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Wissenschaft
Für Computerchips braucht man Materialien, die Hitze möglichst rasch ableiten. An der TU Wien wurde nun eine Metallverbindung identifiziert, die dafür besonders gut geeignet ist.
Eine Thermosflasche hat die Aufgabe, die Temperatur möglichst gut zu konservieren – aber manchmal möchte man das Gegenteil erreichen: Computerchips erzeugen Hitze, die möglichst rasch abgeleitet werden muss, um den Chip nicht zu zerstören. Dafür benötigt man spezielle Materialien mit besonders guten Wärmeleitungseigenschaften.
Gemeinsam mit Forschungsgruppen aus China und den USA machte sich ein Team der TU Wien daher auf die Suche nach dem optimalen Wärmeleiter. Fündig wurde man schließlich bei einer ganz bestimmten Form von Tantalnitrid – kein anderes bekanntes metallisches Material hat einen höheren Wärmeleitwert. Um dieses Rekord-Material identifizieren zu können, musste man zuerst analysieren, welche Prozesse auf atomarer Ebene für die Wärmeleitung in solchen Materialien eine Rolle spielen. Die Ergebnisse wurden nun im Fachjournal „Physical Review Letters“ publiziert.
Elektronen und Gitterschwingungen
„Grundsätzlich gibt es zwei Mechanismen, mit denen sich Wärme in einem Material ausbreitet“, erklärt Prof. Georg Madsen vom Institut für Materialchemie der TU Wien. „Erstens durch die Elektronen, die durch das Material wandern und dabei Energie mitnehmen. In Materialien, die gute elektrische Leiter sind, ist das der wesentliche Mechanismus. Und Zweitens durch die Phononen, das sind kollektive Gitterschwingungen der Atome im Material.“ Die Atome bewegen sich und bringen damit auch andere Atome zum Wackeln. Bei höheren Temperaturen ist die Wärmeleitung durch Fortpflanzung der Schwingungen meist der entscheidende Effekt.
Doch weder die Elektronen noch die Gitterschwingungen können sich völlig ungehindert durch das Material ausbreiten. Es gibt verschiedene Prozesse, die diese Ausbreitung von Wärmeenergie einbremsen. Elektronen und Gitterschwingungen können miteinander wechselwirken, sie können aneinander streuen, sie können von Unregelmäßigkeiten im Material aufgehalten werden.
Die Wärmeleitung kann in manchen Fällen sogar dadurch dramatisch eingeschränkt werden, dass verschiedene Isotope eines Elements ins Material eingebaut sind – also gleichartige Atome mit unterschiedlicher Anzahl von Neutronen. In dem Fall haben die Atome nicht exakt die gleiche Masse, und das beeinflusst das kollektive Schwingungsverhalten der Atome im Material.
„Manche dieser Effekte kann man unterdrücken – aber meist nicht alle gleichzeitig“, sagt Georg Madsen. „Es ist wie beim Whac-A-Mole spielen: Man löst ein Problem, und gleichzeitig ergibt sich anderswo ein neues.“
Tantalnitrid, der Alleskönner
Obwohl wir aus dem Alltag wissen, wie leicht man sich die Hände an einer heißen Metallplatte verbrennen kann, sind Metalle typischerweise eigentlich nur mittelmäßig gute Wärmeleiter. Das Metall mit der höchsten bekannten Wärmeleitfähigkeit ist Silber – es leitet Wärme aber immer noch viel schlechter als der Rekordhalter, nämlich Diamant. Diamanten sind allerdings teuer und sehr schwer zu verarbeiten.
Doch mit aufwändigen theoretischen Analysen und Computersimulationen gelang es schließlich, ein passendes Material zu identifizieren: Das sogenannte θ-Phase Tantalnitrid. Es besteht aus dem Metall Tantal und Stickstoff, angeordnet in einer sechseckigen Struktur. Tantal ist deshalb besonders günstig, weil es kaum unterschiedliche Isotope davon gibt. Bei fast 99,99 % des natürlich vorkommenden Tantals handelt es sich um das Isotop Tantal 181, andere Varianten kommen kaum vor.
„Durch die Kombination mit Stickstoff und durch die spezielle atomare Geometrie der Kristallstruktur wird das Material metallisch. Außerdem werden Wechselwirkungen zwischen den wärmetransportierenden Vibrationen untereinander sowie Wechselwirkungen zwischen ihnen und den Elektronen unterdrückt. Sie hemmen in anderen Materialien die Wärmeleitung“, sagt Georg Madsen. „Diese Wechselwirkungen sind in unserem Material nicht möglich, weil sie gegen das Gesetz der Energieerhaltung verstoßen würden.“
Daher vereint diese Form von Tantalnitrid mehrere wichtige Vorteile und wird dadurch zum Rekord-Material, mit einer Wärmeleitfähigkeit, die ein Mehrfaches von Silber beträgt, und vergleichbar ist mit jener von Diamanten.
„Für die Chipindustrie ist Tantalnitrid ein äußerst vielversprechendes Material“, ist Madsen überzeugt. „Chips werden immer kleiner und leistungsfähiger, das Abtransportieren von Hitze wird daher ein immer größeres Problem. Kein anderes Material löst dieses Problem besser als θ-Phase Tantalnitrid.“
Prof. Georg Madsen
Institut für Materialchemie
Technische Universität Wien
+43 1 58801 165306
georg.madsen@tuwien.ac.at
A. Kundu et al., Ultrahigh Thermal Conductivity of θ-Phase Tantalum Nitride, Phys. Rev. Lett. 126, 115901 (2021), DOI: 10.1103/PhysRevLett.126.115901
https://journals.aps.org/prl/abstract/10.1103/PhysRevLett.126.115901
Tantalnitrid kann Temperaturunterschiede rasch ausgleichen.
TU Wien
TU Wien
Criteria of this press release:
Journalists, all interested persons
Chemistry, Physics / astronomy
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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