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Wissenschaft
Deutsche und griechische Wählerinnen und Wähler lehnen „Pushbacks“ von irregulären Migrantinnen und Migranten ab und bevorzugen einen neuen Ansatz für die Umsiedlung (Resettlement) syrischer Flüchtlinge aus der Türkei in die EU. Zu diesen und weiteren Ergebnissen kommt eine umfangreiche wissenschaftliche Studie, die die Einstellungen der Wählerinnen und Wähler in Deutschland, Griechenland und der Türkei analysiert und von Forschenden des Mercator Dialogue on Asylum and Migration (MEDAM) (https://www.medam-migration.eu/de/) durchgeführt wurde.
Die Studie liefert neue Erkenntnisse zu den aktuellen Diskussionen über die zukünftige Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei im Bereich der irregulären Migration und des Flüchtlingsschutzes – sowie über mögliche Abkommen mit anderen Nicht-EU-Herkunfts- und Transitländern.
„Anlässlich der Verhandlungen zwischen der EU und der Türkei über die Zukunft des 2016 vereinbarten 'EU-Türkei-Abkommens' haben wir mehr als 3.900 Wählerinnen und Wähler in den drei zentral betroffenen Ländern Deutschland, Griechenland und Türkei befragt und ihre Einstellungen zu den Kerndimensionen der EU-Türkei-Migrationskooperation analysiert“, erläutert Martin Ruhs, der am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz die MEDAM-Forschung zu migrationspolitischen Präferenzen leitet. „In allen drei Ländern unterstützt die Öffentlichkeit die Zusammenarbeit zwischen der EU und der Türkei in den Bereichen irreguläre Migration und Flüchtlingsschutz. Unsere Ergebnisse deuten auf öffentliche Unterstützung für die Kernelemente des bestehenden Abkommens, mit einigen Ausnahmen und Unterschiede zwischen den drei Ländern. Insgesamt deuten die Umfragen auch auf eine öffentliche Unterstützung für gezielte Reformen der Zusammenarbeit hin, insbesondere im Hinblick auf die Umsiedlung von Flüchtlingen aus der Türkei in die EU.”
Die MEDAM-Studie analysiert die Einstellungen der Wählerinnen und Wähler zu vier Kerndimensionen des EU-Türkei-Kooperationsabkommens: Finanzielle Unterstützung der EU für Flüchtlinge in der Türkei; Maßnahmen der Türkei zur Reduzierung der irregulären Migration in die EU; Umsiedlung von Flüchtlingen aus der Türkei in die EU; und Rückführung von irregulären Migrantinnen und Migranten aus Griechenland in die Türkei. Darüber hinaus misst die Studie die öffentliche Meinung zu EU-Hilfen für Griechenland für die Versorgung der aus der Türkei ankommenden Asylsuchenden.
Dies sind die Ergebnisse der Studie:
• In Deutschland und Griechenland lehnen die Befragten „Pushbacks“ – also die Rückführung von irregulären Migrantinnen und Migranten in die Türkei ohne vorherige Prüfung ihrer Asylanträge – vehement ab.
• Die Wählerinnen und Wähler in diesen beiden Ländern unterstützen auch die finanzielle Hilfe der EU für Flüchtlinge in der Türkei – aber nur, wenn diese Mittel wie bisher über humanitäre Organisationen wie das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge verteilt werden und direkt nicht an die türkische Regierung ausgezahlt werden. Für die öffentliche Unterstützung in Deutschland und Griechenland ist es also von Bedeutung, wie die EU-Finanzhilfe für Flüchtlinge in der Türkei bereitgestellt wird. Im Gegensatz dazu sind den türkischen Wählerinnen und Wählern die Finanzierungskanäle egal, sie befürworten jede finanzielle Unterstützung der EU für Flüchtlinge in der Türkei. Diese Ergebnisse sind relevant, da die türkische Regierung darauf drängt, dass mehr EU-Hilfe über den Staatshaushalt reguliert wird.
• Die Wählerinnen und Wähler aller drei Länder (Deutschland, Griechenland, Türkei) würden eine Politik bevorzugen, die jährlich 1 Prozent der syrischen Flüchtlingsbevölkerung in der Türkei (etwa 36.000 Flüchtlinge) in die EU umsiedelt. Das aktuelle Kooperationsabkommen hingegen sieht einen 1:1-Mechanismus vor: Für jeden syrischen Flüchtling, der von Griechenland in die Türkei zurückgeführt wird, soll ein Flüchtling aus der Türkei in die EU umgesiedelt werden.
