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Wissenschaft
Wie laufen Tierversuche in der Praxis ab? Wie werden Versuchstiere gehalten? Um Antworten auf diese Fragen zu bekommen, haben vier Schüer:innen aus Thüringen einen Tag lang das Ernst Strüngmann Institute (ESI) for Neuroscience besucht. Im Interview erzählen Rosalie (17), Sara (20), Antonia (19) und Marius (18) von ihren Eindrücken.
Bestandteil eurer Abiturprüfungen war eine Seminarfacharbeit. Das Thema durftet ihr euch selbst aussuchen. Ihr habt euch für Tierversuche entschieden. Wie seid ihr darauf gekommen?
Antonia: Neugier. Mir hat an dem Thema gefallen, dass es nicht so alltäglich ist. Ich hatte bis dahin noch nicht viel davon gehört und war gespannt, wo uns das hinführen, was wir erfahren und lernen würden.
Marius: Ich finde das Thema interessant, weil es uns alle betrifft: Es ist für die medizinische Forschung von elementarer Bedeutung. Ich wollte herausfinden, wie Tierversuche ablaufen und geregelt sind und vor allem: mal hinter die Kulissen schauen.
Hattet ihr euch bis zu diesem Zeitpunkt schon mal mit Tierversuchen befasst?
Rosalie: Das Thema Tierversuche war uns am Anfang relativ fremd. Der Vorschlag kam von Sara und meine Mutter hat uns dann Christa Tandi (die Tierschutzbeauftrage des Ernst Strüngmann Instituts, Anm. d. Red.) als Gesprächspartnerin vorgeschlagen, weil sie diese persönlich kennt. Bedenken oder Berührungsängste hatten wir keine. Wir fanden das Thema einfach spannend. Allen, denen wir davon erzählt haben, ging es ähnlich. Die Neugier hat immer überwogen.
Antonia: Ganz ehrlich: Bis dahin wusste ich nicht viel über Tierversuche. Ich hatte nur das standardisierte Bild im Kopf, dass Lippenstifte an Tieren getestet werden. Ich habe dann relativ schnell gelernt, dass dies seit 1986 in Deutschland verboten ist. Gleichzeitig hat diesen Mythos fast jeder Nicht-Wissenschaftler angebracht, mit dem wir über das Thema gesprochen haben. Das finde ich krass, dass jeder diese Vorstellung hat! Woher kommt das? Wie entsteht das?
Zu Beginn eurer Recherchen durftet ihr am ESI Praxisluft schnuppern und euch ein Bild von unserer Tierhaltung machen. Unsere Tierschutzbeauftragte und unser Tierarzt haben all eure Fragen beantwortet. Was ist euch dabei besonders im Gedächtnis geblieben?
Sara: Auf den Bildern, die in den Medien kursieren, werden nur enge Käfige und Tiere mit blutigen Implantaten gezeigt. Aufgrund dieser schrecklichen Darstellungen haben wir uns schon auf das Schlimmste gefasst gemacht. Dann kamen wir in das Tierhaus am ESI. Alf (der Tierarzt, Anm. d. Red.) war total vertraut mit den Tieren und wir haben gesehen, dass die Ratten gar nicht viel zu eng leben, sondern sogar Spielsachen hatten. Ihnen geht es dort fast besser als bei manch einem Zuhause.
Marius: Mich hat beeindruckt, wie die Tiere behandelt werden! Sie sind nicht nur Mittel zum Zweck, sondern richtige Mitarbeiter. Alf kennt alle Äffchen mit Namen und ihre Vorlieben.
Antonia: Ich war überrascht, welche komplexe Gesetzeskette hinter jedem einzelnen Tierversuch steht, was dabei alles beachtet werden muss! Wir durften auch die Äffchen besuchen. Wie sie leben, hat mich echt positiv überrascht: so viel Bewegungsraum, Futter, Spielzeug …
Ihr habt auch die Mahnwache der Tierversuchsgegner:innen besucht, die einmal im Monat vor dem ESI stattfindet. Beschreibt mal eure Eindrücke.
Rosalie: Das war schon komisch, denn die Protestierenden waren laut und pusteten in ihre Trillerpfeifen. Das waren bestimmt um die 10 oder 15 Leute. Sie verhielten sich uns gegenüber freundlich und offen. Wir hatten uns vorher Fragen überlegt, die wir ihnen stellen wollten. Zum Beispiel warum sie denken, dass Tierversuche gemacht werden, was sie von Alternativen halten, ob über das Thema in Deutschland genug aufgeklärt wird. Ihre Meinung war relativ eindeutig: Es gibt genug Alternativen, Tierversuche sind veraltet und sinnlos.
