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11/26/1998 09:23

Kunstherz rettet auch Kinder

Dr. med. Silvia Schattenfroh GB Unternehmenskommunikation
Charité-Universitätsmedizin Berlin

    AUS DER MEDIZIN FÜR DIE MEDIEN Nr.15 1998

    Das Kunstherz wurde zwar ursprünglich für Erwachsene entwickelt, inzwischen gibt es aber auch Geräteversionen (mit einer oder zwei Kammern) für den vorübergenden Einsatz bei Säuglingen und älteren Kindern. Bisher kommt es aber verhältnismäßig selten vor, daß die Chirurgen Herzpumpen bei Kindern überhaupt in Erwägung ziehen. An der "Klinik für kardiovaskuläre Chirurgie" der Berliner Charité wurde seit 1994 bei 12 von 900 operierten Kindern ein Kunstherz eingesetzt. Die Erfahrungen, die man dabei gemacht hat, werden in Kürze in der Fachzeitschrift "The Journal of Heart and Lung Transplantation" publiziert.
    Der Bedarf an Pumpen, die für Kinder geeignet sind, wird steigen, meint der Berliner Herzchirurg Alexandros Sidiropoulos. Denn die etwa 8000 Neugeborenen, die jährlich mit Herzfehlern geboren werden, können heutzutage entweder in den ersten Lebenstagen oder noch als Kleinkinder operiert werden mit dem Ziel, die Fehlbildungen am Herzen und den großen Gefäßen so gut wie möglich zu korrigieren. Dabei kann es aber vorkommen, dass ein schwaches Herz nach der Operation zunächst nicht in der Lage ist, ausreichend zu pumpen (Post-Myokardiotomie-Versagen) und die betroffenen Kinder in einen lebensbedrohlichen Zustand geraten. Hier ist eine künstliche Pumpe oftmals lebensrettend, denn nach einiger Zeit kann sich das Herz ausreichend gekräftigt haben. Ein weiterer Anlass, ein Kunstherz befristet anzuschließen, ist gegeben, wenn Kinder an akuten Entzündungen des Herzmuskels (Myokarditis) leiden oder wegen einer Herzmuskelschwäche unbekannter Ursache (Kardiomyopathie) auf die Transplantation eines Spenderherzens warten. (Bei Erwachsenen hat man in Einzelfällen auch schon beobachtet, dass ein durch Kardiomyopathie geschädigtes Herz nach längerer Unterstützung durch eine Pumpe sich soweit erholte, dass auf eine Transplantation verzichtet werden konnte. In der Charité ist es bisher auch einmal gelungen, ein Kind von der Pumpe wieder abzukoppeln, an die es wegen einer Kardiomyopathie angeschlossen worden war. Das Kind ist seither wohlauf.)

    In der Charité wird das pneumatisch betriebene, gepulste Pumpsystem "Medos" (Medos-HIA-VAD) verwendet, das ursprünglich im Aachener Helmholtz- Institut entwickelt worden ist und in Europa auch kommerziell vertrieben wird. Es ist in sechs Kammergrößen verfügbar und pumpt dann bei jedem "Schlag" 9, 10, 22,5, 25, 54 oder 60 ml.
    Die Pumpe bleibt außerhalb des Körpers. Meist genügt eine die linke Herzkammer unterstützende Pumpe. Sie bildet mit 2 Schläuchen einen Nebenschluß zum Herzen, das auf diese Weise entlastet wird. Nach Spaltung des Brustbeins wird der eine Schlauch der Pumpe mit der Brustschlagader (Aorta) und der zweite mit dem linken Herzen vernäht.
    Die Pumpen werden auf eine Frequenz zwischen 50 und 120 Schlägen pro Minute eingestellt. Das führt zu einem ausreichend hohen Umsatz von Blut, obwohl der Pulsschlag der Kinder zwei bis drei Mal so hoch sein kann. Da das Gehäuse der Pumpe durchsichtig ist und auf dem Bauch des Kindes liegt, kann der Pumpvorgang jederzeit gut beobachtet werden. Dank der Transparenz konnte in einem Fall rechtzeitig entdeckt werden, dass sich ein Blutgerinnsel gebildet hatte. Die Pumpe wurde ausgetauscht.
    Am häufigsten, nämlich fünfmal, setzte man in Berlin das Medos-System ein, weil nach einer Herzfehlerkorrektur das kindliche Herz zu versagen drohte. In einem Fall führte der Einsatz der Pumpe zur Ausheilung einer Kardiomyopathie (wie oben angeführt) und drei weitere Kinder konnten mit dem System die Zeit überbrücken, bis ihnen ein Fremdorgan transplantiert werden konnte.
    Drei Kinder wurden nicht an das Medossystem, sondern an eine Zentrifugalpumpe (Biomedicus) angeschlossen, die das Blut kontinuierlich (im Gegensatz zur gepulsten Austreibung des Medossystems) befördert. Bei Zentrifugalpumpen muß der Patient Mittel (Heparin) erhalten, die sein Blut vor Gerinnselbildungen schützen, die aber auch die Gefahr von Blutungen im Körper erhöhen. Solche Pumpen werden kaum länger als 2-3 Tage verwendet.
    8 der 12 sonst totgeweihten Kinder überlebten. Bei denen, die starben, war stets die bei Verwendung von Kunstherzen typische Komplikation - eine schwere Infektion - Ursache des Todes. Deshalb werden für Kunstherzträger jetzt in der Charité noch intensivere Schutzmaßnahmen vor möglichen Infektionen ergriffen. Die Berliner Ärzte erkannten weiter, dass bei bereits eingetretenem Schock auch der Einsatz einer Pumpe vergeblich bleibt. In solchen Fällen sei man daher zukünftig sehr zurückhaltend, sagte Sidiropoulos.
    Silvia Schattenfroh

    ___________________________________________________
    Charité
    Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin

    Dekanat
    Pressereferat-Forschung
    Dr. med. Silvia Schattenfroh
    Schumannstraße 20/21
    10117 Berlin

    FON: (030) 2802-2223
    FAX: (030) 2802-3625
    e-mail: silvia.schattenfroh@charite.de


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    Criteria of this press release:
    Medicine, Nutrition / healthcare / nursing
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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