„Seit langem ist Zuwanderung eines der wichtigsten Themen sowohl für europäische Bürgerinnen und Bürger als auch auf politischer Ebene. Dennoch gab es bisher keine systematische Forschung dazu, was Wählerinnen und Wähler über die Zusammenarbeit der EU mit Nicht-EU-Ländern in Bezug auf irreguläre Migration und Flüchtlingsschutz denken. Unsere Studie analysiert diese politischen Präferenzen im Kontext des EU-Türkei-Abkommens“, so Tobias Heidland, Direktor des Forschungszentrums für Internationale Entwicklung des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel und Mitautor der Studie. „Für eine effektive und nachhaltige internationale Zusammenarbeit im Bereich Migration ist es wichtig, zu verstehen, wie sich die Meinung und politische Präferenzen der Wählerinnen und Wähler zwischen den Ländern unterscheiden und welche Elemente einer Politik unterstützt oder abgelehnt werden.”
Die Studie liefert eine gezielte Hintergrundanalyse für den 2021 MEDAM Assessment Report on Asylum and Migration Policies in Europe EU-Turkey: Toward sustainable cooperation in migration management and refugee protection (https://www.medam-migration.eu/index.php?id=16277). Der diesjährige MEDAM Assessment Report befasst sich mit der Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern im Bereich Migration. Im Fokus des Berichts stehen die Beziehungen zwischen der EU und der Türkei sowie die Reformbemühungen der Europäischen Kommission, die insbesondere durch ihren neuen Pakt zu Migration und Asyl die EU-Asyl- und Migrationspolitik neugestalten will.
Weiterführende Informationen
Veranstaltung
Virtuelle MEDAM-Veranstaltung zur Migrationskooperation mit Herkunfts- und Transitländern auf dem Global Solutions Summit
Freitag, den 28. Mai 2021, 15:45–16:45
• The New Pact: Managing migration jointly with countries of origin and transit
15:45-16:15
Interview mit dem Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Margaritis Schinas, geführt von der Brüsseler Korrespondentin der New York Times, Matina Stevis-Gridneff, mit anschließender Fragerunde.
• EU-Turkey cooperation on migration: Toward a sustainable and effective partnership
16:15-16:45
Podiumsdiskussion zu den wichtigsten Forschungsergebnissen der Studie „International Cooperation on Migration: What Do Domestic Publics Want?“ und deren politischen Implikationen. Mit Martin Ruhs (Professor und Deputy Director of the Migration Policy Centre, EUI), Angeliki Dimitriadi (Senior Research Fellow und Head of the Migration Programme, ELIAMEP) und Asli Aydıntaşbaş (Senior Policy Fellow, ECFR).
Für die Presseakkreditierung für den Global Solution Summit (Donnerstag und Freitag, den 27. und 28. Mai 2021, 13:00 bis 18:00 Uhr klicken Sie hier: https://www.global-solutions-initiative.org/press/summit-2021-press/.
Publikationen
• MEDAM 2021. 2021 MEDAM Assessment Report on Asylum and Migration Policies in Europe (https://www.medam-migration.eu/index.php?id=16277). Kiel: IfW.
• Vrânceanu, A., E. Dinas, T. Heidland, and M. Ruhs. (2021). “International Cooperation on Migration: What Do Domestic Publics Want?” (https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3850698), SSRN Working Paper, Social Science Research Network.
Medienansprechpartnerin:
Melanie Radike
Kommunikationsmanagerin
Mercator Dialogue on Asylum and Migration (MEDAM)
T +49 431 8814-329
melanie.radike@medam-migration.eu
www.medam-migration.eu
Mercator Dialogue on Asylum and Migration (MEDAM)
Institut für Weltwirtschaft
Kiellinie 66 | 24105 Kiel
T +49 (431) 8814-1
F +49 (431) 8814-500
www.ifw-kiel.de
Prof. Dr. Martin Ruhs
Stellvertretender Direktor
Migration Policy Centre
Europäisches Hochschulinstitut
T +39 055 4685 847
M +39 329 733 4026
martin.ruhs@eui.eu
Prof. Dr. Tobias Heidland
Direktor
Research Center Internationale Entwicklung
Institut für Weltwirtschaft
T +49 431 8814-367
tobias.heidland@ifw-kiel.de
http://Mercator Dialogue on Asylum and Migration (MEDAM)
https://www.medam-migration.eu/de/
Criteria of this press release:
Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars
Economics / business administration, Politics, Social studies
transregional, national
Transfer of Science or Research
German
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