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Wissenschaft
Professorin Birgit Sawitzki hat den Ruf auf eine W3 Professur auf Lebenszeit für Translationale Immunologie am Berlin Institute of Health in der Charité (BIH) angenommen. Die promovierte Biochemikerin erforscht das Zusammenspiel von Immunzellen bei schweren Entzündungsreaktionen. Diese treten aktuell etwa bei schweren Infektionsverläufen von COVID-19 auf, bei Autoimmunerkrankungen, aber auch bei der Abstoßung nach Organtransplantationen und stellen die heutige Medizin vor große Herausforderungen. Starke immununterdrückende Medikamente können zwar in die Entzündungsprozesse eingreifen, bewirken aber keine Heilung und haben teils schwere Nebenwirkungen.
Birgit Sawitzki möchte neue Behandlungsoptionen eröffnen, indem sie das Immunsystem gezielt beeinflusst und steuert. Bisher war Birgit Sawitzki als Professorin mit ihrer Arbeitsgruppe am Institut für Medizinische Immunologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin sowie am BIH Center für Regenerative Therapien (BCRT) tätig. Ihre neue Position hat sie zum Oktober angetreten.
Birgit Sawitzki findet das gesamte Immunsystem spannend, ihre „Lieblingszellen“ sind jedoch die T-Zellen. „Die T-Zellen sind die Dirigenten des ganzen Orchesters aus Immunbotenstoffen und -zellen“, führt sie aus. „Die T-Helfer Zellen ermöglichen es, eine gezielte Abwehr mit maßgeschneiderten Antikörpern zu entwickeln, die T-Killerzellen töten zielgerichtet befallene oder entartete Körperzellen ab, und die regulatorischen T-Zellen sorgen dafür, dass das Ganze nicht aus dem Ruder läuft.“ Auch nach einer Impfung sorgen die T-Helfer Zellen dafür, dass sich eine spezifische Immunantwort aufbaut. Dass das bei älteren Menschen manchmal nicht mehr so gut klappt, liegt unter anderem daran, dass mit dem Alter weniger T-Zellen neu gebildet werden.
Fatale Rolle bei der Organtransplantation
Doch so hilfreich und unentbehrlich die T-Zellen für die tägliche Abwehr von Erregern aller Art sind, so fatal ist ihre Rolle bei der Organtransplantation. „Die T-Zellen erfüllen hier eben auch ihre Aufgabe und organisieren die Abwehr des vermeintlich bösen Eindringslings“, erklärt Birgit Sawitzki. Die dagegen eingesetzten Immunsuppressiva unterdrücken die T-Zellen, was zur Folge hat, dass auch andere Keime oder entartete körpereigene Zellen nicht mehr abgewehrt werden können. „Die Patienten leiden häufig unter schweren Infektionen oder entwickeln sogar eine Krebserkrankung.“ Dazu kommt, dass die Medikamente oft auch toxisch wirken, zum Beispiel auf die Niere, „da erhält der Patient dann eine neue Niere, und die Medikamente, die er zur Immunsuppression erhält, schädigen sie gleich wieder.“
Regulatorische T-Zellen drosseln das Immunsystem gezielt
In dieser Situation kam Birgit Sawitzki gemeinsam mit internationalen Kolleginnen und Kollegen auf die Idee, Komponenten des körpereigenen Immunsystems zu Hilfe zu nehmen. „Wir wussten, dass die regulatorischen T-Zellen eine dämpfende Wirkung auf die Abwehr ausüben, aber mit dem Unterschied zu den Medikamenten nur gezielt auf die gerade aktiven Abwehrzellen. Also haben wir überlegt, dass man vielleicht die Anzahl dieser T-Zellen im Körper der Patienten erhöhen müsste, um gezielt nur die Abstoßung des neuen Organs ohne gleichzeitig die gesamte Immunabwehr zu unterdrücken.“ In einer internationalen Studie, an der die AG Sawitzki mitwirkte, wurde genau dies untersucht. Empfänger*innen einer Spenderniere wurden regulatorische T-Zellen entnommen, im Labor vermehrt und wieder zurückgegeben. Die Wissenschaftler*innen um Birgit Sawitzki am BIH Center für Regenerative Therapien (BCRT) konnten nachweisen, dass die zurück gegebenen T-Zellen gezielt die Abstoßung des neuen Organs unterdrückten. Und die klinische Studie zeigte ermutigende Ergebnisse, erzählt Birgit Sawitzki: „Die Patienten brauchten nur noch ganz geringe Dosen an Immunsuppressiva, sie litten entsprechend sehr viel weniger unter Infektionen, und ihre neue Niere funktionierte wunderbar.“
