idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Wie berechnet man den Sauerstoffgehalt von Wasser? Wie arbeitet die Europäische Union? Diese und viele weitere Fragen werden in unzähligen Videos auf verschiedenen Internet-Plattformen beantwortet, zu deren prominentesten Vertreterinnen YouTube zählt. Doch wie nutzen Menschen solche Lernvideos eigentlich? Wissenschaftler*innen des Leibniz-Instituts für Wissensmedien (IWM), des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) sowie der TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften haben nun im Rahmen eines interdisziplinären Forschungsprojekts erste Hinweise darauf gefunden, wann und warum Nutzer*innen von Online-Videoplattformen die Pausenfunktion nutzen.
Lernvideos und Tutorials haben Hochkonjunktur – und das in allen Altersgruppen. „Diese Formate werden über alle Bildungsbereiche hinweg gerne und häufig genutzt, ob in Schule, Hochschule, betrieblicher Weiterbildung oder einfach nur auf YouTube“, so DIE-Wissenschaftler Dr. Martin Merkt. Hat man etwas nicht verstanden, kann – im Gegensatz zum Frontalunterricht – die Pausentaste betätigt, zurückgespult und die Sequenz beliebig oft wiederholt werden. Doch wann genau drücken Nutzer*innen den Pausenknopf in Lernvideos? Dieser Frage widmet sich eine aktuelle Studie des Leibniz-Instituts für Wissensmedien (IWM), des Deutschen Instituts für Erwachsenenbildung (DIE) sowie der TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften.
Wann wird der Pausenknopf gedrückt?
Anhand von Video-Nutzungsdaten des AV-Portals der TIB untersuchten die Forschenden, wann und vor allem warum Nutzer*innen Lernvideos stoppen. „Das hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab“, erklärt IWM-Wissenschaftler Prof. Dr. Markus Huff. „Eine gehäufte Nutzung der Pausenfunktion konnte an besonders komplizierten Stellen sowie zwischen verschiedenen inhaltlichen Sequenzen in den Videos beobachtet werden“, so der Leiter der IWM-Arbeitsgruppe Wissensaustausch. Keinen Effekt auf das Sehverhalten hatte dagegen die formale Videostruktur, wie etwa Schnitte oder graphische Gestaltungselemente in der Videoplattform.
Die Erkenntnisse können bei der Konzeption von Lernvideos berücksichtigt werden: „In einem nächsten Schritt können wir Lernvideos passend für unterschiedliche Zielgruppen aufbereiten“, sagt Martin Merkt, der am DIE die Nachwuchsgruppe Audiovisuelle Wissens- und Informationsmedien leitet. Durch das automatische Setzen von Pausen oder das Einblenden von Verständnisfragen an entsprechenden Stellen im Video können komplexe Inhalte für die Nutzer*innen verständlicher dargestellt werden.
Authentische Nutzungsdaten als Meilenstein für künftige Forschung
Die Ergebnisse sind noch unter einem weiteren Gesichtspunkt bedeutend für künftige Projekte: Denn die Forschenden griffen für ihre Studie auf anonymisierte Nutzungsdaten aus realen Anwendungen und nicht auf Daten aus kontrollierten experimentellen Settings zurück, um ein möglichst authentisches Bild des Sehverhaltens zu erlangen. „Uns ist es gelungen, mit echten Video-Logfiles psychologische Rückschlüsse zu ziehen und so einen Einblick in das natürliche Nutzungsverhalten zu gewinnen“, betont Markus Huff. Dieser Ansatz kann in Zukunft helfen, weiteren Fragestellungen in Bezug auf das natürliche Sehverhalten von Nutzer*innen auf den Grund zu gehen.
Die Ergebnisse der Studie wurden unter dem Titel „Pushing the button: Why do learners pause online videos?“ in der internationalen Fachzeitschrift Computers & Education publiziert.
Das Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM)
Das Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM) in Tübingen erforscht, wie digitale Medien Wissens- und Kommunikationsprozesse beeinflussen. Die grundlagen- und anwendungsorientierte Forschung rückt neben institutionellen Lernfeldern wie Schule und Hochschule auch informelles Lernen im Internet, am Arbeitsplatz oder im Museum in den Fokus. Am IWM arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Disziplinen zusammen, vor allem aus der Psychologie, Kommunikationswissenschaft, Neurowissenschaft und Informatik. Das 2001 gegründete außeruniversitäre Forschungsinstitut ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.
Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e. V. (DIE)
Das Deutsche Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen e. V. (DIE) ist die Einrichtung für Wissenschaft und Praxis der Weiterbildung in Deutschland und Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Seine Arbeit dient dem gesellschaftspolitischen Ziel, das Lernen und die Bildung Erwachsener auszuweiten und erfolgreich zu machen. Damit will es die Voraussetzungen schaffen für die persönliche Entfaltung, die gesellschaftliche Teilhabe und die Beschäftigungsfähigkeit. Um diese Ziele zu erreichen, betreibt das DIE eigene Forschung. Es unterstützt die Praxis durch den Transfer von Wissen und wissenschaftlichen Serviceleistungen.
Die TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften
Wissen und Informationen frei verfügbar machen, teilen und kulturelles Erbe bewahren: Die TIB – Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften ist die weltweit größte Bibliothek für Technik und Naturwissenschaften. Sie setzt sich für den freien Zugang zu Wissen und Information ein und forscht an der Zukunft der Informationsversorgung. Als Forschungseinrichtung baut sie ihre Rolle als deutsches Informationszentrum für die Digitalisierung von Wissenschaft und Technik stetig aus. Ihre Forschungsschwerpunkte sind Data Science & Digital Libraries, Scientific Data Management, nicht-textuelle Materialien, Open Knowledge, Open Science und Visual Analytics.
Prof. Dr. Markus Huff
Schleichstraße 6
72076 Tübingen
Tel.: +49 7071 979-215
E-Mail: m.huff@iwm-tuebingen.de
Dr. Martin Merkt
Heinemannstraße 12 – 14
53175 Bonn
E-Mail: merkt@die-bonn.de
Telefon: +49 228 3294-334
Prof. Dr. Ralph Ewerth
Welfengarten 1 B
30167 Hannover
Tel.: +49 511 762-19651
E-Mail: ralph.ewerth@tib.eu
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0360131521002323?via%3Dihub
Prof. Dr. Markus Huff, IWM Tübingen
Paavo Ruch
IWM Tübingen
Dr. Martin Merkt, DIE Bonn
DIE/Lichtenscheidt
Criteria of this press release:
Journalists
Information technology, Media and communication sciences, Psychology, Social studies
transregional, national
Research results
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).