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Wissenschaft
Selbst weit voneinander entfernte Regionen unseres Planeten werden sich in ihren Floren immer ähnlicher. Grund ist die Ausbreitung gebietsfremder Pflanzenarten, so das Ergebnis eines globalen Forschungsprojektes unter Leitung Konstanzer Biologen
Wenn gebietsfremde Pflanzen sich in ein bestehendes Ökosystem integrieren und sich dort erfolgreich ausbreiten, kann dies in seltenen Fällen zur Einzigartigkeit der regionalen Flora beitragen. Deutlich häufiger führt dieser als „Naturalisierung“ bezeichnete Vorgang jedoch zu einer Vereinheitlichung regionaler Floren und damit weltweit betrachtet zu einem Nettoverlust an Einzigartigkeit. Insbesondere sogenannte Super-Invasoren sorgen durch ihre hocheffektive Verbreitung und die Verdrängung einheimischer Pflanzenarten dafür, dass sich selbst weit voneinander entfernte Regionen mit klarer geographischer Trennung immer ähnlicher werden. Zu diesen Ergebnissen kommt ein internationales Forschungsteam unter der Leitung Konstanzer Biologen in der Fachzeitschrift Nature Communications.
Untersuchung mithilfe globaler Datenbanken
In ihrer aktuellen Studie vergleichen die Forschenden anhand globaler Datenbanken erstmalig die Zusammensetzung 658 regionaler Floren aus nahezu allen Teilen der Welt. Zusätzlich untersuchen sie den Einfluss biogeographischer und anthropogener, also menschgemachter Faktoren auf die zunehmende Vereinheitlichung der regionalen Floren. Für die Bewertung der Einzigartigkeit einzelner Regionen berücksichtigen sie sowohl die Anzahl der Pflanzenarten, die sich eine Region mit anderen Regionen teilt oder nicht teilt, als auch den Verwandtschaftsgrad der Pflanzenarten zueinander. Sie schließen dadurch auch die regionalen Evolutionsgeschichten in ihre Untersuchung ein.
Eine wichtige Rolle bei der Ausbreitung gebietsfremder Pflanzen und dem Verlust der Einzigartigkeit regionaler Floren spielen verschiedene biogeographische Faktoren. Hierzu gehören laut Studie die geographische Entfernung zwischen den betrachteten Regionen und deren „klimatische Distanz“ zueinander. „Je mehr sich zwei Regionen klimatisch ähneln, desto eher gelingt es einer Pflanze aus der einen Region, sich in der Anderen als naturalisierte Art zu etablieren, wenn geographische Hürden erst einmal überwunden wurden. Pflanzen aus einer Region mit kurzer klimatischer Distanz zum neuen Lebensraum sind sozusagen ‚klimatisch vorangepasst‘“, erklärt der Erstautor der Studie, Dr. Qiang Yang, den Effekt.
Politische Faktoren als zusätzliche Triebkraft
Doch auch menschgemachte Faktoren haben einen Einfluss auf die Verbreitung gebietsfremder Pflanzen und die Vereinheitlichung der weltweiten regionalen Floren. So beschreiben die Forschenden, dass die gemeinsame Verwaltungshistorie einiger betrachteter Gebiete ebenfalls eine Rolle spielt: Regionen, die heute oder in der Vergangenheit unter derselben politischen Verwaltung stehen oder standen, weisen höhere Grade der Vereinheitlichung in der Zusammensetzung ihrer Floren auf.
Aktuelle Beispiele bieten Regionen, die Teil desselben Staatsgebietes sind, wie verschiedene Regionen innerhalb der USA. Historische Beispiele sind dagegen die Europäischen Kolonialmächte und ihre ehemaligen Kolonien. „Zwischen Regionen desselben Staatsgebietes oder Regionen mit historischen kolonialen Verbindungen besteht oder bestand zumindest in der Vergangenheit ein reger Austausch sowohl in Form von Fracht- als auch Personenverkehr. Dadurch erhöht sich gewöhnlich auch der Austausch von Pflanzen über geographische Grenzen hinweg – sei es absichtlich, als Handelsware oder Nutzpflanze, oder unabsichtlich“, erläutert Qiang Yang.
Wirksamere Maßnahmen zur Biosicherheit erforderlich
In der Summe treiben gebietsfremde Pflanzen im Falle ihrer Naturalisierung die weltweite Vereinheitlichung regionaler Pflanzengemeinschaften voran und der Mensch trägt durch die Verbreitung dieser gebietsfremden Pflanzen einen deutlichen Teil dazu bei. „Diese Effekte zeigen sich heute selbst an den entlegensten Orten der Welt“, berichtet Prof. Dr. Mark van Kleunen, Professor für Ökologie am Fachbereich Biologie der Universität Konstanz und Letztautor des Fachartikels, und schließt: „Sofern es in Zukunft keine effektiveren Schutzmaßnahmen gegen die fortschreitende Ausbreitung und Naturalisierung gebietsfremder Pflanzen geben wird, werden diese die Einzigartigkeit unserer Lebensräume zunehmend zerstören – und die Welt so zu einem eintönigeren Ort machen.“
Faktenübersicht:
• SPERRFRIST BIS MITTWOCH, 15. DEZEMBER 2021, 11:00 UHR MEZ (10:00 UHR LONDON TIME, 05:00 UHR U.S. EASTERN TIME)
• Originalpublikation: Qiang Yang et al. (2021) „The global loss of floristic uniqueness“, Nature Communications; DOI: 10.1038/s41467-021-27603-y
• Untersuchung der Einzigartigkeit regionaler Floren und deren weltweiter Veränderung durch biogeographische und anthropogene Faktoren anhand globaler Datenbanken
• Die Naturalisierung gebietsfremder Pflanzen führt weltweit zu einem Nettoverlust der Einzigartigkeit regionaler Floren.
• Neben biogeographischen Faktoren, wie der räumlichen oder klimatischen Distanz, spielen dabei auch anthropogene Faktoren, wie administrative Beziehungen zwischen den untersuchten Regionen, eine Rolle.
• Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Czech Science Foundation (GACR) und Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik (AV ČR), Österreichischer Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF), Stiftung zur Forschungsförderung São Paulo (FAPESP) und Nationaler Fonds für wissenschaftliche und technologische Entwicklung Chile (FONDECYT)
Hinweis an die Redaktionen:
Fotos können im Folgenden heruntergeladen werden:
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Bildunterschrift: Die nordamerikanische Stachelgurke (Echinocystis lobata) in der russischen Republik Altai.
Foto: Elena Zykova
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Bildunterschrift: Der Japanische Staudenknöterich (Fallopia japonica) entlang eines Flusses in Österreich.
Foto: Franz Essl
https://cms.uni-konstanz.de/fileadmin/pi/fileserver/2021/floren_impatiens.jpg
Bildunterschrift: Das Indische Springkraut (Impatiens glandulifera) entlang eines Waldrandes in Deutschland.
Foto: Mark van Kleunen
Universität Konstanz
Kommunikation und Marketing
Telefon: + 49 7531 88-3603
E-Mail: kum@uni-konstanz.de
- uni.kn
DOI: 10.1038/s41467-021-27603-y
Criteria of this press release:
Journalists
Biology, Environment / ecology, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research projects, Research results
German
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