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11/03/2020 13:45

Wer gewinnt die US Wahlen 2020 und wann steht das Ergebnis fest?

Jan Vestweber Pressestelle
Universität Witten/Herdecke

    Drei Szenarien eines Politikwissenschaftlers für International Political Studies

    Am heutigen 3. November 2020 sind über 250 Millionen wahlberechtige US-Amerikaner aufgerufen, ihren Präsidenten, das Repräsentantenhaus, ein Drittel aller Senatoren und Regierungen in elf Bundesstaaten zu wählen. 100 Millionen Bürger haben ihre Stimme bereits abgegeben – ein neuer Rekord. Die Umfragen sehen im Präsidentschaftsrennen den Kandidaten der demokratischen Partei Joe Biden klar vor dem republikanischen Amtsinhaber Donald Trump. Das Vorhersagemodell des Wahlexperten Nate Silver gibt Biden eine neunzig-prozentige Chance, die Wahl zu gewinnen. Diese Vorhersage hängt jedoch stark von den Ergebnissen in einzelnen Bundesstaaten ab, welche dem Gewinner der meisten Wählerstimmen im Staat alle Wahlstimmen zusprechen. So ist nicht auszuschließen, dass Donald Trump wie bereits vor vier Jahren weniger Stimmen als sein Herausforderer gewinnt, aber dennoch genug Bundesstaaten für sich entscheidet, um die Mehrheit der Stimmen im Electoral College auf sich zu vereinen und somit die Wahl zu gewinnen. Auf Basis der Umfragen sind drei Szenarien möglicher Wahlausgänge plausibel.

    1. Die Umfragen stimmen
    Historisch gesehen lagen die Wahlumfragen häufiger richtig falsch. Stimmt das Wahlergebnis mit den Umfragen überein, sollte Biden auch die drei Bundesstaaten Michigan, Wisconsin und Pennsylvania gewinnen, die Hillary Clinton vor vier Jahren die Wahl gekostet haben. Am engsten ist das Rennen in Pennsylvania, wo Bidens Vorsprung bei 5 Prozentpunkten liegt. Die Auszählung der Briefwählerstimmen in den genannten Staaten darf anders als beispielsweise in Florida erst heute beginnen. Da das Auszählen von Briefwahlstimmen komplizierter ist, als das am Wahltag abgegebener Stimmen, wird erst Ende der Woche mit einem Ergebnis in diesen Staaten gerechnet. Dies kann insbesondere am Wahlabend dazu führen, dass Trump in den ersten Ergebnissen aus diesen Staaten vorne liegt, da republikanische Wähler deutlich häufiger am Wahltag ihre Stimme abgeben dürften. Dennoch sollte Biden nach Auszählung aller Stimmen die Wahl letztlich gewinnen. In diesem Szenario ist es wahrscheinlich, dass die Demokraten Mehrheiten in beiden Parlamentskammern erreichen (House of Representatives und Senat).

    2. Die Umfragen unterschätzen die Unterstützung der Wähler für Trump
    Wie bereits im Wahlkampf 2016 ist es möglich, dass die Umfragen falsch liegen und die tatsächliche Zustimmung für Trump unterschätzen. Zwar haben die Umfragefirmen verschiedene Anpassungen vorgenommen, um die Fehler von 2016 nicht zu wiederholen, andere Irrtümer sind aber möglich. Die hohe Zahl der Briefwähler stellt einen solchen Unsicherheitsfaktor dar. Sind viele dieser Stimmen ungültig, weil Wähler in dem ihnen nicht vertrauten Wahlverfahren Fehler begehen, könnte dies Bidens Chancen schaden. Bidens Führung in den Umfragen ist jedoch deutlich größer als die Clintons 2016. Sollte es wie 2016 einen Fehler von drei Prozentpunkten zu Gunsten Trumps geben, läge Biden weiterhin in den entscheidenden Bundesstaaten vorne. Das Ergebnis wäre jedoch deutlich knapper und die Republikaner hätten deutlich bessere Chancen, ihre Mehrheit im Senat zu halten. In diesem Szenario ist ein längerer juristischer Streit um gültige oder ungültige Stimmen und die Zählverfahren in einzelnen Bundesstaaten wahrscheinlich.

