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Wissenschaft
Während es für die Nachbehandlung einer Krebserkrankung oder eines Herzinfarkts eine standardisierte Vorgangsweise gibt, fehlt nach einem Schlaganfall ein solches, einheitliches Konzept. Zukünftig könnte hier das österreichische „Stroke-Card“-Konzept Anwendung finden. Die wissenschaftliche Evidenz liefert eine Studie, die von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie initiiert worden ist. In Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien konnten 2.149 PatientInnen in die Untersuchung eingeschlossen werden.
Alle 20 Minuten erleidet in Österreich ein Mensch einen Schlaganfall. Eine Forschungsarbeit der Medizinischen Universität Innsbruck zeigt nun, wie die Nachsorge nach Entlassung aus dem Krankenhaus erheblich verbessert werden kann. Schlaganfall-PatientInnen, die nach diesem neuem „Stroke Card“-Konzept behandelt wurden, haben eine höhere Lebensqualität, weniger kardiovaskuläre Folgeerkrankungen und einen besseren Outcome – das zeigen die Ergebnisse einer Studie, die heute Dienstag veröffentlicht worden sind. Das Konzept zur standardisierten Nachbehandlung von Schlaganfall-PatientInnen wurde seit 2014 von der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie und dem Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien evaluiert. Das EClinicalMedicine-Journal, eine der jüngsten Zeitschriften des renommierten Lancet-Verlags, veröffentlichte die Ergebnisse. „In der wissenschaftlichen Arbeit präsentieren wir die Resultate einer der bisher weltweit größten, kontrollierten randomisierten Studie zur Schlaganfall-Nachsorge“, erklärt der Direktor der Innsbrucker Univ.-Klinik für Neurologie, Stefan Kiechl. Gemeinsam mit Johann Willeit hatte er die Forschungsarbeit initiiert und das Studiendesign entworfen.
2.149 PatientInnen sind von Jänner 2014 bis Dezember 2017 in die Untersuchung eingeschlossen worden. 1.438 wurden nach dem Behandlungskonzept „Stroke-Card“ behandelt und 711 erhielten die Standardbehandlung. Neben einer gesteigerten Lebensqualität zeigte sich, dass auch die Rate der kardiovaskulären Folgeerkrankungen zurückgegangen ist. Das Risiko konnte von 8,3 Prozent auf 5,4 Prozent, also um etwa ein Drittel, reduziert werden. „Der Behandlungsleitfaden ist sehr effizient. Wir müssen 35 Patientinnen und Patienten nach einem Schlaganfall entsprechend des ‚Stroke-Card-Konzepts‘ behandeln, um einen weiteren Schlaganfall oder Herzinfarkt zu verhindern“, erklärt Stefan Kiechl.
Multidisziplinäre „Stroke-Teams“ betreuen PatientInnen weitere drei Monate
Das „Stroke-Card“-Konzept sieht vor, dass das multidisziplinäre Stroke-Team des Akutkrankenhauses für die PatientInnen auch nach stationärer Entlassung für weitere drei Monate neben dem Hausarzt Ansprechpartner bleibt. Diese Teams bestehend aus PflegerInnen, TherapeutInnen und ÄrztInnen haben sich in der Akutbehandlung, die in Österreich durchschnittlich neun Tage dauert, bereits bewährt. Nach der Entlassung können die PatientInnen mit einer personalisierten App ihre Risikofaktoren überwachen. Mittels Fragebogen werden Daten zur Lebensqualität und Folgeerkrankungen erhoben. Nach drei Monaten kommen die PatientInnen erneut für eine umfassende, ambulante Nachsorgeuntersuchung durch das Stroke-Team ins Krankenhaus. „Dieses Konzept ist verhältnismäßig einfach umzusetzen und durch die Betreuung durch ein Team, das die Patientinnen und Patienten bereits kennt, sehr effektiv und für die Patienten motivierend“, berichtet Kiechl.
Wichtige Lücke in der Schlaganfalltherapie wird geschlossen
In Österreich erleiden rund 25.000 Menschen einen Schlaganfall pro Jahr. 800 PatientInnen werden an der Univ.-Klinik für Neurologie pro Jahr nach einem Schlaganfall behandelt. Das „Stroke-Card“-Konzept schließt eine wichtige Lücke in der Therapie. „Bisher gab es keine einfachen, gut umsetzbaren Konzepte, um Patientinnen und Patienten nach einem Schlaganfall standardisiert zu versorgen“, erklärt der Neurologe Johann Willeit. Ebenfalls von Vorteil ist die Erfassung von Spätkomplikationen nach dem Schlaganfall. Rund 20 bis 50 Prozent der PatientInnen leiden nach einem Schlaganfall an Angststörungen, Depressionen, Fatigue (leichte Ermüdbarkeit), Schmerzen, anhaltenden neurologischen Ausfällen oder Spastik. Im Rahmen des „Stroke-Card“-Konzepts werden diese systematisch erfasst und entsprechend behandelt. Basierend auf den guten Erfahrungen durch die Studie, wird in Innsbruck das neue Behandlungsmodell als Standard eingeführt.
„Stroke-Card“ aus Österreich könnte weltweit eingesetzt werden
Das „Stroke-Card“-Konzept hat gute Chancen in Österreich und anderen Ländern zum Einsatz zu kommen. In der Behandlung von Schlaganfällen hat Österreich einen international anerkannten, sehr guten Ruf und hohen Qualitätsstandard, wie Johann Willeit betont. „Mit den Schlaganfallpfaden, wie es sie in Tirol und in anderen Bundesländern gibt, erreichen wir eine der weltweit höchsten Raten für die Thrombolysetherapie“, sagt Willeit. „Mit dieser jüngsten Studie setzen wir einmal mehr einen deutlichen Akzent.“
Publikation: https://www.thelancet.com/journals/eclinm/article/PIIS2589-5370(20)30220-0/fullt...
Weitere Informationen:
Innsbrucker Departement für Neurologie und Neurochirurgie
Neurologie, Barmherzige Brüder Krankenhaus Wien
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Univ.-Prof. Dr.med.univ. Stefan Kiechl
Universitätsklinik für Neurologie
Tel.: +43 50 504 23850
E-Mail: Stefan.Kiechl@i-med.ac.at
https://www.thelancet.com/journals/eclinm/article/PIIS2589-5370(20)30220-0/fullt...
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