idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Mit mikroskopisch feinen 3D-Druck-Techniken der TU Wien und Schalwellen, die an der Stanford University als Pinzette verwendet werden, gelang es, Netze aus Nervenzellen zu erzeugen.
Mikroskopisch kleine Käfige können an der TU Wien hergestellt werden. Ihre Gitteröffnungen sind nur wenige Mikrometer groß, daher eignen sie sich ausgezeichnet, um Zellen festzuhalten und lebendiges Gewebe in einer ganz bestimmten Form wachsen zu lassen. Als „Biofabrication“ bezeichnet man dieses neue Forschungsgebiet.
Nun gelang es in einer Kollaboration mit der Universität Stanford, Nervenzellen mit Hilfe einer akustischen Bioprinting-Technologie in kugelförmige Käfigstrukturen einzuschleusen, sodass sich dort dann vielzelliges Nervengewebe entwickelt. Sogar Nervenverbindungen zwischen den verschiedenen Käfigen können ganz gezielt hergestellt werden. Um die Nervenzellen zu kontrollieren, verwendete man Schallwellen, die als akustische Pinzette verwendet werden.
Fußballförmige Käfige
„Wenn man lebenden Zellen ein bestimmtes Gerüst vorgibt, kann man ihr Verhalten stark beeinflussen“, erklärt Prof. Aleksandr Ovsianikov, Leiter der Forschungsgruppe 3D-Printing and Biofabrication am Institut für Werkstoffwissenschaften und Werkstofftechnologie der TU Wien. „3D-Druck ermöglicht die hochpräzise Herstellung von Gerüststrukturen, die sich dann hervorragend mit Zellen besiedeln lassen, um zu studieren, wie lebendes Gewebe wächst und worauf es reagiert.“
Um Nervenzellen in großer Zahl auf engem Raum anzusiedeln, entschied sich das Forschungsteam für sogenannte „Buckyballs“ – geometrische Formen aus Fünf- und Sechsecken, die an einen mikroskopischen Fußball erinnern.
„Die Öffnungen der Buckyballs sind groß genug, um Zellen ins Innere wandern zu lassen, doch wenn die Zellen dort zusammenwachsen, können sie den Käfig nicht mehr verlassen“, erklärt Dr. Wolfgang Steiger, der sich im Rahmen seiner Dissertation mit hochpräzisem 3D-Druck für Biofabrication-Anwendungen beschäftigte.
Hergestellt wurden die winzigen Buckyball-Käfige mit der sogenannten 2-Photonen-Polymerisation: Mit Hilfe eines fokussierten Laserstrahls wird dabei an ganz bestimmten Stellen in einer Flüssigkeit ein chemischer Prozess gestartet, der das Material genau an diesen Punkten aushärten lässt. Indem man den Brennpunkt des Laserstrahls gezielt durch die Flüssigkeit wandern lässt, kann man mit extrem hoher Präzision dreidimensionale Objekte herstellen.
Akustische Wellen als Pinzette
Nicht nur die Herstellung der Buckyballs ist herausfordernd, sondern auch die Aufgabe, Zellen durch die winzigen Löcher der Strukturen ins Innere zu schleusen. Das gelang durch eine innovative 3D-Bioprinting-Technologie, die an der Stanford School of Medicine entwickelt wurde: Prof. Utkan Demirci ist Co-Leiter des Canary Center at Stanford for Early Cancer Detection, seine Forschungsgruppe im Biosensing and Acoustic MEMS in Medicine Labor verwendet Schallwellen in biomedizinischen Anwendungsbereichen, vom Nachweis von Krebs-Biomarkern über 3D-Druck von biologischem Gewebe bis hin zu Sensorik.
„Wir erzeugen akustische Schwingungen in der Lösung, in der sich die Zellen befinden. Die Zellen folgen den Schallwellen wie die Ratten in der Legende dem Rattenfänger von Hameln. An bestimmten Punkten der Flüssigkeit bilden sich Schwingungsknoten – ähnlich wie bei einer eingespannten Schnur, die man in Schwingung versetzt“, sagt Prof. Demirci. An diesen Punkten ist die Flüssigkeit vergleichsweise statisch. Wenn sich Zellen an diesen Punkten befinden, bleiben sie dort, überall sonst werden sie von der akustischen Welle fortbewegt. Die Zellen bewegen sich daher an jene Orte, an denen sie nicht umhergewirbelt werden – und genau dort wurden die Buckyballs platziert. Die Schallwelle lässt sich somit ganz gezielt fast wie eine Pinzette verwenden, um die Zellen an den gewünschten Ort zu dirigieren.
„Mithilfe der akustischen Wellen war es uns möglich, die Gerüststrukturen viel dichter und effizienter zu beladen, als es mit konventionellen Methoden der Zellbesiedelung möglich gewesen wäre“, berichtet Tanchen Ren, PhD, aus der Arbeitsgruppe von Prof. Demirci.
Nachdem die Buckyballs auf diese Weise erfolgreich mit Nervenzellen besiedelt wurden, formten sie Verbindungen mit Neuronen der benachbarten Buckyballs. „Wir sehen hier enormes Potential, mithilfe von 3D-Druck gezielt neuronale Netzwerke zu erzeugen und zu studieren“, sagt Aleksandr Ovsianikov. „So lassen sich wichtige biologische Fragen untersuchen, auf die man sonst experimentell keinen direkten Zugang hätte.“
Prof. Aleksandr Ovsianikov
Institute of Materials Science and Technology
TU Wien
Getreidemarkt 9, 1060 Vienna
T +43-1-58801-30830
aleksandr.ovsianikov@tuwien.ac.at
Prof. Utkan Demirci
Canary Center for Cancer Early Detection
Stanford University
Stanford, California
utkan@stanford.edu
Tanchen Ren et al., Enhancing cell packing in buckyballs by acoustofluidic activation, Biofabrication 12 025033, 2020. https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1758-5090/ab76d9/pdf
Nervenverbindungen bilden sich aus, zwischen Nervengewebe in unterschiedlichen Buckyballs.
Stanford University
None
Criteria of this press release:
Journalists, all interested persons
Biology, Materials sciences, Mechanical engineering, Medicine
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).