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12/14/2022 12:49

Einige Krebszellen sind vielleicht weniger unsterblich als ursprünglich gedacht

Petra Giegerich Kommunikation und Presse
Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Untersuchungen bei Bäckerhefe liefern Hinweise auf mögliche Angriffspunkte für die Bekämpfung von Krebszellen

    Forschende der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) und des Instituts für Molekularbiologie (IMB) in Mainz haben möglicherweise neue Erkenntnisse darüber gewonnen, wie Krebszellen die Enden ihrer Chromosomen, die sogenannten Telomere, regulieren. Bestimmte Krebsarten nutzen eine spezifische Art der Telomerregulierung, genannt ALT. Bisher wurde angenommen, dass ALT den Krebszellen ermöglicht, unsterblich zu werden. Prof. Dr. Brian Luke und seine Gruppe fanden jedoch heraus, dass diese Zellen eine Seneszenz durchlaufen können. Das würde bedeuten, dass sie für Medikamente anfällig sind, die seneszente Zellen abtöten. Diese Erkenntnis könnte den Weg für neue Therapien ebnen, die das Wachstum von ALT-Krebszellen verlangsamen oder stoppen.

    Krebs ist nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen und gehört zu den am schwersten zu behandelnden Krankheiten. Die Hauptursache aller Krebsarten ist das unkontrollierte Wachstum von Krebszellen, die sich schnell vermehren, bis sie große Tumoren bilden, die sich im ganzen Körper ausbreiten und Krankheit oder sogar Tod verursachen. Der Grund, warum Krebszellen so schnell wachsen, liegt zum Teil in ihrer Fähigkeit, die Enden ihrer DNA, die Telomere, zu verlängern.

    Wenn sich normale, gesunde Zellen teilen, werden die Enden ihrer Chromosomen bei jeder Teilung kürzer. Schließlich werden sie so kurz, dass die Zelle merkt, dass es ein Problem gibt, und ihre Teilung einstellt. Diese Unterbrechung der Zellteilung wird als replikative Seneszenz bezeichnet und ist ein wichtiger Sicherheitsmechanismus, der verhindert, dass Zellen bösartig werden.

    Krebszellen umgehen Sicherheitsmechanismus

    Krebszellen finden jedoch Wege, diesen Mechanismus zu umgehen, indem sie ihre Telomere verlängern und so verhindern, dass sie kurz werden. Dadurch können sie sich weiter teilen und vermehren – und werden praktisch unsterblich. Die meisten Krebsarten aktivieren dazu einen Faktor namens Telomerase, der mehr telomerische DNA an die Enden der Chromosomen anhängt. Etwa 15 Prozent der Krebsarten aktivieren einen alternativen Mechanismus – abgekürzt ALT für Alternative Lengthening of Telomeres. Hierbei verwendet die Zelle ihre eigenen Telomere als Vorlage, um mehr Kopien der telomerischen DNA herzustellen.

    Bisher ging die Wissenschaft davon aus, dass ALT Krebszellen unsterblich macht – dass sie ewig wachsen und sich teilen können. Das Labor von Brian Luke hat nun in seiner jüngsten Studie herausgefunden, dass dies nicht der Fall ist. Um zu untersuchen, wie ALT funktioniert, verwendet die Arbeitsgruppe Bäckerhefe. „Unter bestimmten Bedingungen können Hefezellen ihre Telomere auf fast identische Weise wie ALT-Krebszellen verlängern. Wir nennen sie ALT-Hefe", erklärt der Biochemiker Brian Luke. Stefano Misino, ein ehemaliger Doktorand in Lukes Labor, sagt: „Wir entdeckten, dass ALT-Hefen nur dann unsterblich erscheinen, wenn wir sie als gemischte Population von Zellen mit unterschiedlichen Telomerlängen züchten. Als wir jedoch ALT-Hefezellen isolierten und einzeln züchteten, konnten wir deutlich sehen, dass sie nach mehreren Zellteilungen immer langsamer wuchsen.“ Es zeigte sich, dass die Telomere in diesen einzelnen ALT-Hefezellen mit der Zeit ebenfalls kürzer wurden.

    Dies deutet darauf hin, dass Zellen, die ihre Telomere mit ALT erhalten, immer noch eine replikative Seneszenz durchlaufen und möglicherweise nicht unsterblich sind. Dies ist ein spannendes Ergebnis, denn wenn ALT-Krebszellen tatsächlich einer Seneszenz unterliegen, könnten sie mit neuen Medikamenten behandelt werden, die gezielt seneszente Zellen abtöten.

