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Wissenschaft
Im Herzbericht 2019 wurden auf der Pressekonferenz der Deutschen Herzstiftung auch die Leistungszahlen der Kinderherzmedizin vorgestellt. Der Bericht analysiert die Ergebnisse der Behandlung von Kindern und Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler im Jahr 2018 in Deutschland. Berichtet wurden u.a. über interventionelle Herzkathetermaßnahmen und Herzoperationen sowie die Überlebenschancen dieser speziellen Patientengruppe. Die Ergebnisse bezeugen die unverändert sehr gute Behandlungsqualität, die auf diesem Fachgebiet erzielt wurde.
Aktuelle Situation
Von 787.532 Lebendgeborenen in Deutschland im Jahr 2018 kamen rund 1.1%, also schätzungsweise 8.600 Kinder mit einem angeborenen Herzfehler (AHF) zur Welt. Heute können die meisten dieser Kinder ein weitgehend normales Leben führen, und mehr als 94% erreichen das Erwachsenenalter. Bei den schwer Erkrankten mit komplexen Herzfehlern sind häufig wiederholte und komplizierte Herzoperation und/oder Katheterinterventionen erforderlich, und die Patienten müssen lebenslang fachspezifisch betreut werden. Man geht davon aus, dass aktuell in Deutschland etwas mehr als 100.000 Kinder und Jugendliche sowie annähernd 200.000 Erwachsene mit einem behandelten angeborenen Herzfehler leben.
Leistungsdaten
Prof. Nikolaus Haas, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler (DGPK), berichtete auf der Pressekonferenz der Deutschen Herzstiftung am 12. November 2020 über die Leistungsdaten der 2018 in Deutschland versorgten Kinder und Erwachsenen mit AHF. Diese Patienten stellen, wie er betont, innerhalb der Herzmedizin eine kleine, aber hinsichtlich Diagnostik und Behandlungskomplexität besondere Gruppe dar, die einer interdisziplinär abgestimmten Versorgung bedarf und die auf Grund ihrer langen Lebenserwartung auch eine besondere sozioökonomische Bedeutung in der Krankenversorgung hat.
Die Patienten werden in Deutschland in insgesamt 32 Kinderherzkliniken, ferner durch die Kinderkardiologen an allgemeinen Kinderkliniken und durch niedergelassene Kinderkardiologen versorgt. Seit 2012 gibt es eine fallbezogene Jahresauswertung der Daten (Nationale Qualitätssicherung Angeborener Herzfehler), an der sich 2018 sechsundzwanzig Kliniken beteiligten. Leider gibt es bis heute noch keine verpflichtende nationale QS, so dass die Daten nicht komplett darstellbar sind.
Für das Jahr 2018 führt die Statistik 26.592 stationäre Behandlungsfälle für diese Gruppe mit angeborenem Herzfehler auf, von denen 3.844 Erwachsene waren. Der Bericht zeigt ferner, dass die Letalität bei diesen Patienten seit 1990 dramatisch gesunken ist. Sie betrug 2018 2,3% der stationär behandelten Patienten und ist damit gegenüber 2017 um 11.2% gesunken. Dies ist der hohen Früherkennungsrate und der expliziten Versorgung in hochspezialisierten Zentren mit einem zwischen Kinderkardiologen und Kinderherzchirurgen patientenindividuell eng abgestimmten Versorgungsmodus zu verdanken.
Die Sterbeziffer (Sterblichkeit /100.000 Einwohner) liegt seit 2007 stabil in einer sehr niedrigen Größenordnung von 0,5-0.7%. In keinem anderen Bereich der Herzmedizin ist die Sterberate in den vergangenen Jahrzehnten derart drastisch gesunken. Zu verzeichnen ist dabei in den letzten Jahren vor allem ein Rückgang der Sterblichkeit bei den Säuglingen und jüngeren Kindern, jedoch auch eine höhere Sterblichkeit bei erwachsenen Patienten mit einem angeborenen Herzfehler, insbesondere in der Altersgruppe der über 45jährigen.
Die Statistik weist ferner die Zahl der Herzkathetereingriffe und Operationen aus. Es wurden insgesamt 8.064 Herzkatheteruntersuchungen an 31 Kinderherzkliniken durchgeführt, von denen die Mehrzahl (59%) interventioneller, d.h. therapeutischer Natur waren. Die Letalität bei Herzkathetereingriffen war sehr gering (0,1% je bei diagnostischen bzw. interventionellen Eingriffen).
