idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Auf der Suche nach wirksamen und sicheren Therapeutika für die Hyposensibilisierung untersuchten Mitarbeitende des Paul-Ehrlich-Instituts und der Justus-Liebig-Universität Gießen die Wirkung des Birkenpollenallergen-enthaltenden Fusionsproteins rFlaA:Betv1 auf B-Zellen (bestimmte Immunzellen). rFlaA:Betv1 führt zur Differenzierung der B-Zellen zu regulatorischen Zellen. Diese produzieren Antikörper und Botenstoffe (Interleukine), die allergischen Reaktionen entgegenwirken. Diese und weitere Befunde machen Fusionsproteine zu vielversprechenden Kandidaten für die allergenspezifische Immuntherapie (AIT). Über die Ergebnisse berichtet Allergy in seiner Online-Ausgabe vom 04.10.2022.
Hintergrund
Etwa ein Viertel der Bevölkerung ist von Allergien betroffen. Am häufigsten werden diese Allergien durch eine Immunglobulin IgE-vermittelte Überempfindlichkeit des Immunsystems ausgelöst.
Meist werden nur die Symptome der Allergie behandelt. Eine allergenspezifische Immuntherapie (AIT) bietet dagegen die Möglichkeit, Allergien deutlich abzuschwächen oder gar zu heilen. Hierbei wird das Immunsystem desensibilisiert, also unempfindlich gemacht, indem es regelmäßig, über mehrere Jahre hinweg mit steigenden Dosen des Antigens konfrontiert wird. Bei erfolgreicher Behandlung entwickelt sich eine Toleranz gegenüber dem Allergen, sodass es nicht mehr zu Allergiesymptomen kommt. Nicht für jede Allergie ist dies bisher möglich.
Kombination besser als Einzelkomponenten: Fusion aus Allergen und Adjuvans für die Immuntherapie?
Bisherige AITs nutzen ein Gemisch aus nicht einheitlichen Allergenen und Wirkverstärkern (Adjuvanzien). Zwar gibt es für einige Allergene bereits etablierte erfolgreiche allergenspezifische Immuntherapien, für viele Allergene sind jedoch noch keine AIT etabliert.
Als vielversprechende Kandidaten für die AIT gelten Allergen-Adjuvans-Fusionsproteine – also zusammengesetzte Proteine. Das im Paul-Ehrlich-Institut entwickelte Fusionsprotein rFlaA:Betv1 setzt sich aus dem Birkenpollen-Antigen Bet v 1 und dem als Adjuvans dienenden Flagellenprotein rFlaA eines Bakteriums (Listeria monocytogenes) zusammen. Im Tiermodell ließ sich mit dem Fusionsprotein die Entwicklung einer Birkenpollen-Allergie verhindern. Der Wirkmechanismus ist jedoch noch nicht vollständig geklärt. In früheren Arbeiten hatte die Arbeitsgruppe bereits gezeigt, dass das Fusionsprotein rFlaA:Betv1 im Gegensatz zu einer Mischung aus beiden Einzelproteinen zu einer erhöhten Ausschüttung des Botenstoffs Interleukin 10 (IL-10) führt. IL-10 hemmt die allergenspezifische, überschießende Reaktion von Typ2-T-Helferzellen (TH2). Außerdem scheint das Hervorrufen von allergenspezifischen regulatorischen T-Zellen und Immunglobulin G (IgG)-Antikörper eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Allergien zu spielen.
Aktuelle Studie untersucht weitere Wirkmechanismen
Die vorliegende Studie hatte zum Ziel, weitere Erkenntnisse zum immunmodulierenden Einfluss von rFlaA:Betv1 auf Immunzellen des Körpers zu gewinnen. Im Fokus standen diesmal die B-Zellen des Immunsystems. Hierzu wurden undifferenzierte B-Zellen von Mäusen und Menschen in Zellkulturen (in vitro) untersucht. Das Fusionsprotein löste eine mTOR- und MyD88-abhängige Differenzierung der B-Zellen aus. Das bedeutet, dass mTOR, ein zentrales regulierendes Protein im Zellstoffwechsel, und das MyD88-Protein, das der Weiterleitung von Signalen innerhalb der Immunzellen dient, in den Wirkmechanismus eingebunden sind.
Die differenzierten B-Zellen entwickelten in Folge regulatorische Fähigkeiten: Sie vermittelten die Freisetzung von IL-10- und IL-6, eine antigenbindende Antikörperproduktion und immunhemmende Eigenschaften.
Die Forschungsergebnisse legen nahe, dass die allergieunterdrückende Wirkung von Flagellin-Fusionsproteinen zum Teil auf ihrer Fähigkeit beruht, die Differenzierung funktioneller regulatorischer B-Zellen auszulösen. Diese und frühere Befunde machen Flagellin:Allergen-Fusionsproteine zu hochinteressanten therapeutischen Kandidaten für künftige AIT-Ansätze.
Zitat:
PD Dr. Stefan Schülke, Projektleiter der Arbeitsgruppe „Preclinical Development of Recombinant Allergen Vaccines“ am Paul-Ehrlich-Institut:
“Das von uns entwickelte Fusionsprotein rFlaA:Betv1, bestehend aus Flagellin und Birkenantigen, besitzt das Potenzial, fehlgeleitete Immunreaktionen günstig zu beeinflussen und damit die Birkenpollenallergie zu behandeln. So ruft das Protein die Reifung von regulatorischen B-Zellen hervor, die u. a. über die Ausschüttung verschiedener Botenstoffe allergischen Reaktionen entgegenwirken.“
Goretzki A, Lin Y-L, Meier C, Dorn B, Wolfheimer S, Jamin A, Schott M, Wangorsch A, Vieths S, Jakob Th, Scheurer S, Schülke S (2022): Stimulation of naïve B cells with a fusion protein consisting of FlaA and Bet v 1 induces regulatory B cells ex vivo.
DOI: https://doi.org/10.1111/all.15542
https://onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/all.15542 - Artikel mit Link zur pdf-Datei
https://www.pei.de/DE/newsroom/pm/jahr/2022/16-fusionsprotein-rfla-betv1-induzie... - diese Pressemitteilung auf den Seiten des Paul-Ehrlich-Instittus
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Medicine
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).