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11/10/2022 10:50

MHH: 4,6 Millionen Euro Anschlussförderung für Zuckerforschung

Stefan Zorn Stabsstelle Kommunikation
Medizinische Hochschule Hannover

    DFG-Forschungsgruppe will Rolle der Sialinsäure als Regulator bei Entwicklungsprozessen und Krankheiten aufklären

    Zuckerverbindungen aus der Gruppe der Glykane übernehmen bei vielen biologischen Prozessen in unserem Körper eine wichtige Aufgabe. Indem sie sich chemisch mit Eiweißen und Fetten verbinden und diese dadurch verändern, regulieren sie etwa die Reifung der Nieren, die richtige Vernetzung von Nervenbahnen im Gehirn oder die Funktion des Immunsystems. An der Aufklärung dieser biochemischen Abläufe arbeitet ein Forschungsnetzwerk aus zehn Teams aus Deutschland und Österreich. Im Fokus steht dabei die Gruppe der sogenannten Sialoglykane, die ein Zuckermolekül namens Sialinsäure tragen. Diese spielt eine bedeutende Rolle für viele Prozesse in der Immunabwehr und der Embryonalentwicklung. Die Forschungsgruppe FOR2953 „Sialinsäure als Regulator in Entwicklung und Immunität“ wird bereits seit 2019 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt und erhält nun für weitere drei Jahre eine Anschlussförderung in Höhe von 4,6 Millionen Euro. Sprecherin ist Privatdozentin (PD) Dr. Martina Mühlenhoff, Wissenschaftlerin am Institut für Klinische Biochemie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Mit etwa 2,4 Millionen Euro geht mehr als die Hälfte der Fördersumme an die MHH.

    Wichtig für das Erkennen körpereigener Zellen

    „Sialinsäure ist ein ganz ungewöhnliches Zuckermolekül“, erklärt die Biochemikerin. So hilft Sialinsäure dem Immunsystem, körpereigene Zellen zu erkennen – und zwar ein Leben lang. Ein verändertes Sialinsäuremuster kann dazu führen, dass die Immunabwehr die eigenen Zellen nicht mehr toleriert, sondern attackiert — was etwa bei Autoimmunerkrankungen der Fall ist. Auch an der Regulation von Immunzellen des Gehirns und dem Schutz des Embryos vor Blutproteinen des mütterlichen Abwehrsystems hat Sialinsäure maßgeblichen Anteil.

    Chemische Varianten der Sialinsäure erforschen

    Dank der engen Zusammenarbeit innerhalb der FOR2953 haben die Forschenden nun am Maus-Modell herausgefunden, dass die Antikörper-produzierenden B-Zellen des Immunsystems nicht überleben können, wenn ihnen Sialinsäure fehlt. „Die Abwehrzellen erhalten dann das Signal, in den programmierten Zelltod zu gehen und sterben ab“, erklärt die Wissenschaftlerin. Jetzt wollen die Forschenden mehr in die Tiefe gehen und sich die unterschiedlichen chemischen Varianten der Sialinsäure genauer anschauen. Dabei können kleine Unterschiede eine große Wirkung entfalten. PD Dr. Mühlenhoff interessiert sich vor allem die sogenannte O-Acetylierung. Hier hängt sich eine kleine Acetylgruppe an ein Sauerstoffatom der Sialinsäure und verändert sie dadurch chemisch. „Diese vermeidlich winzige Modifikation kann zum Beispiel bewirken, dass bestimmte Viren wie die Grippeerreger Influenza A oder Influenza B ihre Wirtszellen im Körper nicht mehr erkennen können“, stellt die Biochemikerin fest. Andere Viren wiederum brauchen genau dieses kleine Anhängsel, um Körperzellen befallen zu können. „Es gibt in unserem Körper unglaublich viele chemische Varianten der Sialinsäure“, sagt die Wissenschaftlerin. „Darüber hinaus ist aber auch entscheidend, wo genau die Sialinsäure mit dem Glykan verknüpft ist.“

    Prozesse besser verstehen

    Mit modernsten Analysemethoden wollen die Forschungsteams der MHH nun aufdecken, welche unterschiedlichen Formen der Sialinsäure vorkommen und welche biochemischen Prozesse sie im Einzelnen regulieren. „Wir haben jetzt erstmals das nötige Werkzeug, um die Strukturen der Sialinsäure-Varianten sichtbar zu machen und ihre Funktion zu untersuchen“, stellt PD Dr. Mühlenhoff fest. Die DFG-Forschungsgruppe aus Biochemikern, Genetikern, Immunologen und Strukturbiologen möchte dank dieser neuen Erkenntnisse besser verstehen, wie Sialoglykane zu Entwicklungsstörungen, Schwangerschaftskomplikationen sowie zu Autoimmun- und altersbedingten Entzündungserkrankungen beitragen. „Nur, wenn wir die Prozesse besser verstehen, können wir die Krankheiten irgendwann auch besser behandeln“, betont die Wissenschaftlerin.

    SERVICE:

    Weitere Informationen erhalten Sie bei PD Dr. Martina Mühlenhoff, muehlenhoff.martina@mh-hannover.de, Telefon (0511) 532-6547.


    Images

    Ein kleines Anhängsel kann große Wirkung haben: PD Dr. Martina Mühlenhoff mit dem Molekülmodell der Sialinsäure und einer Acetylgruppe.
    Ein kleines Anhängsel kann große Wirkung haben: PD Dr. Martina Mühlenhoff mit dem Molekülmodell der ...
    Copyright: „Karin Kaiser / MHH“


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Medicine
    transregional, national
    Research projects
    German


     

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