Zu den herzchirurgische Eingriffen bezog Prof. Christian Schlensak, Tübingen, Stellung: 5.853 Patienten mit AHF wurden 2018 operiert, davon 83% mit Herzlungenmaschine. Der Anteil der erwachsenen Patienten nahm dabei gegenüber den Vorjahren wiederum zu und stieg auf 1050 Patienten.
EMAH Patienten
Prof. Haas wies ferner nochmals explizit auf die ärztlichen Versorgungsprobleme der Patienten nach Erreichen des 18. Lebensjahres hin, d.h. im Übergang von der Behandlung beim pädiatrischen Kardiologen zum internistischen Kardiologen. Unter den aktuell 325 für die Behandlung von Erwachsenen mit angeborenem Herzfehler (EmaH) zertifizierten Ärzten sind in ganz Deutschland 234 Kinderkardiologen und 91 internistische Kardiologen. Die EmaH-Zulassungsmodalitäten für Kinderkardiologen wurden 2018 durch die Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer geregelt. Jedoch ergeben sich aktuell bei der individuellen Zulassung bei den Landesärztekammern sowie den Kassenärztlichen Vereinigungen immer noch Verzögerungen, durch welche die dringend erforderliche Anzahl dieser spezialisierten Ärzte nicht in adäquatem Maße erhöht werden kann.
Pflegenotstand
Darüber hinaus bestehen bei der kurz- und mittelfristigen Versorgung der Patienten von pflegerischer Seite große Probleme, welche die hohe Qualität der herzmedizinischen Versorgung in Deutschland erheblich gefährden. Prof. Nikolaus Haas hierzu: Wir bewegen uns auf einen derzeit schon eklatanten Pflegenotstand zu, für welchen es von Seiten der politisch Verantwortlichen keinerlei Verständnis zu geben scheint und keine Lösungsansätze bedacht oder erarbeitet werden. Daher haben alle Klinikdirektoren der Kinderkardiologie zusammen mit den Kinderherzchirurgischen Partnern einen offenen Brief an den Gesundheitsminister J. Spahn verfasst, welcher bis heute unbeantwortet geblieben ist.
Coronavirus-Erkrankung und Kinder
Insgesamt sind nach Angaben des RKI in Deutschland bisher ca. 100.000 Kinder unter 19 Jahre nachweislich mit dem Coronavirus infiziert worden. Es bestand eine anfängliche Unsicherheit hinsichtlich der medizinischen Gefährdung der Kinder mit AHF bzw. Herz-Kreislauferkrankungen. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und der DGPK werden seit Ende Februar 2020 alle stationären und ambulant versorgten Kinder mit Herzerkrankungen und Coronavirus-Infektion erfasst. Eine stationäre Aufnahme war in diesem Zeitraum bei insgesamt weniger als 350 Kindern notwendig (< 0,3%); kardiale Grunderkrankungen waren dabei selten, und Todesfälle traten in dieser Subgruppe nicht auf. Dies deckt sich mit den Erfahrungen in anderen Ländern (USA, Großbritannien, Italien, Frankreich, Spanien). Somit kann, basierend auf mehreren longitudinalen Beobachtungen in Deutschland, diesbezüglich Entwarnung für Kinder im Allgemeinen und für Herzkinder im Besonderen gegeben werden: ein Fernhalten vom Schulunterricht oder ähnliche Isolierungsmaßnahmen sind daher nach aktuellem Wissensstand nicht angezeigt; es scheint kein erhöhtes Risiko bei Herzerkrankungen in diesem Alter zu bestehen, was ebenso für herztransplantierte Kinder, Kinder mit Einkammerherzen oder andere kardiale Erkrankungen wie z.B. pulmonale Hypertonie gilt.
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Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Kardiologie und Angeborene Herzfehler,
Geschäftsstelle Düsseldorf
Pressebeauftragte: Prof. Dr. med. Angelika Lindinger
email: angelika.lindinger@uks.eu und angelikalindinger37@gmail.com
Tel: 06848/1616; 0172/6865191
Criteria of this press release:
Journalists
Medicine
transregional, national
Science policy
German
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