Professor Christopher Baum, Vorsitzender des BIH Direktoriums und Vorstand für den Translationsforschungsbereich der Charité – Universitätsmedizin Berlin, freut sich über die neue Professorin am BIH: „Die Regenerative Medizin ist die Medizin der Zukunft. Zelltherapien werden immer häufiger zum Einsatz kommen, ob bei Krebserkrankungen, in der Transplantationsmedizin oder in angrenzenden Feldern. Wir sind daher außerordentlich froh, dass wir mit Birgit Sawitzki unsere Expertise auf diesem Gebiet ausbauen und festigen können.“
Brückenbauer zwischen den Disziplinen
Birgit Sawitzki betont, dass die Immunzellen bei Entzündungen nicht nur untereinander kommunizieren, sondern mit verschiedenen Organ- und Gefäßzellen interagieren. „Deswegen bedarf es der engen Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen anderer Disziplinen wie Diabetologen, Kardiologen oder Gefäßforschern. Daher freue ich mich sehr auf die Zusammenarbeit im BIH im Schwerpunkt Translationale Vaskuläre Biomedizin.“ Während der Corona-Pandemie hat sich die Immunologin natürlich auch mit Kolleg*innen aus der Infektiologie und Virologie zusammengetan, um die Immunantwort auf den SARS-CoV-2-Erreger besser zu verstehen. Und bei den großen Mengen an Daten, die bei ihren Forschungen anfallen, wird sie auch mit Datenwissenschaftler*innen am BIH kooperieren. „Wir Immunologen sind Brückenbauer zwischen den Disziplinen, denn das Immunsystem spielt überall eine Rolle.“
Birgit Sawitzki hat an der Berliner Humboldt-Universität Biochemie studiert und am Institut für Immunologie der Charité promoviert. Mit einem Wellcome Trust Stipendium ging sie als PostDoc für zwei Jahre nach Großbritannien an die Universität Oxford. 2003 kehrte sie ans Institut für Medizinische Immunologie an der Charité zurück, als Leiterin der Arbeitsgruppe Transplantationstoleranz. 2009 erhielt sie eine W2-Professur für „Angewandte Immunologie mit Schwerpunkt Transplantation und Immuntoleranz” an der Charité.
Mit der Berufung von Birgit Sawitzki konnte das BIH erfolgreich einen externen Ruf auf eine W3-Professur abwehren und die Immunologin mit ihrer Expertise für den Ausbau der BIH-Translationsforschung gewinnen.
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Über das Berlin Institute of Health (BIH) in der Charité
Die Mission des Berlin Institute of Health (BIH) ist die medizinische Translation: Erkenntnisse aus der biomedizinischen Forschung werden in neue Ansätze zur personalisierten Vorhersage, Prävention, Diagnostik und Therapie übertragen, umgekehrt führen Beobachtungen im klinischen Alltag zu neuen Forschungsideen. Ziel ist es, einen relevanten medizinischen Nutzen für Patient*innen und Bürger*innen zu erreichen. Dazu etabliert das BIH als Translationsforschungsbereich in der Charité ein umfassendes translationales Ökosystem, setzt auf ein organübergreifendes Verständnis von Gesundheit und Krankheit und fördert einen translationalen Kulturwandel in der biomedizinischen Forschung. Das BIH wurde 2013 gegründet und wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und zu zehn Prozent vom Land Berlin gefördert. Die Gründungsinstitutionen Charité – Universitätsmedizin Berlin und Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in der Helmholtz-Gemeinschaft (MDC) waren bis 2020 eigenständige Gliedkörperschaften im BIH. Seit 2021 ist das BIH als so genannte dritte Säule in die Charité integriert, das MDC ist Privilegierter Partner des BIH.
Kontakt
Dr. Stefanie Seltmann
Leiterin Stabsstelle Kommunikation
Berlin Institute of Health (BIH) at Charité
+49 (0) 30 450 543019
stefanie.seltmann@bih-charite.de
https://www.bihealth.org/de/aktuell/die-dirigenten-des-immunsystems-birgit-sawit...
Prof. Birgit Sawitzki
Thomas Rafalzyk
BIH/Thomas Rafalzyk
Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Medicine
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Personnel announcements
German
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