idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
09/21/2021 11:17

Hohes Darmkrebsrisiko von Männern nur teilweise erklärbar

Dr. Sibylle Kohlstädt Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Krebsforschungszentrum

    Überall auf der Welt erkranken mehr Männer als Frauen an Darmkrebs. Wissenschaftler aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum analysierten nun, wie bekannte und vermutete Risiko- und Schutzfaktoren zu dieser deutlich höheren Erkrankungsrate beitragen. Das überraschende Ergebnis: Nur etwa die Hälfte des Risiko-Überschusses lässt sich durch die bekannten Risikofaktoren erklären. Um Darmkrebs-Vorsorge für Männer in Zukunft zu verbessern, müssen weitere risikofördernde Einflüsse identifiziert und bewertet werden.

    In Deutschland erkranken jedes Jahr etwa 55.000 Menschen an Darmkrebs. Die Erkrankung zählt weltweit zu den häufigsten Krebsarten. Ebenso gilt auch weltweit, dass Darmkrebs bei Männern deutlich häufiger auftritt als bei Frauen. In Deutschland liegt die altersstandardisierte Neuerkrankungsrate bei Männern bei 46 pro 100.000 pro Jahr, bei Frauen dagegen nur bei 28. Noch deutlicher ist dieser Unterschied, wenn die fortgeschrittenen Krebsvorstufen betrachtet werden, die so genannten fortgeschrittenen Adenome.

    Es ist unklar, in welchem Ausmaß die verschiedenen in Frage kommenden Risiko- bzw. Schutzfaktoren diese erheblichen Unterschiede erklären. Bekannt ist beispielsweise, dass weibliche Geschlechtshormone das Darmkrebsrisiko senken. Auf der anderen Seite ist für Männer beispielsweise ein höherer Konsum von Tabakprodukten und rotem Fleisch dokumentiert – beides Lebensstilfaktoren, die das Darmkrebsrisiko steigern.

    Ob diese verschiedenen bekannten und vermuteten Faktoren die große Differenz zwischen beiden Geschlechtern vollständig erklären können, untersuchte nun ein Team um Hermann Brenner vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ). Die Forscher werteten dazu Daten von fast 16.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern der KolosSal-Studie* aus, die eine Darmspiegelung zur Darmkrebs-Vorsorge durchführen ließen. Mit dieser Saarland-weiten Erhebung wird die Darmkrebs-Vorsorge wissenschaftlich begleitet und bewertet.

    Die Heidelberger Epidemiologen berücksichtigten für ihre aktuelle Untersuchung alle bekannten oder auch mutmaßlichen Risiko- und Schutzfaktoren für Darmkrebs: Alter, familiäre Vorgeschichte, Diabetes, frühere Koloskopie, Einnahme von Aspirin und Statinen, Rauchen, Alkoholkonsum, Gewicht und Körpergröße, körperliche Aktivität, Verzehr von rotem Fleisch und Wurst, Obst, Gemüse oder Vollkornprodukten sowie bei Frauen die Anwendung von Hormonersatz-Therapien.

    Bei Männern wurden bei der Vorsorge-Koloskopie doppelt so häufig Darmkrebs bzw. fortgeschrittene Adenome gefunden wie bei Frauen (altersstandardisiert). Nach umfassender Adjustierung für die verschiedenen Faktoren zeigte sich, dass sie etwa die Hälfte des Risiko-Überschusses der Männer erklären. Bei Krebserkrankungen des Enddarms fällt der Einfluss dieser Faktoren noch etwas weniger ins Gewicht als bei Tumoren des übrigen Dickdarms. „Im Umkehrschluss heißt das aber, dass wir die Ursachen für die andere Hälfte dieses Risiko-Überschusses noch nicht kennen“, sagt Studienleiter Hermann Brenner.

    Vieles spricht dafür, dass sich die unterschiedliche hormonelle Ausstattung von Männern und Frauen noch stärker auswirken könnte, als es bei ihren aktuellen Berechnungen zum Ausdruck kam. Daten hierzu, insbesondere zu Schwangerschaften, der Einnahme der Anti-Baby-Pille, zum Stillen, zum Beginn und Ende der Monatsblutungen sowie weitere Lebensstil- und Ernährungsfaktoren müssen, so Brenner, in zukünftigen Studien noch präziser erhoben werden. „Auf jeden Fall zeigen unsere Ergebnisse erneut, wie wichtig es insbesondere für Männer ist, die Möglichkeiten zur Darmkrebsvorsorge wahrzunehmen, Stuhltests durchzuführen oder sich sogleich für eine Vorsorge-Darmspiegelung zu entscheiden!“

    Tobias Niedermaier, Thomas Heisser, Anton Gies, Feng Guo, Efrat L. Amitay, Michael Hoffmeister, Hermann Brenner: To what extent is male excess risk of advanced colorectal neoplasms explained by known risk factors? Results from a large German screening population
    International Journal of Cancer 2021, DOI: 10.1002/ijc.33742

    * KolosSal-Studie: „Effektivität der Früherkennungs-Koloskopie: eine Saarland-weite Studie“

    Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
    Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
    Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern.
    Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

    Ansprechpartner für die Presse:

    Dr. Sibylle Kohlstädt
    Pressesprecherin
    Strategische Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
    Deutsches Krebsforschungszentrum
    Im Neuenheimer Feld 280
    69120 Heidelberg
    T: +49 6221 42 2843
    F: +49 6221 42 2968
    E-Mail: S.Kohlstaedt@dkfz.de
    E-Mail: presse@dkfz.de
    www.dkfz.de


    Original publication:

    Tobias Niedermaier, Thomas Heisser, Anton Gies, Feng Guo, Efrat L. Amitay, Michael Hoffmeister, Hermann Brenner: To what extent is male excess risk of advanced colorectal neoplasms explained by known risk factors? Results from a large German screening population
    International Journal of Cancer 2021, DOI: 10.1002/ijc.33742


    Images

    Criteria of this press release:
    Journalists
    Biology, Medicine
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).