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11/18/1998 15:11

Schlaganfall: Neues Bochumer Verfahren schließt Lücke in Diagnostik

Dr. Josef König Dezernat Hochschulkommunikation
Ruhr-Universität Bochum

    Mit einem neuen computertomographischen Verfahren, der Perfusions-CT, ist es jetzt erstmalig möglich, bereits in der Frühphase eines Schlaganfalls in wenigen Minuten die Durchblutungsstörung darzustellen und ihren Schweregrad zu beurteilen. Diese im Klinikum der RUB (Institut für Radiologie im Knappschaftskrankenhaus Langendreer, Direktor: Prof. Dr. Lothar Heuser) in Zusammenarbeit mit der Firma Siemens AG, Medizintechnik (Erlangen) entwickelte und erprobte Methode schließt jetzt die noch vorhandene Lücke in der Diagnostik des Schlaganfalls.

    Bochum, 18.11.1998
    Nr. 258

    Schlaganfall: Je früher sicher erkannt, desto besser
    Neues Bochumer Verfahren schließt Lücke in Diagnostik
    Mit Perfusions-CT kann man betroffene Hirnregionen beurteilen

    Der akute Schlaganfall ist in vielen Fällen behandelbar. Doch bevor sich Ärzte für eine Therapie entscheiden, müssen sie ihn sicher diagnostizieren und eine andere Hirnerkrankung ausschließen können. Dazu benötigen sie einen ebenso guten wie schnellen Blick ins Hirn des Patienten. Mit einem neuen computertomographischen Verfahren, der Perfusions-CT, ist es jetzt erstmalig möglich, bereits in der Frühphase eines Schlaganfalls in wenigen Minuten die Durchblutungsstörung darzustellen und ihren Schweregrad zu beurteilen. Diese im Klinikum der RUB (Institut für Radiologie im Knappschaftskrankenhaus Langendreer, Direktor: Prof. Dr. Lothar Heuser) in Zusammenarbeit mit der Firma Siemens AG, Medizintechnik (Erlangen) entwickelte und erprobte Methode schließt jetzt die noch vorhandene Lücke in der Diagnostik des Schlaganfalls. Sie hat sich gut bewährt: In Tests an ca. 80 Schlaganfallpatienten konnte die Ursache Durchblutungsstörung mit 90%iger Sicherheit diagnostiziert werden.

    Jährlich 170.000 Schlaganfälle in Deutschland

    Halbseitenlähmungen, Störungen der Sprachfunktion und Bewußtseinstö-run-gen sind die Folgen, unter denen Menschen leiden, die von einem Schlaganfall getroffen wurden: jährlich etwa 170.000 Menschen in Deutschland. In den meisten Fällen wird der Schlaganfall durch eine akute Durchblutungsstörung des Gehirns (Ischämie) hervorgerufen, nur in etwa 15% entstehen die Symptome durch eine Blutung im Hirngewebe. In etwa zwei Drittel der Fälle sind thrombotische oder embolische Verschlüsse der größeren hirnversorgenden Arterien die Ursachen für die Durchblutungsstörung.

    In Notsituation Eile geboten

    In der Notfallsituation ist höchste Eile geboten, weil das Hirngewebe nur wenige Zeit ohne eine Sauerstoffversorgung überlebt. Häufig tritt der Zell-untergang im Kernbereich eines Infarktes bereits innerhalb von Minuten ein. Jedoch ist die Durchblutung auch in einer den Infarktkern umgebenden Rand--zone häufig kritisch eingeschränkt. Das therapeutische Interesse konzentriert sich daher insbesondere auf die Behandlung dieser Randzone, deren Schicksal sich innerhalb der nächsten Stunden nach dem Schlaganfall entscheidet. Mit Therapiemaßnahmen wie der Fibrinolyse versuchen Ärzte die Blutgerinnsel in der Hirnarterie rasch aufzulösen und damit die Durchblutung zu verbessern, um weitere Schädigungen des Gewebes zu vermeiden. Denn wenn innerhalb eines begrenzten Zeitfensters von drei bis sechs Stunden die Wiedereröffnung des Blutgefäßes gelingt, bestehen gute Aussichten, daß sich der Prozeß des Zelluntergangs stoppen läßt und sich die Funktionsstörung des Gehirns zumindest teilweise zurückbildet. Andernfalls verbleiben nicht selten schwere Behinderungen bis hin zur völligen Pflegebedürftigkeit.