    3. Die Umfragen überschätzen die Unterstützung der Wähler für Trump
    Nicht weniger plausibel als ein Umfragefehler zu Gunsten Trumps ist ein Umfragefehler zu Gunsten Bidens. Trumps Unterstützungswerte sind historisch schlecht und seine Maßnahmen im Kampf gegen die Covid-19 Pandemie werden von einer Mehrheit der US-Amerikaner schlecht bewertet und als wichtigstes Wahlkampfthema angesehen. Sollte Biden ungefähr drei Prozentpunkte besser abschneiden als von den Umfragen vorhergesagt, würde er wohl auch umkämpfte Bundesstaaten wie North Carolina und Florida relativ deutlich gewinnen und hätte eine Chance in traditionell republikanischen Hochburgen wie Georgia und Texas. Im Gegensatz zu Pennsylvania ist in Florida bereits am Wahlabend mit einem amtlichen Endergebnis zu rechnen, da dort die Briefwahlstimmen bereits ausgezählt werden. In diesem Szenario stünde der Wahlsieger Biden also vermutlich schon am Mittwochmorgen fest, selbst wenn die Stimmen noch nicht in allen Staaten ausgezählt worden wären. Zudem könnten die Demokraten mit einer komfortableren Mehrheit im Senat von bis zu sechs Stimmen (53-47) rechnen. 

    Ist mit Gewalt zu rechnen?
    Eine genaue Vorhersage mit Wahrscheinlichkeiten ist auf Grund einer fehlenden soliden Datenbasis nicht möglich. Wahlgewalt hat es in der jüngeren Geschichte USA so gut wie nicht gegeben, so dass es unmöglich ist, auf Erfahrungswerten Wahrscheinlichkeitsmodelle zu schätzen. Zudem sprechen gewichtige Gründe, die zu politischer Gewalt bei Wahlen in anderen Ländern führen, gegen Wahlgewalt in den USA. Die Vereinigten Staaten besitzen mit dem FBI eine bestens ausgerüstete Bundespolizei, die viele größere Terrorpläne bereits im Vorfeld verhindert. Anders sieht es bei spontaner Gewalt einzelner enttäuschter Trump-Anhänger aus. Diese sind so gut wie unvorhersehbar und damit auch nicht verhinderbar. Ist die Wahl knapp und Trump versendet Tweets, die als Gewaltaufrufe verstanden werden können, sind gerade solche Einzelgängertaten nicht auszuschließen. Eine weitere Gefahr geht von Ausschreitungen bei Demonstrationen von beider politischer Lager aus, gerade wenn das Wahlergebnis in manchen Staaten von einer Seite angefochten wird (Szenario 2). Polizeieinheiten auf lokaler und bundesstaatlicher Ebene können zudem versuchen, friedliche Demonstrationen gewalttätig aufzulösen.

    Zur Person:
    Nils-Christian Bormann ist seit dem 1. Oktober Professor für International Political Studies am Department für Philosophie, Politik und Ökonomie an der Universität Witten/Herdecke. In seiner Forschung geht er den Gründen für Bürgerkriege in ökonomisch und ethnisch gespaltenen Gesellschaften nach.

    Ein Foto zum Herunterladen finden Sie unter: www.uni-wh.de/fileadmin//user_upload/01_Uni/08_Presse/2020/4.Quartal/Bormann_Nils_Christian.jpg

    Ansprechpartner Presseteam: Malte Langer, malte.langer@uni-wh.de oder 02302 / 926-931

    Über uns:
    Die Universität Witten/Herdecke (UW/H) nimmt seit ihrer Gründung 1982 eine Vorreiterrolle in der deutschen Bildungslandschaft ein: Als Modelluniversität mit über 2.700 Studierenden in den Bereichen Gesundheit, Wirtschaft und Kultur steht die UW/H für eine Reform der klassischen Alma Mater. Wissensvermittlung geht an der UW/H immer Hand in Hand mit Werteorientierung und Persönlichkeitsentwicklung.

    Witten wirkt. In Forschung, Lehre und Gesellschaft.

    www.uni-wh.de / blog.uni-wh.de / #UniWH / @UniWH


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    Prof. Nils-Christian Bormann
    Prof. Nils-Christian Bormann
    UW/H


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Politics
    transregional, national
    Transfer of Science or Research
    German


     

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