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12/08/2003 13:09

Wespenspinnen: Selbstmord für mehr Nachwuchs

Frank Luerweg Dezernat 8 - Hochschulkommunikation
Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

    Eigentlich würde männlichen Wespenspinnen ein Fünf-Sekunden-Quickie reichen, um sämtliche Eier ihrer Herzdame zu befruchten. Dennoch dehnen sie den Akt häufig auf die fünf- bis zehnfache Länge aus - trotz Gefahr für Leib und Leben: Die Weibchen verlieren mit ihren Sexualpartnern nämlich schnell die Geduld und töten sie noch beim Geschlechtsverkehr. Die Männchen scheint das jedoch nicht zu schrecken; oft bleiben sie sogar noch nach ihrem Ableben mit den Weibchen verbunden. Spinnenforscher der Universität Bonn haben nun herausgefunden, warum: Je länger die Kopulation, desto größer der Vaterschafts-Erfolg, wenn sich die Spinnendame später noch mit einem weiteren Männchen paart.

    Hat eine Wespenspinnen-Mann eine potenzielle Partnerin entdeckt, bringen er sie in Stimmung, indem er an ihrem Netz rüttelt, so dass es in einer bestimmten Frequenz vibriert. Das Weibchen stellt sich daraufhin auf; der sehr viel kleinere Spinnenmann kann nun unter ihren Körper kriechen. "Der Rest funktioniert hydraulisch", erklärt die Bonner Biologin Dr. Jutta Schneider. "Ein mit Spermien gefüllter Taster am Kopf des Männchens klappt aus und rastet beim Weibchen in entsprechende Strukturen ein - ähnlich wie ein Skischuh in die Bindung." Die Tiere sind so fest miteinander verbunden - "so fest, dass die Taster sogar abreißen können, wenn wir die Spinnen voneinander trennen", sagt die Heisenberg-Stipendiatin. Manche Männchen beenden die Kopulation schon nach einigen Sekunden. Sobald der Akt aber länger als etwa acht bis zehn Sekunden dauert, tötet das Weibchen ihren Sexualpartner. Doch auch dann bleibt die Leiche noch einige Zeit mit dem Körper des Weibchens verkeilt - manchmal länger als eine Minute.

    Opfer ist keine "Brautgabe"

    Zwei von zehn Männchen schaffen rechtzeitig den Absprung; sie versuchen es jedoch meist beim selben Weibchen wenig später noch einmal. "Die Tiere investieren alles in das eine Weibchen", wundert sich Dr. Schneider. "Dabei konnten wir in Experimenten zeigen, dass schon eine fünfsekündige Kopulation ausreicht, um sämtliche Eier des Weibchens zu befruchten - das sind immerhin mehrere hundert." Warum also opfern sich die Männchen, wo sie doch bei einem Quickie unbeschadet davon kämen und überdies ähnlich erfolgreich wären? Dass sie sich als "Brautgabe" fressen lassen, damit ihre Auserwählte dank der zusätzlichen Kalorien einige Eier mehr legen kann, konnten die Forscher entkräften: Zwar verspeisen die Weibchen normalerweise ihre gemeuchelten Gatten, doch selbst Spinnenfrauen, die ein oder zwei Männchen verköstigt hatten, legten in den Experimenten nicht mehr Eier als andere.

    Um das Rätsel zu lösen, machte die Biologin mit ihren langbeinigen Forschungsobjekten einen Ausflug auf den Bonner Venusberg. In der Radiologie beschossen die Mediziner dort einen Teil der Männchen mit Gamma-Strahlung. Die Spermien so behandelter Männer können zwar noch Eier befruchten; da ihre DNA durch die Strahlung zerstört wird, entstehen aus den befruchteten Eiern aber keine Nachkommen.

    Coitus interruptus mit der Wasserpistole

    Dann ließen die Spinnenforscher jeweils ein bestrahltes und ein unbestrahltes Männchen mit dem selben Weibchen kopulieren. Nach festgesetzten Zeiten beendeten sie das sexuelle Tête-à-tête, indem sie die Paare durch gezielte Schüsse mit einer Wasserpistole auseinander trieben. Je länger nun das bestrahlte Männchen im Vergleich zu seinem unbestrahlten Kontrahenten der Spinnendame beiwohnen durfte, desto weniger Nachkommen entschlüpften später den Eiern, desto mehr Eizellen hatten also ein bestrahltes Spermium abbekommen. Jutta Schneider: "Wahrscheinlich werden umso mehr Spermien übertragen, je länger die Kopulation dauert. Kommt es dann noch zu einer weiteren Kopulation, hat das Männchen die besseren Karten, das die meisten Samenzellen injizieren konnte. Eine lange Kopulation scheint daher die Chancen des Spinnenmannes im Spermienroulette zu verbessern - auch wenn sie tödlich endet."

    Ansprechpartner:
    Dr. Jutta Schneider
    Institut für Evolutionsbiologie und Zooökologie der Universität Bonn
    Telefon: 0228/73-5159
    E-Mail: js@gilgamesh.de


    More information:

    http://www.uni-bonn.de/Aktuelles/Presseinformationen/2003/447.html


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    Bilder zu dieser Pressemitteilung gibt es unter http://www.uni-bonn.de/Aktuelles/Presseinformationen/2003/447.html
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    Criteria of this press release:
    Biology, Environment / ecology, Information technology, Oceanology / climate
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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