    Bisherige Methoden unsicher

    Voraussetzung für eine zielgerichtete Therapie des ischämischen Schlaganfalls ist der Ausschluß anderer Hirnerkrankungen, die mit gleichartigen Symptomen einhergehen können. In der Frühdiagnostik hatte die zum Ausschluß einer Hirnblutung eingesetzte Computertomographie immer schon einen hohen Stellenwert. Doch auch die akute Durchblutungsstörung hinterläßt nach einigen Stunden ihre Spuren im CT-Bild. Leider entsprechen diese oftmals nur diskreten Veränderungen zunächst nur dem Infarktkern, während die wichtige Infarktrandzone der direkten Darstellung durch das CT entgeht. Nicht selten ist in den entscheidenden ersten Stunden des Schlaganfalls der computertomographische Befund sogar völlig normal.

    Nun auch Blick in die Randzonen möglich

    Mit der nun in Bochum / Erlangen von dem Arzt Dr. Matthias König und dem Physiker Ernst Klotz entwickelten Perfusions - CT steht nun ein Verfahren für die Routinediagnostik zur Verfügung, mit der diese diagnostische Lücke geschlossen wird. Während einer nur wenige Sekunden dauernden compu-ter-tomographischen Untersuchung wird die Passage eines Röntgenkontrast-mittels durch die Blutgefäße des Gehirns verfolgt. Anschließend können mit Hilfe einer speziellen Software daraus verschiedene Kenngrößen der Hirndurchblutung berechnet und bildlich dargestellt werden. Wie die in Bochum gewonnenen Erfahrungen an bisher etwa 80 Schlaganfallpatienten zeigen, läßt sich eine Durchblutungsstörung mit mehr als 90%iger Sicherheit nachweisen. Außerdem gelingt es mit dem Verfahren, neben dem Infarktkern auch die kritische Randzone direkt darzustellen und hier den Schweregrad der Durchblutungsstörung zu bestimmen. So kann zuverlässig vorausgesagt werden, welcher Bereich des betroffenen Hirngewebes bereits derartig geschädigt ist, daß er von einer Fibrinolysetherapie nicht mehr profitiert.

    Gezielte Therapie

    Andererseits ist es im Fall einer weniger starken Schädigung möglich, direkt im Anschluß an die Perfusions-CT eine gezielte Therapie einzuleiten, ohne auf weitere zeitaufwendigere Diagnosemethoden zurückgreifen zu müssen. Dies ist um so mehr von Bedeutung, da zur Verbesserung der Hirndurchblu-tung in der Notfallsituation jede Minute zählt.

    Hirnblutung nach wenigen Minuten sichtbar

    Mit diesem neuartigen Verfahren ist es erstmalig möglich, beim Schlaganfall innerhalb weniger Minuten eine Prognosebeurteilung über die zugrundeliegende Durchblutungsstörung vorzunehmen. Aufgrund der weiten Verbreitung von Computertomographen und deren 24stündige Verfügbarkeit in Kliniken stellt die Perfusions-CT ein ideales Verfahren zur modernen flächendeckenden diagnostischen Versorgung von Schlaganfallpatienten dar. Die Bochumer Ärzte hoffen, daß hierdurch die heutigen Therapiemöglich-keiten für die Betroffenen noch gewinnbringender eingesetzt werden können.

    Weitere Informationen

    Dr. Matthias König, Klinikum der Ruhr-Universität Bochum im Knapp-schaftskrankenhaus Bochum-Langendreer, Institut für Radiologie und Nuklearmedizin, In der Schornau 23-26, 44892 Bochum, Tel. 0234/299-3805, Fax: 0234/299-3809,
    E-Mail: Matthias.koenig@ruhr-uni-bochum.de


    Images

    CT einer 74jährigen Patientin mit Halbseitenlähmung links seit 2 Stunden
    CT einer 74jährigen Patientin mit Halbseitenlähmung links seit 2 Stunden

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    Perfusions-CT mit Darstellung des reduzierten Blutflusses in der rechten Hirnhemisphäre
    Perfusions-CT mit Darstellung des reduzierten Blutflusses in der rechten Hirnhemisphäre

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    Criteria of this press release:
    Information technology, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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