    Darüber hinaus fanden Luke und sein Team heraus, dass ein RNA-Molekül namens TERRA, das an den Telomeren gebildet wird, die Geschwindigkeit der Seneszenz in ALT-Hefezellen steuern kann und offenbar beeinflusst, wie schnell sich die Telomere verkürzen. Der Wissenschaftler ist zuversichtlich, dass diese neuen Erkenntnisse den Weg für neue Strategien zur Behandlung von Krebserkrankungen ebnen werden. „Wenn wir einen Weg finden, die RNA zu manipulieren, könnten wir die Rate der Seneszenz in diesen ALT-Zellen erhöhen, um ihr Wachstum zu verlangsamen oder sogar zu stoppen.“

    Brian Luke ist Professor an der Universität Mainz und stellvertretender wissenschaftlicher Direktor am Institut für Molekulare Biologie. Die neue Arbeit wurde in der Fachzeitschrift Nucleic Acids Research veröffentlicht.

    Über das Institut für Molekulare Biologie gGmbH

    Das Institut für Molekulare Biologie gGmbH (IMB) ist ein Exzellenzzentrum der Lebenswissenschaften, das 2011 auf dem Campus der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) eröffnet wurde. Die Forschung am IMB konzentriert sich auf drei aktuelle Gebiete: Epigenetik, Entwicklungsbiologie und Genomstabilität. Das Institut ist ein Paradebeispiel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen einer privaten Stiftung und öffentlichen Einrichtungen: Die Boehringer Ingelheim Stiftung (BIS) hat sich verpflichtet, die Grundfinanzierung des IMB von 2009 bis 2027 mit insgesamt 154 Millionen Euro zu fördern. Das moderne Forschungsgebäude wurde mit 50 Millionen Euro durch das Land Rheinland-Pfalz finanziert. Von Herbst 2020 bis Mitte 2027 stellt das Land 52 Millionen Euro zur Grundfinanzierung des IMB bereit. Weitere Informationen zum IMB finden Sie unter https://www.imb.de/.

    Bildmaterial:
    https://download.uni-mainz.de/presse/10_idn_imb_telomere.jpg
    Die Bäume stellen die Telomere dar, die sanften Hügel die Seneszenzkurven: Am unteren Ende der ersten Kurve erreichen die Zellen einen Tiefpunkt ihrer Vermehrung, erholen sich jedoch und bilden Überlebenskünstler (ALT).
    Abb./©: AG Brian Luke

    Weiterführende Links:
    https://www.imb.de/ - Institut für Molekulare Biologie (IMB)
    https://idn.biologie.uni-mainz.de/ - Institut für Entwicklungsbiologie und Neurobiologie (IDN)

    Lesen Sie mehr:
    https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/15114_DEU_HTML.php - Pressemitteilung „Zusammenhang zwischen überschüssigen R-Loops und DNA-Schäden mit möglichen Krankheitsfolgen festgestellt“ (02.02.2022)
    https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/10941_DEU_HTML.php - Pressemitteilung „Tanz der RNasen: Gezielte Koordination zur Beseitigung von RNA-DNA-Hybriden“ (20.02.2020)
    https://www.uni-mainz.de/presse/aktuell/538_DEU_HTML.php - Pressemitteilung „Brian Luke erhält Heisenberg-Professur“ (13.02.2017)


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Brian Luke
    Chromosomenbiologie
    Institut für Entwicklungsbiologie und Neurobiologie (IDN)
    Johannes Gutenberg-Universität Mainz und
    Institut für Molekulare Biologie (IMB)
    55099 Mainz
    Tel. +49 6131 39-21465
    E-Mail: b.luke@imb-mainz.de
    https://www.imb.de/research/luke/research


    Original publication:

    Stefano Misino et al.
    TERRA increases at short telomeres in yeast survivors and regulates survivor associated senescence (SAS)
    Nucleic Acids Research, 14. Dezember 2022
    DOI: 10.1093/nar/gkac1125
    https://academic.oup.com/nar/advance-article/doi/10.1093/nar/gkac1125/6885047?se...


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    Criteria of this press release:
    Journalists, Scientists and scholars, all interested persons
    Biology, Chemistry, Medicine
    transregional, national
    Research results, Scientific Publications
    German


     

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