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Schweizer Jugendliche treffen im Internet häufig auf das Phänomen der Hassrede. Gemäss dem neusten JAMESfocus-Bericht der ZHAW und Swisscom gibt es grosse Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen in der Wahrnehmung und Bewertung von Hasskommentaren. Am häufigsten werden Personen online aufgrund ihres Aussehens diskriminiert.
Rund die Hälfte der in der JAMES-Studie befragten Jugendlichen trifft mehrmals pro Woche oder häufiger auf Hasskommentare im Internet. Betroffen sind besonders die 16- bis 19-Jährigen. Auch in Bezug auf das Geschlecht sind die Unterschiede bemerkenswert: 53 Prozent der Mädchen treffen regelmässig auf Hassrede (engl. Hatespeech) im Internet, während dies nur bei 41 Prozent der Knaben der Fall ist. «Es ist jedoch schwierig zu beurteilen, ob Mädchen sich tatsächlich häufiger mit solchen Meldungen konfrontiert sehen oder ob es unterschiedliche Wahrnehmungen darüber gibt, was überhaupt als Hassrede empfunden wird», sagt ZHAW-Medienpsychologin Céline Külling. Ganz allgemein scheint es, dass die befragten Jugendlichen eine gewisse Sensibilisierung für das Thema zeigen und Hasskommentare im Vergleich zu anderen Phänomenen wie Falschinformationen eher als solche wahrgenommen werden.
Viel Diskriminierung aufgrund des Aussehens
Die Mehrheit der Jugendlichen (71 Prozent) gibt an, dass Personen online vor allem aufgrund ihres Aussehens beleidigt werden. Rund die Hälfte hält zudem fest, dass sie auch Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung oder der Herkunft sowie Hautfarbe beobachten. Mädchen und Jungen berichten hier ausserdem Unterschiedliches. 81 Prozent der Mädchen beobachteten, dass Personen oder Gruppen im Internet aufgrund ihres Aussehens beleidigt oder diskriminiert werden, bei den Knaben sind es nur 56 Prozent. Dies könnte allenfalls damit zusammenhängen, dass sich Mädchen stärker mit sozialen Netzwerken wie Snapchat und TikTok und dem Erstellen von Bildmaterial beschäftigen.
«Auch wenn das Aussehen einer Person in vielen gesellschaftlichen Bereichen eine grosse Rolle spielt, wird paradoxerweise dieser Form der Diskriminierung von institutioneller Seite bisher nur wenig entgegengewirkt», sagt Gregor Waller, Co-Autor der ZHAW-Studie. Gängiges Gleichstellungsmanagement zielt auf Merkmale wie Geschlecht, Behinderung, sexuelle Orientierung, religiöse Zugehörigkeit sowie nationale oder kulturelle Herkunft und vernachlässigt den Aspekt der physischen Attraktivität.
Ein Teil der Knaben empfindet Hasskommentare als unterhaltsam
Fast alle Jugendlichen (94%) empfinden anonyme Hasskommentare als feige. Zudem betrachtet ein Grossteil die Beschäftigung mit Hasskommentaren als Zeitverschwendung. Allerdings gab ein Drittel der Knaben an, Hasskommentare interessant oder unterhaltsam zu finden, während bei den Mädchen nur 10 Prozent bzw. 14 Prozent dieser Haltung zustimmen. Zudem bringt fast die Hälfte der männlichen Befragten Verständnis für manche Hasskommentare auf. Es scheint in der Tendenz so, als würden Knaben solche Kommentare weniger ernst nehmen und ihnen sogar etwas Positives abgewinnen. Über mögliche Gründe können die Forschenden der ZHAW lediglich spekulieren. Céline Külling sagt dazu: «Zum einen könnte es sein, dass sich Knaben an der Rolle des starken, dominanten Mannes orientieren, der auch mal einstecken können muss und dem solche Kommentare nichts anhaben können, sondern ihn sogar noch belustigen. Zum anderen zeigen Studien, dass Männer eher zur Täterschaft von Hasskommentaren zählen, was auch das Verständnis für solche Kommentare erhöhen könnte.»
Mädchen empfinden Hasskommentare stärker
Bei der Reaktion auf Hatespeech unterscheiden sich Jungen und Mädchen noch markanter. Drei Viertel der Mädchen geben an, dass Hasskommentare sie entsetzen oder traurig machen. Bei den Jungen sind es nur zwei Fünftel. Die Angaben hängen wohl auch hier mit erwarteten Geschlechternormen zusammen. Es ist gesellschaftlich gesehen nach wie vor weniger üblich für Männer, über ihre Gefühle zu sprechen und auch hier könnte das Rollenbild des starken, dominanten Mannes dazu führen, dass Knaben weniger über ihr emotionales Befinden berichten.
Gesamthaft betrachtet Michael In Albon, Jugendmedienschutz-Beauftragter bei Swisscom, den fehlenden Respekt in manchen Bereichen der Online-Kommunikation als bedenklich für unsere Gesellschaft und riskant für die Kinder: «Viele Jugendliche lernen fälschlicherweise, dass es in Ordnung ist, im Netz respektlos zu kommunizieren. Daher bieten wir Betroffenen, Eltern und Lehrpersonen auf unserer neuen Ratgeberseite Tipps und Unterstützung an».
www.zhaw.ch/storage/psychologie/upload/forschung/medienpsychologie/james/jamesfocus/2021/JAMESfocus_Hassrede_DE.pdf
http://www.zhaw.ch/medienmitteilungen
http://www.zhaw.ch/psychologie/jamesfocus
http://www.swisscom.ch/james
Criteria of this press release:
Journalists
Psychology
transregional, national
Research projects, Research results
German
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