Sara: Zunächst waren sie uns gegenüber misstrauisch. Wir wollten ihnen Fragen stellen für eine Video-Umfrage, die wir für unsere Facharbeit gemacht haben. Aber aufnehmen durften wir sie nicht. Auf unsere Fragen haben sie uns immer Gegenfragen gestellt, zum Beispiel wie wir zu Tierversuchen stehen und wie wir uns das angucken können. Dann haben sie uns Infomaterial mitgegeben von 19-hundert-irgendwas.
Antonia: Wir haben vor der Mahnwache ja das Institut besichtigt, wo uns Alf und Christa viel über Tierversuche erzählt haben und wir uns einen eigenen Eindruck machen konnten. Nach der Mahnwache habe ich mich gefragt: Haben sich die Tierversuchsgegner in letzter Zeit überhaupt mal mit dem Thema auseinandergesetzt? Ihr Wissensstand und ihre ausgelegten Bücher schienen mir total veraltet.
Marius: Ich erinnere mich, dass es ziemlich laut war: Eine Frau mit Megafon konnten wir schon im Gebäude hören. Sie forderte die vorbeifahrenden Autos immer wieder auf: „Wenn ihr gegen Tierversuche seid, dann hupt!“ Wir haben die Teilnehmenden an der Mahnwache zum Beispiel gefragt, wieso sie diese ausgerechnet vor dem ESI abhalten. Ihre Antwort: Weil dort Tiere gequält werden und sie Passanten zeigen wollen, wie schlimm es dort zugeht. Das stand in krassem Gegensatz zu dem, was ich während meines Besuchs in der Tierhaltung des ESIs tatsächlich erlebt habe.
Was war das Schwierigste an eurer Arbeit?
Sara: Sich in das Thema reinzufinden, und unter den vielen, vielen Internetseiten, die es dazu gibt, eine zu finden, der man vertrauen kann. Außerdem gab es so viel Fachbegriffe, wie zum Beispiel ‚validiertes Tiermodell‘, die ich erstmal googeln musste.
Antonia: Mein Ziel war es immer, neutral in der Mitte zu bleiben. Aber nachdem ich mich damit auseinandergesetzt habe, wurde das immer schwieriger, weil die positiven Seiten für mich einfach überwogen haben. Zum Beispiel, dass man sehr großen Nutzen daraus ziehen kann, gerade in der Grundlagenforschung oder bei der Entwicklung von Medikamenten, von denen man vielleicht gar nicht denkt, dass dafür Tierversuche notwendig waren oder sind.
Denkt ihr nun anders über Tierversuche als vor eurer Facharbeit?
Sara: Davor waren mir die ganzen Klischees bekannt und dass, verkürzt gesprochen, Tierversuche grundsätzlich schlecht sind. Wir vier waren uns einig, dass wir rausfinden wollten, ob Tierversuche wirklich so schlimm sind, wie sie immer dargestellt werden. Unser Ergebnis: Sie sind es nicht.
Rosalie: Vor unserer Seminarfacharbeit hatte ich mich noch nie mit dem Thema Tierversuche beschäftigt, war dem aber relativ neutral gegenüber eingestellt. Jetzt bin ich davon überzeugt, dass Tierversuche für die Forschung nach wie vor notwendig sind und denke nicht, dass sie so schnell ersetzt werden können. Durch das was ich von Marius mitbekommen habe, der sich mit Alternativmethoden auseinandergesetzt hat, ist das in Zukunft vielleicht möglich, aber, Stand heute, noch nicht spruchreif.
Marius: Ich habe festgestellt, dass sich die Realität sehr stark unterscheidet von dem, was Tierschutzorganisationen erzählen. Und ich hätte nicht gedacht, wieviel Geld in die Erforschung von alternativen Methoden gesteckt wird.
Antonia: Mein Fazit: Hinsichtlich des Themas brauchen wir noch sehr viel Aufklärung hier in Deutschland. Und ich frage mich, woran es liegt, dass es nur so unterschwellig oder zaghaft kommuniziert wird. Da gibt es kaum eine Art von Kommunikation, die die breite Bevölkerung anspricht. Wenn ein Labor in die Negativschlagzeilen gerät, gibt es niemanden, der daran erinnert, nicht alle Forschenden, die mit Tieren arbeiten, über einen Kamm zu scheren; oder der an den Nutzen erinnert, der durch Tierversuche gewonnen wird.
Ein Blick in die Affenhaltung des Ernst Strüngmann Institute (ESI) for Neuroscience: Marmosette Belm ...
Ernst Strüngmann Institut
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Criteria of this press release:
Journalists, Students, Teachers and pupils, all interested persons
Biology, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Miscellaneous scientific news/publications, Schools and science
German
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