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Forschungsteam der Universität Tübingen testet, ob Menschenaffen die Fähigkeit besitzen, scharfkantige Werkzeuge herzustellen
Anders als frühe Menschenarten scheinen Schimpansen nicht in der Lage zu sein, spontan scharfe Steinwerkzeuge herzustellen und zu nutzen, auch wenn ihnen dafür alle Materialien zur Verfügung stehen und ein Anreiz besteht. Das ergab eine Studie an insgesamt elf Schimpansen in einem Zoo im norwegischen Kristansand und dem Chimfunshi Wildlife Orphanage, einer Schutzstation in Sam-bia. Durchgeführt wurde sie von Dr. Elisa Bandini und Dr. Alba Motes-Rodrigo von der Universität Tübingen im Rahmen des von Dr. Claudio Tennie geleiteten Projekts STONECULT, das vom Euro-päischen Forschungsrat finanziert wird. Die Studie, die Tennie gemeinsam mit Dr. Shannon McPherron vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig leitete, wurde in der ERC-Fachzeitschrift Open Research Europe veröffentlicht.
„Scharfkantige Steinwerkzeuge, die von frühen Menschen hergestellt wurden, sind mindestens aus den vergangenen 2,6 Millionen Jahren bekannt – zu Beginn der Steinzeit“, berichtet Elisa Bandini. Das Forschungsteam wollte wissen, ob Schimpansen als einer der engsten lebenden Verwandten heutiger Menschen, die Fähigkeit zur spontanen Herstellung solcher Werkzeuge besitzen. „Das war bisher ausschließlich an sogenannten ‚kultivierten‘ Menschenaffen getestet worden, also Affen die trainiert oder vom Menschen aufgezogen wurden, und denen die Herstellungstechniken von Men-schen gezeigt wurden“, sagt Alba Motes-Rodrigo.
Eine Entwicklung der menschlichen Evolution
In den neuen Versuchen erhielten untrainierte Schimpansen zwei verschiedene verschlossene Behälter, die – sichtbar durch eine Plexiglasscheibe – Futter enthielten. An dieses konnten sie nur ge-langen, wenn sie scharfe Steinwerkzeuge herstellten. Sie erhielten einen sogenannten Steinkern und Hammersteine, um selbst scharfkantige Steine von diesem Kern abzuschlagen. Anders als in allen bisherigen Studien erhielten die Menschenaffen in der Studie keine Gelegenheit, sich die Herstellung solcher Werkzeuge abzuschauen. „Obwohl die Schimpansen vermutlich verstanden hatten, dass die Behälter Futter enthielten und auch klar motiviert waren, an diese Belohnung zu kommen, machte keines der Tiere im Test auch nur den Versuch, scharfe Steinwerkzeuge anzufertigen“, stellt Claudio Tennie fest. Das Team schließt daraus, dass Schimpansen diese spontane Fähigkeit nicht besitzen. „Wahrscheinlich können sie dies nur nach intensivem Kontakt mit Menschen und/oder durch Nach-ahmen erlernen“, sagt Tennie, und fügt hinzu „sie befinden sich also, was diese Fähigkeiten betrifft, noch vor der Steinzeit.“
Die Abstammungslinien von Menschen und Menschenaffen trennten sich vor rund sieben Millionen Jahren. Die Fähigkeit, scharfe Steinwerkzeuge herzustellen, habe sich wohl erst lange nach dieser Trennung in der menschlichen Linie entwickelt, sagt das Forschungsteam. Dafür seien bestimmte Fähigkeiten nötig, die sich erst in der Evolution unserer menschlichen Vorfahren herausbildeten.
Universität Tübingen
Mathematisch-Naturwissenschaftliche Fakultät
Ältere Urgeschichte und Quartärökologie
Dr. Elisa Bandini
elisa.bandini[at]uni-tuebingen.de
Dr. Claudio Tennie
Telefon +49 7071 29-72196
claudio.tennie[at]uni-tuebingen.de
Elisa Bandini, Alba Motes-Rodrigo, William Archer, Tanya Minchin, Helene Axelsen, Raquel Adriana Hernandez-Aguilar, Shannon P. McPherron, Claudio Tennie: Naïve, unenculturated chimpanzees fail to make and use flaked stone tools. Open Research Europe 2021,
https://open-research-europe.ec.europa.eu/articles/1-20/v2
Schimpansen benutzen verschiedene Werkzeuge, scharfe Steinwerkzeuge gehören jedoch nicht dazu.
Foto: Kevin Langergraber
Kevin Langergraber
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, History / archaeology
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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