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Wie lenken und gestalten Muslim*innen eine zunehmend vernetzte Welt mit widersprüchlichen Normen? Die kürzlich erschienene ZMO-Studie "Claiming and Making Muslim Worlds" (De Gruyter 2021) untersucht, wie die Verbreitung von Ideen über „muslimisch sein" zur Ausformung spezifischer Vorstellungen darüber beigetragen hat, was den Islam und seine Rolle in Gesellschaft und Politik ausmacht. Was bedeutet das für gewöhnliche Menschen, die versuchen, ein anständiges Leben zu führen, was für Politiker*innen, die in komplizierten nationalen und internationalen Konstellationen handeln? Das Buch lädt dazu ein, sich mit Perspektiven von Akteur*innen von Sri Lanka bis Westafrika auseinanderzusetzen.
Zu den vielen Facetten der zunehmenden globalen Verflechtungen im 19. Jahrhundert gehörte die Intensivierung von Gelehrten- und Handelsnetzwerken, die die Verbreitung neuer literarischer Genres bewirkten oder Stereotype über Muslim*innen prägten. Dies wiederum hatte Konsequenzen in ganz unterschiedlichen Bereichen wie beispielsweise der Selbstdarstellung oder der Regierungsführung von Muslim*innen. Die Beiträge in "Claiming and Making Muslim Worlds" untersuchen diese Problematik in geographischen Kontexten, die von Südasien bis nach Europa und in die USA reichen. Aus den Disziplinen Geschichte, Anthropologie, Religionswissenschaft, Literaturwissenschaft und Politikwissenschaft kommend, zeigen die Autor*innen gemeinsam die Notwendigkeit auf, eine translokale Perspektive mit sehr spezifischen lokalen und historischen Konstellationen zu verbinden.
Ein Beitrag von Judith Scheele beispielsweise beschäftigt sich mit der islamischen Rhetorik verschiedener Akteure im Norden Malis. In einer Gesellschaft, die von unterschiedlichen ethnischen und Stammeszugehörigkeiten, kolonialen Grenzen und unberechenbaren Herrschern geprägt ist, ist der Islam zu einem Idiom geworden, um politische und ökonomische Bestrebungen auszudrücken, mitunter auf sehr gewaltsame Weise. Sehr widersprüchliche Auffassungen vom Islam prägen auch die Debatten darüber, was es bedeutet, queer, arabisch und muslimisch zu sein. Claude C. Kempen analysiert diese anhand von Artikeln, die im jordanischen LGBTQIA+ Onlinemagazin "My.Kali" erschienen sind. Migration, Entwicklungszusammenarbeit und Glaubenssolidarität zwischen der Golfregion und Pakistan sind Themen, die von Antía Mato Bouzas untersucht werden. Weitere Kapitel des Bandes erforschen das Leben muslimischer Migrant*innen im faschistischen Europa während des Zweiten Weltkriegs, islamisierte Erinnerungen in der marokkanischen Gefängnisliteratur oder die antimuslimische Bewegung in Sri Lanka nach dem Bürgerkrieg.
“Claiming and Making Muslim Worlds. Religion and Society in the Context of the Global” wurde herausgegeben von Jeanine Elif Dağyeli, Claudia Ghrawi und Ulrike Freitag. Publiziert wurde der Band in der hauseigenen Serie des Leibniz-Zentrums Moderner Orient, den ZMO-Studien, vom Verlag De Gruyter. Unterstützt wurde die Veröffentlichung vom Open-Access-Publikationsfonds der Leibniz-Gemeinschaft. Vorangegangen war der Publikation ein 12-jähriges Forschungsprogramm am ZMO mit dem Titel “ Muslimische Welten – Welt des Islams? Entwürfe, Praktiken und Krisen des Globalen.” (2008-2019).
Interview- und Rezensionsanfragen senden Sie bitte an Lena Herzog unter presse@zmo.de.
Prof. Dr. Ulrike Freitag: zmo@zmo.de
Dağyeli, Jeanine Elif; Ghrawi, Claudia und Freitag, Ulrike. Claiming and Making Muslim Worlds. ZMO-Studien 40, Berlin, Boston: De Gruyter, 2021. https://doi.org/10.1515/9783110726534
http://Interview mit Ulrike Freitag über den Sammelband und das vorangegangene Forschungsprogramm: https://blog.degruyter.com/our-aim-is-to-show-the-diversity-of-muslim-voices-an-...
http://ZMO-Studien: https://www.zmo.de/publikationen/zmo-studien
http://Forschungsprogramm Muslimische Welten – Welt des Islams?: https://www.zmo.de/forschung/archiv
Buchcover "Claiming and Making Muslim Worlds"
DeGruyter
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars, Students
Cultural sciences, History / archaeology, Language / literature, Politics, Religion
transregional, national
Scientific Publications
German
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