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Wissenschaft
Insekten und ihre hochentwickelte Fähigkeit Farben zu sehen und zum Beispiel Blüten unterscheiden zu können, sind von zentraler Bedeutung für die Funktion vieler Ökosysteme. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wissen jedoch noch nicht, wie die komplexe Sinnesleistung „Farbensehen“ in dem kleinen Gehirn der Insekten zustande kommt. Ein Team um Dr. Christopher Schnaitmann und Prof. Dr. Dierk Reiff am Institut Biologie I der Fakultät für Biologie der Universität Freiburg stellt jetzt neue Erkenntnisse in der Zeitschrift „Current Biology“ vor.
Grundsätzlich sind so genannte farbopponente Rechenoperationen essentiell für das Farbensehen in Wirbeltieren – wie auch bei Menschen. Sie sorgen dafür, dass spezialisierte Nervenzellen durch Licht bestimmter Wellenlängen erregt und durch Licht anderer Wellenlängen gehemmt werden. Diese Gegenfarbenneurone ermöglichen einen wichtigen Vorteil: das Feststellen von spektralem Kontrast in einer visuellen Szene, in der keine Helligkeitsunterschiede feststellbar sind. Verhaltensexperimente und seltene elektrophysiologische Messungen vor allem im Gehirn von Bienen legten seit längerem nahe, dass in Insektengehirnen ganz ähnliche Mechanismen ablaufen. Tatsächlich zeigten die Freiburger Forscher bereits in einer früheren Studie, dass erste farbopponente Rechenoperationen schon in den synaptischen Endigungen von Fotorezeptorzellen erfolgen.
Dem Freiburger Team, allen voran dem Erstautor der Studie Manuel Pagni, ist es nun gelungen, im Modellorganismus Fruchtfliege (Drosophila melanogaster) mithilfe des optischen Messverfahrens der funktionellen 2-Photonen Laser-Scanning-Mikroskopie sowie mittels genetischer Methoden detaillierte Einblicke in die nachgeschalteten Nervenzellen und in ganze neuronale Schaltkreisen zu erlangen. Die Forschenden fanden heraus, dass bestimmte Nervenzellen, nämlich die des Typus Dm8, durch Licht im blauen und grünen Wellenlängenbereich erregt und durch Licht im ultravioletten Bereich gehemmt werden. Anders als angenommen, erhalten diese Nervenzellen dabei Eingangssignale von allen fünf Klassen von Fotorezeptoren des Auges der Fruchtfliege. Abgesehen von art- und insektenspezifischen Anpassungen zeigen diese Daten, dass die grundlegenden neuronalen Mechanismen des Farbensehens, in Fliegen- und zum Beispiel Säugetiergehirnen, auf ähnliche Art und Weise erfolgen.
Als das Team die beteiligten Nervenzellen und Schaltkreise untersuchte, entdeckte es weitere Überraschungen: Eine Klasse von Fotorezeptoren, die vorwiegend im blauen und grünen Wellenlängenbereich empfindlich ist, überträgt ihre Informationen über einen unbekannten, noch zu erforschenden Signalmechanismus. Die Wissenschaftler fanden zudem heraus, dass neuronale Elemente, die bisher ausschließlich dem Bewegungssehsystem zugerechnet wurden, Signale von Fotorezeptoren mit sehr breiter spektraler Sensitivität auf Dm8-Nervenzellen übertragen. Diese unerwartete Schnittstelle zeige, erklärt Pagni, dass neuronale Schaltkreise des Farb- und Bewegungssehens in weit engerem Austausch miteinander stehen, als bisher angenommen: „Daran anknüpfende Forschung könnte vollkommen neue Einsichten in die Funktion von Insektengehirnen ermöglichen.“
Dr. Christopher Schnaitmann und Prof. Dr. Dierk Reiff
Institut für Biologie 1
Fakultät für Biologie
Albert-Ludwigs-Universität Freiburg
Tel.: 0761/203-2577
christopher.schnaitmann@biologie.uni-freiburg.de
dierk.reiff@biologie.uni-freiburg.de
Pagni, M., Haikala, V., Oberhauser, V., Meyer, P., Reiff, D.F., Schnaitmann, C. (2021): Interaction of ‚chromatic‘ and ‚achromatic‘ circuits in Drosophila color opponent processing. In: Current Biology.
https://www.pr.uni-freiburg.de/pm/2021/wie-insekten-farben-sehen
Freiburger Forschende haben die neuronale Mechanismen des Farbensehens bei der Fruchtfliege identifi ...
Christopher Schnaitmann
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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