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Der Mathematiker und Statistiker Professor Bernd Ole Wartlick aus dem Studiengang Technisches Logistikmanagement (TLM) hat im Interview mit HHN-Redakteurin Vanessa Offermann in die Zukunft geblickt. Das Schlimmste sei bereits vorbei.
Professor Wartlick, Sie sind Fachmann für Prognosen-Erstellung anhand statistischer Methoden. Woher weiß man, welche Methode auf die Corona-Situation anzuwenden ist?
Genau das ist die Kunst des Statistikers, hier das geeignete mathematische Modell zu finden. Als Simulationsmodell für die Corona-Prognose habe ich das sogenannte „logistische Wachstumsmodell“ verwendet.
Was macht dieses Modell aus?
Das logistische Wachstum verläuft in 3 Phasen: zunächst die Anfangsphase des „exponentiellen Wachstums“ danach die „Abflachung des Anstiegs“, was aber weiterhin Anstieg bedeutet, und schließlich mündet es in die „Sättigung“. In den Medien hörte ich für „Sättigung“ auch schon das Wort „Plateau“.
Welchen wissenschaftlichen Hintergrund hat dieses Modell?
Es bezeichnete ursprünglich die Ausbreitung einer Bakterienpopulation, wird in der Wissenschaft aber auch für die Modellierung einer Viren-Ausbreitung verwendet. In diesem Modell vermischen sich Statistik, Mathematik und Wirtschaftswissenschaften – also genau das, was an der HHN gelehrt wird (grinst).
Ihr Blick in die Corona-Zukunft hat mit Glaskugel-Magie also so rein gar nichts zu tun…
(Lacht). Definitiv nicht. Die Simulation ist rein mathematisch, beruht ausschließlich auf Zahlen. Diese Methode ist nicht unumstritten, denn es wird bei reiner Zahlenbetrachtung die Wirklichkeit komplett ausgeblendet. Auch für mich persönlich ist überraschend, dass die pure Zahlenspielerei in vielen Fällen sehr gut funktioniert.
Super spannend! Daher jetzt unbedingt zur Sache. Wie steht’s um Deutschland in Sachen COVID-19?
Ein Ergebnis der Simulation ist, dass wir uns in Deutschland aktuell zwar noch in der Phase des „abflachenden Anstiegs“ befinden, doch das „Plateau“ ist sozusagen schon in Sichtweite. Es wird voraussichtlich um den 23. April erreicht. Dann steigt die Anzahl der Infizierten kaum noch an. Die Simulation errechnet sogar die endgültige offizielle Anzahl der Infizierten. In Deutschland wird das bei 130.000 bleiben. Ich lehne mich mit dieser Prognose und der präzisen Zahl aber auch ein wenig aus dem Fenster.
Verstehe ich das richtig, dass wir jetzt kurz vor dem „Plateau“ stehen und die große Lawine an Infektionen bereits hinter uns haben?
Ja. Laut Simulation war der „große Ansturm“ Ende März. Zu betonen ist allerdings, dass die schwer erkrankten Infizierten über mehrere Wochen behandelt werden müssen. Daher bleibt die Situation in den Krankenhäusern mindestens bis Mitte Mai angespannt. An dieser Stelle sei dem medizinischen Personal, Pfleger*innen, Ärzt*innen mitsamt ihrem Umfeld sehr für den großartigen Einsatz gedankt. Als Lehrender in einem Logistik-Studiengang möchte ich auch auf die tolle Leistung der Logistiker hinweisen.
Könnten Kontaktsperre und weitere Maßnahmen demnächst gelockert werden?
Ab Ende April wird in Öffentlichkeit und Politik aufgrund stagnierender Fallzeiten die Diskussion über die Lockerungen beginnen. Meiner ganz persönlichen Meinung nach, wird es eine erste Lockerung nach dem ersten Mai-Wochenende geben.
Stichwort Maßnahmen. Zeigen die in Ihrer Simulation erkennbare Effekte?
Ja, eindeutig. Mithilfe des „k-Faktors“, kann die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Infektion zahlenmäßig erfasst werden. Je kleiner der „k-Faktor“ desto geringer der Anstieg. Für Deutschland ist der k-Faktor kleiner als in China, überraschenderweise aber größer als in Italien. Aufgrund der Maßnahmen hat sich in Deutschland der k-Faktor nach der Anfangsphase deutlich verringert. Hätte man mit den Maßnahmen noch ein, zwei Wochen gewartet, hätten wir 400.000 Infizierte gehabt, mehr als dreimal so viele, wie jetzt zu erwarten sind.
Falls nun die Maßnahmen gelockert werden, wird es einen zweiten Infektionsschub geben?
Ja, bei starker Lockerung gibt es eine zweite Welle des logistischen Anstiegs. Diese wird allerdings nicht so hoch ausfallen – unser Gesundheitssystem hat die erste Welle gut geschafft, es wird auch die nächste schaffen.
Traurige Realität: Corona nimmt uns auch Menschen. Wie sieht die Kurve hier statistisch gesehen aus?
Auch hier ergibt sich der typische logistische Verlauf. Wir sind immer noch in der Phase des Anstiegs, Ende April erreichen wir das „Plateau“, also es kommen dann nur noch wenige Todesfälle hinzu. Jetzt lehne ich mich noch einmal aus dem Fenster…In Deutschland wird es bei deutlich unter 3.000 Todesfällen bleiben.
Wie berechnet man so was?
Neben der Erfassung der Rohdaten, muss ein Tag Null definiert werden, die Wahl dieses Datums ist aber nicht so entscheidend. Mithilfe der logistischen Regression kann man nun hochrechnen. Eine Stärke dieser Simulation ist, dass die Dunkelziffer der Infizierten keine Rolle spielt.
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Pressekontakt Hochschule Heilbronn: Vanessa Offermann,
Bildungscampus 14, 74076 Heilbronn, Telefon: 07131-504-553,
E-Mail: vanessa.offermann@hs-heilbronn.de, Internet: http://www.hs-heilbronn.de
HHN-Professor Bernd Ole Wartlick lehrt an der Fakultät Technische Prozesse (TP).
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Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars, Students, Teachers and pupils, all interested persons
Mathematics, Social studies
regional
Studies and teaching, Transfer of Science or Research
German
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