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03/02/2004 15:05

Paris: eine Kulturmetropole wird entmystifiziert

Angelika Rockel Hochschulkommunikation und -marketing
Universität Bremen

    Paris, die Stadt der Liebe, Kultur und der großen Künste - dies ist aber nur eine Seite der pulsierenden Metropole. In seinem neuen Buch schreibt der Bremer Sprach- und Literaturwissenschaftler Klaus Schüle das erste Mal über das andere Paris, das Paris der "kleinen Leute".

    Der Gedanke an Paris ist der Gedanke an den Eiffelturm, Notre-Dame, Baguettes und an große Künstler, die in einem der Cafés auf den Champs-Elysées ihren café au lait genießen. Durch Filme, Reiseführer und Bilder hat jeder ein mystifiziertes Bild von Paris. Wie aber wurde abseits von Moulin Rouge und Edith Piaf getanzt und gesungen? Wie war das Straßenspiel der Kinder während der letzten 300 Jahre? Welche Kultur entwickelte sich außerhalb von Montmatre in den Vorstädten? Diese Fragen beantwortet Klaus Schüle, Professor des Fachbereichs Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Bremen - und entmystifiziert dabei den Mythos der französischen Hauptstadt. Seine Untersuchungen veröffentlichte er in dem Buch "Paris, die kulturelle Konstruktion der Französischen Metropole. Alltag, mentaler Raum und soziokulturelles Feld in der Stadt und in der Vorstadt".

    Schüle betrachtet das Pariser Leben von der französischen Revolution bis heute aus einem "umgekrempelten" Blickwinkel. Zentrales Thema der Studie ist das Leben der Stadtbewohner und die kulturelle Entwicklung des Alltagslebens. Die Impulse der Intellektuellen und der avantgardistischen Künstler wird vom Autor lediglich als Antrieb und nicht als hauptprägendes Element der Kulturentwicklung angesehen. Klaus Schüle stellt damit die kulturelle Wahrnehmung der französischen Metropole vom Kopf auf die Füße. Erstmals erhalten die "kleinen Leute" als Akteure der Pariser Kulturgeschichte die Aufmerksamkeit, die ihnen gebührt, die ihnen aber bisher vorenthalten wurde. Insofern wird die Kulturgeschichte von Paris neu geschrieben.

    Der Autor verknüpft kulturelle Veränderungen mit politisch- geschichtlichen Zusammenhängen. Im 19. Jahrhundert lösten sich die Bürger von feudaler Abhängigkeit. Die neue bürgerliche Ordnung ermöglichte allen eine verstärkte Teilnahme am öffentlichen Leben. Es entwickelte sich eine eigene bürgerliche Kultur mit neuen Freiheiten. So setzten sich Frauen gegen patriarchale Strukturen durch - mit bisweilen überraschender Wirkung. So gestalteten Frauen beispielsweise die Kaffeehauskultur mit - bis heute eine weitgehend unbekannte Tatsache. Anfang des 20. Jahrhunderts provozierten sie die Öffentlichkeit, indem sie sich beispielsweise Fahrrad fahrend oder rauchend zeigten.

    Der Bremer Frankreich-Experte Schüle geht in seiner Publikation zunächst auf die Avantgarde des 19. und 20. Jahrhunderts ein und thematisiert die für ihn einseitige und "aufgeblasene" Darstellung der Pariser Kultur. Dann schaut er auf die verborgene Seite der Pariser Kultur.

    Er ermöglicht neue Einblicke in die Kultur des öffentlichen Lebens, indem er die Leser "mitnimmt" in Straßenecken, Parks, Cafés, Theater oder auch Läden und Metrostationen. Sein analytisch-beschreibender Blick richtet sich auf Tanz, Gesang, Theater und die emotionale Befindlichkeit der Stadtbewohner, insbesondere auf die sozial benachteiligten Vorstadtbewohner - ohne dabei allerdings in ein pessimistisches Klagelied zu verfallen. Die Ambivalenz der Verhältnisse erfasst der Bremer Hochschullehrer, wenn er Musik und Tanz zwischen Krieg und Revolution, Strafe und Überwachung schildert.

    Der heutige Wandel der Familienstrukturen und Lebensstilen des öffentlichen Bereichs in eine zunehmende private- und individuelle Entwicklung erklärt der Wissenschaftler durch die steigende Medialisierung. Sie hat auch Paris fest im Griff. Große Teile des öffentlichen Raumes wie Musik und Theater sind dem Fernsehen und der CD im privaten Haushalt gewichen.

    Das Buch "Paris: Die kulturelle Konstruktion der französischen Metropole. Alltag, mentaler Raum und soziokulturelles Feld in der Stadt und in der Vorstadt" von Prof. Dr. Klaus Schüle ist im Leske + Budrich Verlag erschienen.

    Weitere Informationen:

    Universität Bremen
    Fachbereich Sprach- und Kulturwissenschaften
    Prof. Dr. Klaus Schüle
    Tel. 0421 342130
    Fax 0421 218 9493
    Email: i02b@uni-bremen.de


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    Criteria of this press release:
    History / archaeology, Language / literature, Social studies
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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