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02/05/2004 16:45

Schwarze Raucher in 3000 Metern Tiefe: Lebensgrundlage auf dem Meeresboden

Prof. Dr. Boris Culik Kommunikation und Medien
Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Kiel

    Wissenschaftler des neuen Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR) untersuchen an Bord des deutschen Forschungsschiffs METEOR in 3000 Metern Wassertiefe mitten im Atlantischen Ozean mehrere Hundert Grad heiße Hydrothermalquellen. Hierzu setzen Sie den deutschen Tieftauchroboter "QUEST" des DFG-Zentrums Ozeanränder an der Universität Bremen ein.

    Prof. Dr. Johannes Imhoff, Mikrobiologe aus dem Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften schwärmt "Tiefblauer Ozean soweit das Auge reicht und blauer Himmel über uns. An Deck ist es mit 26 Grad sommerlich warm."

    Am 16. Januar startete der dritte Fahrtabschnitt der 60. METEOR-Expedition. Die Reise führt von Martinique in der Karibik mitten auf den Atlantischen Ozean hinaus. Auf etwa 15 Grad nördlicher Breite, querab der Kapverdischen Inseln, erkundet das 28-köpfige internationale Wissenschaftlerteam, mit Forschern aus Deutschland, Frankreich, Brasilien und den USA geologische und biologische Prozesse am Mittelatlantischen Rücken.

    Dieser mehrere Tausend Kilometer lange untermeerische Vulkangebirgsgürtel bildet die Nahtstelle zwischen der amerikanischen und der afrikanischen Kontinentalplatte. Erdbeben, vulkanische Eruptionen und Lavaausflüsse prägen das Geschehen am Meeresboden.

    Um zu untersuchen, wie Kontinentalplatten entstehen, wie sich Erzlagerstätten bilden und wie sich in diesen Tiefen Lebensgemeinschaften entwickelt haben, die ausschließlich von chemischer Energie abhängen und kein Sonnenlicht benötigen, setzen die Wissenschaftler zum ersten Mal den Forschungsroboter QUEST der Universität Bremen ein.

    Der Leiter des Kieler Instituts für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR), Prof. Dr. Peter Herzig, erläutert: "Mit Hilfe des neuen deutschen Tiefseeroboters QUEST können wir jetzt ohne Personaleinsatz den heißen Quellen und dem Meeresboden Proben entnehmen und einzigartige Bilder aus den vielfältigen Lebensräumen in der Tiefsee gewinnen. Erstmals hat die deutsche Meeresforschung jetzt ein Gerät, mit dem wir diese Tiefen erreichen können".

    Besonders in Bereichen, in denen die Erdkruste sich dehnt, gelangt Meerwasser in den tiefen Untergrund des Meeresbodens. Dort kommt es zur Bildung von heißen, sogenannten Hydrothermalquellen. Beim Kontakt des Meerwassers mit dem hocherhitzten Gestein laufen viele chemische Reaktionen ab, durch die zahlreiche reduzierte Substanzen wie Schwefelwasserstoff, Methan, Wasserstoff und metallische Ionen gebildet und mit dem hydrothermalen Wasser freigesetzt werden. Dadurch werden im Verlauf der Zeit Schlote gebildet, aus deren "Rauchern" bis zu 400°C heißes Wasser austritt.

    Fahrtleiter an Bord der METEOR ist Dr. Thomas Kuhn, TU Freiberg: "der erste Tauchgang des Tauchroboters QUEST konnte im Logatchev-Feld in 3030 m Wassertiefe durchgeführt werden. Trotz des schönen Wetters gab es immer noch eine ca. 2-3 m hohe Dünung. Das Aussetzen war daher entsprechend schwierig. Aber die Nautiker konnten die METEOR gut stabilisieren".

