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Wissenschaft
Nobelpreis für Hepatitis C-Entdeckung: Gastroenterologen fordern Screening für eine bessere Früherkennung und Therapie
Die diesjährigen Medizin-Nobelpreisträger Harvey J. Alter (USA), Michael Houghton (Großbritannien) und Charles M. Rice (USA) haben mit ihren Erkenntnissen den Grundstein für die Bekämpfung des Hepatitis C-Virus (HCV) gelegt. In den letzten Jahren hat die Behandlung der Infektion revolutionäre Fortschritte gemacht. Hierzu haben ganz entscheidend auch deutsche Wissenschaftler beigetragen. Aber: Ein großer Teil der mit Hepatitis C Infizierten profitiert aktuell noch nicht von diesen Fortschritten. Denn viele der Betroffenen wissen gar nichts von ihrer Leberinfektion.
Sie macht sich oft erst im Spätstadium bemerkbar, wenn sie bereits zu Spätfolgen wie Leberzirrhose und Leberzellkrebs geführt hat. Dabei könnte die Erkrankung bei frühzeitiger Diagnose geheilt werden. Die Einführung eines Screenings auf Hepatitis C sei deshalb ein wichtiger Schritt, um mehr Menschen eine rechtzeitige Diagnose und Therapie zu ermöglichen. Damit ließen sich nicht nur die Folgen, sondern auch die Ausbreitung der Infektion reduzieren, so die Experten der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS).
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Eine aktuelle Arbeit des Robert Koch-Instituts und von Mitarbeitern der Medizinischen Hochschule Hannover zeigt, dass in Deutschland zwischen 0,2 Prozent und 1,9 Prozent der Allgemeinbevölkerung oder Patienten in Krankenhausnotaufnahmen mit dem HCV infiziert sind. Sehr häufig wird Hepatitis C in bestimmten Risikogruppen gefunden. Zu diesen zählen beispielsweise Drogenkonsumierende. Ein großer Teil der Betroffenen weiß nicht, dass sie mit HCV infiziert sind.
„Dies ist umso bedauerlicher, als die Infektion inzwischen sehr gut behandelbar ist – sofern sie frühzeitig diagnostiziert wird“, sagt DGVS-Mediensprecher Professor Dr. med. Heiner Wedemeyer aus Hannover. Hepatitis C sei durch die großen Behandlungsfortschritte der letzten Jahre eine heilbare Erkrankung geworden. Deutsche Forscher haben dazu maßgeblich beigetragen: Etwa der Virologe Professor Dr. med. Ralf Bartenschlager, der durch seine Entwicklung von Virus-Vermehrungssystemen in Zellkulturen erst die Entwicklung von antiviralen Medikamenten möglich machte, die heute bei mehr als 97 Prozent der Patienten zu einem kompletten Ausheilen der Infektion führen. Auch bei der anschließenden Testung von Medikamenten gegen Hepatitis C waren deutsche Gastroenterologen federführend beteiligt. Dass die Therapien nicht nur hocheffektiv, sondern auch bei breiter Anwendung sicher sind – selbst bei Patienten mit anderen Erkrankungen –konnte im deutschen Hepatitis C-Register der Deutschen Leberstiftung gezeigt werden. „Das Register ist in dieser Form mit Zusammenarbeit von niedergelassenen Gastroenterologen und universitären Zentren international einmalig und beinhaltet mittlerweile Daten von mehr als 17 500 Patienten“, betont Dr. med. Dietrich Hüppe, wissenschaftlicher Leiter des Registers.
Trotz der hervorragenden therapeutischen Möglichkeiten wird ein relevanter Teil der Hepatitis C-Infizierten nicht frühzeitig diagnostiziert. Denn es fehlen strukturierte Screening-Programme.
„Es ist tragisch und nicht nachzuvollziehen, wenn uns zwar effektive Medikamente zur Verfügung stehen, wir aber kein funktionierendes Instrument haben, Betroffene früh zu erkennen“, so Wedemeyer anlässlich der Entscheidung des Nobelpreis-Komitees, die drei Hepatitis-C-Forscher auszuzeichnen. Es sei eine gute Entscheidung aus Stockholm, da dadurch Aufmerksamkeit auf diese wichtigen Forschungsaktivitäten und ihre Erfolge gelenkt werde. Allerdings müssten diese Erkenntnisse nun noch besser den Patienten zugutekommen. Denn eine unerkannte Infektion ziehe oft schwerwiegende und kostenträchtige Langzeitkomplikationen wie Leberzirrhose und Leberzellkrebs nach sich.
Derzeit prüft der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Aufnahme eines Hepatitis B- und C-Screenings in das Vorsorgeprogramm der gesetzlichen Krankenkassen. Ein aktueller Entwurf sieht vor, dass allen gesetzlich Versicherten ab dem 35. Lebensjahr einmalig eine Testung auf Hepatitis B und C angeboten wird. „Darüber hinaus bedarf es aber weiterer Konzepte, um speziell Betroffene mit hohem Risiko auch außerhalb dieses Check-ups frühzeitig zu identifizieren – denn sie sind oft nicht über Hausärzte erreichbar und sollten zudem wiederholt gescreent werden“, betont Wedemeyer. Zu den Gruppen mit erhöhtem Risiko zählen Menschen, die vor 1990 (Hepatitis C) oder vor 1970 (Hepatitis B) eine Bluttransfusion erhalten haben, Personen, die aktuell oder in der Vergangenheit intravenös Drogen konsumiert haben, homosexuelle Männer, aber auch Migranten aus Ländern, in denen die Infektionen weit verbreitet sind.
Literatur:
Sperle I, Steffen G, Leendertz SA, Sarma N, Beermann S, Thamm R, Simeonova Y, Cornberg M, Wedemeyer H, Bremer V, Zimmermann R and Dudareva S (2020) Prevalence of Hepatitis B, C, and D in Germany: Results From a Scoping Review. Front. Public Health 8:424. doi: 10.3389/fpubh.2020.00424
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Die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde 1913 als wissenschaftliche Fachgesellschaft zur Erforschung der Verdauungsorgane gegründet. Heute vereint sie mehr als 6 000 Ärzte und Wissenschaftler aus der Gastroenterologie unter einem Dach. Die DGVS fördert sehr erfolgreich wissenschaftliche Projekte und Studien, veranstaltet Kongresse und Fortbildungen und unterstützt aktiv den wissenschaftlichen Nachwuchs. Ein besonderes Anliegen ist der DGVS die Entwicklung von Standards und Behandlungsleitlinien für die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen der Verdauungsorgane – zum Wohle des Patienten. Die DGVS im Internet: http://www.dgvs.de
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Kontakt für Journalisten:
Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) e.V.
Pressestelle
Juliane Pfeiffer
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Tel.: 0711/8931-693
Fax: 0711/ 8931-167
pfeiffer@medizinkommunikation.org
Criteria of this press release:
Journalists
Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Social studies
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Science policy
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