idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
03/12/2020 12:59

Senioren mögen Roboter

Sebastian Hollstein Abteilung Hochschulkommunikation/Bereich Presse und Information
Friedrich-Schiller-Universität Jena

    Eine in der Wissenschaft häufig vermutete Roboterskepsis bei Senioren kann eine neue Studie von Psychologen der Universität Jena nicht bestätigen. „Die älteren Probanden schätzten die Maschinen dabei deutlich positiv ein – und standen ihnen sogar aufgeschlossener gegenüber als die jüngere Vergleichsgruppe“, sagt Prof. Dr. Stefan Schweinberger von der Universität Jena. Entscheidend für die Akzeptanz von Robotern sei gewesen, wie menschlich die Maschinen gestaltet waren.

    Eine Welt ohne Roboter ist inzwischen kaum noch vorstellbar. Sie übernehmen nicht nur wichtige Aufgaben in Produktionsprozessen, immer häufiger kommen sie auch im Dienstleistungssektor zum Einsatz. Als sogenannte android – also menschenähnlich – gestaltete Maschinen unterstützen sie beispielsweise die Betreuung von älteren Menschen. Allerdings steht dem das Vorurteil entgegen, dass Senioren eher technikfeindlich seien und einem Roboter skeptisch gegenüberstehen würden. Eine Studie von Psychologinnen und Psychologen der Friedrich-Schiller-Universität Jena legt jetzt allerdings nahe, dass ältere Menschen weit weniger mit den „Maschinenmenschen“ fremdeln als bisher vermutet.

    Roboter muss menschlich aussehen

    Während ihrer Versuchsreihe, deren Ergebnisse sie im Fachmagazin „Computers in Human Behaviour“ nun veröffentlichten, haben die Jenaer Experten 30 rund 70 Jahre alten und 30 rund 20 Jahre alten Probanden Videos von verschiedenen Robotern gezeigt. Die Versuchspersonen sollten dabei bewerten, ob sie den jeweiligen Roboter sympathisch oder bedrohlich empfinden, und ob sie ihn sich als täglichen Begleiter vorstellen könnten. „Die älteren Probanden schätzten die Maschinen dabei deutlich positiv ein – und standen ihnen sogar aufgeschlossener gegenüber als die jüngere Vergleichsgruppe“, sagt Prof. Dr. Stefan Schweinberger von der Universität Jena. „Eine in der Wissenschaft häufig vermutete Roboterskepsis konnten wir somit bei den Senioren nicht bestätigen.“ Es sei zwar nur eine relativ kleine Versuchsreihe, zwei weitere bisher noch nicht publizierte Jenaer Studien kämen aber zum gleichen Ergebnis. Entscheidend sei gewesen, wie menschlich die Maschinen gestaltet waren, ob sie also beispielsweise Gesichtszüge, Arme und Beine aufwiesen und wie menschenähnlich diese wirkten. Die neuen Erkenntnisse könnten möglicherweise Hilfestellung beim Design von Service-Robotern geben.

    Autisten haben besseren Draht zu Maschinen

    Schweinberger und sein Team analysierten während ihrer Versuche zudem, inwieweit die Testpersonen autistische Persönlichkeitszüge aufwiesen. „Obwohl an der Studie keine Probanden mit einer Diagnose Autismus teilnahmen, gilt das Autismus-Spektrum heute als Kontinuum, auf dem sich alle Menschen in mehr oder minder großer Ausprägung befinden. Stärker ausgeprägte autistische Persönlichkeitszüge auf einer entsprechenden Skala geben uns dabei möglicherweise weitere Hinweise auf die Offenheit der Menschen gegenüber den Maschinen“, erklärt der Jenaer Psychologe. Denn frühere Studien belegen, dass Menschen mit stärker ausgeprägten autistischen Zügen aufgeschlossener gegenüber Robotern sind. Der Kontakt zwischen beiden wird sogar als therapeutischer Ansatz genutzt. „Menschen mit Autismus haben häufig Defizite im Bereich der sozialen Kommunikation, können beispielsweise Gesichtsausdrücke nicht richtig deuten. Ihnen ist wichtig, dass ihre Umwelt vorhersagbar ist“, sagt Schweinberger. „Ein Roboter könnte mit seiner automatisierten – und im Vergleich mit einem menschlichen Partner besser vorhersagbaren – Kommunikation hier helfen.“

    Aufgrund der geringen Probandenanzahl seien hierzu in der Jenaer Studie zwar keine belastbaren Zahlen hervorgetreten. Leichte Tendenzen sprechen aber dafür, dass autistischer veranlagte Menschen einen besseren Draht zu Maschinen haben. Gerade bei älteren Menschen sind solche Persönlichkeitsmerkmale stärker ausgeprägt, was die Offenheit gegenüber den Robotern möglicherweise begünstigt. Weitere Studien in diesem Bereich sollen folgen, um die immer gegenwärtiger werdende Beziehung zwischen Mensch und Maschine besser zu verstehen.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Stefan Schweinberger
    Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
    Am Steiger 3, Haus 1, 07743 Jena
    Tel.: 03641 / 945181
    E-Mail: stefan.schweinberger[at]uni-jena.de


    Original publication:

    S. R. Schweinberger, M. Pohl, P. Winkler: „Autistic traits, personality, and evaluations of humanoid robots by young and older adults“, Computers in Human Behaviour, 2020
    https://doi.org/10.1016/j.chb.2020.106256


    Images

    Ältere Menschen mögen Roboter – umso mehr, je menschlicher die Maschinen aussehen.
    Ältere Menschen mögen Roboter – umso mehr, je menschlicher die Maschinen aussehen.
    (Collage: Anne Günther/FSU)
    None


    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars
    Information technology, Psychology
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).