    "Im Verlauf des Tauchganges konnten wir den "IRINA-2" genanten Komplex wiederfinden, der aus mehreren, 2-4 m hohen, aktiven Rauchern besteht und auf dem Gipfel eines ca. 15 m hohen Rückens steht. Die Schornsteine sind zum Teil dicht mit Organismen bedeckt und werden von Muschelfeldern umrahmt. Sie bestehen aus einem inneren, durch Kupfersulfide dominierten Bereich, der die Zirkulation der heißesten Lösungen markiert und einer äußeren, zinkreichen Zone. Oft sind mehrere schlotartigen Gebilde zusammengewachsen und deuten auf unterschiedliche Generationen hin."

    "Im Umfeld von IRINA-1 konnten wir spektakuläre Aufnahmen eines rauchenden Kraters machen. In dieser runden, ca. 5-7 m im Durchmesser großen und 2 m tiefen Mulde tritt aus einzelnen kleinen Löchern am Meeresboden schwarzer Rauch in großen Mengen und unglaublicher Intensität aus. Die Probennahme erwies sich als äußerst kompliziert, da der schwarze Rauch auch die Sicht sehr behinderte und eine genaue Kontrolle der Entfernung des Tauchbootes von den heißen Austrittsstellen fast unmöglich machte. Trotzdem gelang es, drei Flüssigkeitsproben aus zwei unterschiedlichen Höhen über der Austrittsstelle zu gewinnen".

    Welche Organismen unter diesen Bedingungen noch existieren können, untersuchen die Kieler Mikrobiologen Prof. Johannes Imhoff und Dr. Jörg Süling des IFM-GEOMAR an Bord der METEOR.

    Denn mit dem Hydrothermalwasser wird reduzierter Schwefel freigesetzt, der von Bakterien zur Energiegewinnung genutzt werden kann. Da bei diesen Prozessen nicht Licht, sondern chemische Reaktionen die nötige Energie liefern, spricht man in Analogie zur Photosynthese von Chemosynthese. Chemosynthetische Bakterien sind somit die Existenzgrundlage einzigartiger, üppiger Lebensgemeinschaften, die im Bereich heißer und warmer Quellen wahre Oasen in der Wüste der Tiefsee bilden. In diesen Quellbereichen beträgt ihre Biomasse etwa das 200-300-fache dessen der Umgebung.

    Besonders angepasste hyperthermophile Bakterien können noch bei Temperaturen bis 130°C leben. Wird es kühler als 80°C, sterben sie ab. Zum Vergleich: bereits bei Temperaturen von mehr als 42°C sterben die Zellen der meisten Organismen an der Erdoberfläche durch Überhitzung.

    Neben der Grundlagenforschung dienen die Untersuchungen der mikrobiellen Lebensgemeinschaften dazu, Enzyme aus diesen hitzeliebenden Organismen zu isolieren. Sie werden bei der Herstellung von Arzneimitteln durch die biochemische Industrie benötigt.

    Die METEOR-Expedition findet im Rahmen eines Schwerpunktprogramms der Deutschen Forschungsgemeinschaft statt, und endet am 13. Februar in Fort de France, Martinique.


    More information:

    http://www.ifm.uni-kiel.de/volvooceanrace/beitraege/quellen/beitrag.htm


    Images

    Der Tiefseeroboter "Quest" wird vom Forschungsschiff METEOR ausgesetzt (Copyright Imhoff)
    Der Tiefseeroboter "Quest" wird vom Forschungsschiff METEOR ausgesetzt (Copyright Imhoff)

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    Aus dem Schlot eines Schwarzen Rauchers sprudelt Wasser mit Temperaturen von mehreren Hundert Grad an die Oberfläche und gibt chemische Stoffe aus dem Erdinneren ab (Copyright rcom Bremen)
    Aus dem Schlot eines Schwarzen Rauchers sprudelt Wasser mit Temperaturen von mehreren Hundert Grad a ...

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    Criteria of this press release:
    Biology, Chemistry, Environment / ecology, Geosciences, Information technology, Oceanology / climate, Traffic / transport
    transregional, national
    Research projects, Research results
    German


     

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