Umrüstung der Außenbeleuchtung haben Forschende vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB), vom Bundesamt für Naturschutz (BfN) und der Universität Münster jetzt gemeinsam veröffentlicht.
„Etwa 30 Prozent der Wirbeltiere und sogar über 60 Prozent der Wirbellosen sind nachtaktiv und können durch künstliches Licht in der Nacht beeinträchtigt werden. Der Schutz der Nacht muss daher stärker als bisher als eine grundlegende Aufgabe des Natur- und Landschaftsschutzes begriffen werden“, sagt Prof. Dr. Beate Jessel, Präsidentin des BfN. „Dass es gelingen kann, die ökologischen Beeinträchtigungen durch künstliche Beleuchtung zu minimieren, zeigt der jetzt veröffentlichte Handlungsleitfaden. Er enthält zahlreiche konkrete Handlungsempfehlungen und Praxistipps für die Außenbeleuchtung.“
„Eine gute Beleuchtung ist effizient und senkt den Stromverbrauch, erhöht gleichzeitig die Sichtbarkeit und Sicherheit. Sie ist ästhetisch und begrenzt Umweltbelastungen auf ein Mindestmaß. Viele der im Handlungsleitfaden vorgestellten Maßnahmen sind zudem einfach und kostengünstig umsetzbar“, so fasst der IGB-Forscher und Studienleiter Dr. Franz Hölker die Anforderungen zusammen. Das Team von Franz Hölker ist in Deutschland und international federführend in der Erforschung der sogenannten Lichtverschmutzung. Davon spricht man, wenn künstliches Licht bei Nacht den Menschen und lichtsensitive Lebewesen negativ beeinflusst. Der Leitfaden stützt sich zum großen Teil auf wissenschaftliche Erkenntnisse, die seine Arbeitsgruppe gemeinsam mit Forschenden des BfN und der Universität Münster in jahrelanger Arbeit gewonnen haben.
Mangels expliziter Regelungen für Außenbeleuchtungen werden Industrienormen zur Beleuchtung in der Praxis oft wie Rechtsvorschriften behandelt. Vielfach werden sogar die Mindestanforderungen der technischen Normen weit überschritten, um eventuelle Schadensersatzansprüche – beispielsweise bei Verkehrsunfällen – auszuschließen und dem Vorwurf vorzubeugen, dass die Straßenbeleuchtung nicht dem Stand der Technik genügt. Das führt dazu, dass der Außenraum oft viel stärker beleuchtet wird als nötig, mit möglichen negativen Auswirkungen für Mensch und Natur. Doch es kann gelingen, die ökologischen Beeinträchtigungen durch künstliche Beleuchtung zu minimieren und dabei zugleich gesellschaftlichen Anforderungen wie Sicherheit und Ästhetik gerecht zu werden.
Die Erstautorin Dr. Sibylle Schroer vom IGB nennt Lösungsbeispiele: „Kommunen sollten Leuchten verwenden, welche kein Licht nach oben abstrahlen. Die Beleuchtungsstärke sollte möglichst niedrig sein und kaltweißes Licht mit einem hohen Blaulichtanteil vermieden werden. Denn die innere Uhr, das sogenannte zirkadiane System, von höheren Wirbeltieren und Menschen reagiert auf blaues Licht besonders empfindlich. Die Verwendung von warmweißem Licht kann die negativen Auswirkungen auf viele Organismen abmildern und wird von Menschen oft als angenehmer wahrgenommen.“
Die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit dem Juristen für Umwelt- und Planungsrecht, Benedikt Huggins von der Universität Münster, deckte Lücken des Umweltrechts auf, um Organismen künftig besser vor der Belastung durch schlecht installiertes, unnötiges oder zu helles künstliches Licht zu schützen. Die Empfehlungen entstanden auf Grundlage der beiden Forschungs- und Entwicklungsvorhaben „Analyse der Auswirkungen künstlichen Lichts auf die Biodiversität, Bestimmung von Indikatoren für die Beeinträchtigung und Ableitung von Handlungsempfehlungen zur Vermeidung negativer Effekte im Rahmen von Eingriffen“ und „Licht und Glas: Rechtsfragen der Gefährdung von Arten durch Licht und Glas“, gefördert mit Mitteln des Bundesumweltministeriums und inhaltlich begleitet durch das BfN.
Die Einschränkung von Lichtverschmutzung bringt weitere Vorteile etwa hinsichtlich Energieeinsparung und damit des Klimaschutzes sowie für die menschliche Gesundheit. Der Leitfaden bietet Verantwortlichen in Kommunen sowie Licht-, Stadt- und Regionalplanenden eine kostenfreie fachliche Entscheidungshilfe, um den bewussten Umgang mit künstlichem Licht aktiv zu fördern.
Über das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB):
„Forschen für die Zukunft unserer Gewässer“ ist der Leitspruch des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Das IGB ist das bundesweit größte und eines der international führenden Forschungszentren für Binnengewässer. Es verbindet Grundlagen- und Vorsorgeforschung, bildet den wissenschaftlichen Nachwuchs aus und berät Politik und Gesellschaft in Fragen des nachhaltigen Gewässermanagements. Forschungsschwerpunkte sind u. a. die Langzeitentwicklung von Seen, Flüssen und Feuchtgebieten und die Auswirkungen des Klimawandels, die Renaturierung von Ökosystemen, der Erhalt der aquatischen Biodiversität sowie Technologien für eine nachhaltige Aquakultur. Die Arbeiten erfolgen in enger Kooperation mit den Universitäten und Forschungsinstitutionen der Region Berlin-Brandenburg und weltweit. Das IGB gehört zum Forschungsverbund Berlin e. V., einem Zusammenschluss von acht natur-, lebens- und umweltwissenschaftlichen Instituten in Berlin. Die vielfach ausgezeichneten Einrichtungen sind Mitglieder der Leibniz-Gemeinschaft. https://www.igb-berlin.de
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Dr. Sibylle Schroer
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schroer@igb-berlin.de
Dr. Franz Hölker
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
+49 (0)30 64181 665
hoelker@igb-berlin.de
Das BfN-Skript ist online abrufbar unter: http://bit.ly/bfn-543
Die gedruckte Publikation kann kostenfrei per E-Mail an andrea.loehnert@bfn.de bestellt werden
So sollte Straßenbeleuchtung aussehen: eine Full-cut-off-Leuchte mit warmer Lichtfarbe
Andreas Hänel
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Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
Energy, Environment / ecology, Social studies, Traffic / transport, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research results, Transfer of Science or Research
German
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