idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
03/17/2023 11:51

IfW-Mittelfristprojektion: Hohe Energiepreise verschärfen strukturelle Wachstumsschwäche

Mathias Rauck Kommunikation
Kiel Institut für Weltwirtschaft

    Höhere Energiepreise verschlechtern die Aussichten für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands dauerhaft. Damit verschärft sich der bereits in Gang gekommene demografisch bedingte Schwund der Wachstumskräfte. Mittelfristig flacht sich der Wachstumspfad der deutschen Wirtschaft spürbar auf nur noch 0,4 Prozent pro Jahr ab, ein Drittel des vormals langjährigen Durchschnitts. Dies geht aus der heute erschienenen Mittelfristprojektion des IfW Kiel hervor, die im Gegensatz zur Konjunkturprognose die mittelfristigen Wachstumsaussichten in den Blick nimmt.

    „Deutschland steht ein schwieriges Jahrzehnt bevor, das mehr als bislang durch Verteilungskonflikte geprägt sein wird“, sagt Stefan Kooths, Konjunkturchef und Vizepräsident des IfW Kiel, anlässlich der Mittelfristprojektion des Kiel Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) („Wachstumspfad flacht sich merklich ab“/https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/kieler-konjunkturberichte/2023/mittelfr...).

    „Weniger Menschen müssen künftig unter schwierigeren Rahmenbedingungen in Deutschland Wohlstand erwirtschaften. Gleichzeitig nimmt die Anzahl derer zu, die im Alter Ansprüche an die Sozialkassen erheben, ohne nennenswert zu deren Finanzierung beizutragen, vor allem im Gesundheits- und Rentensystem.“

    Bis 2027 flacht sich der Wachstumspfad der deutschen Wirtschaft auf nur noch 0,4 Prozent pro Jahr ab und beträgt damit nur noch rund ein Drittel des vormals langjährigen Durchschnitts von rund 1,3 Prozent. Maßgeblich dafür ist die Alterung der Gesellschaft und damit der Mangel an Arbeitskräften, hinzu kommt die Belastung durch strukturell höhere Energiepreise.

    Weniger Arbeitskräfte, teurere Produktion

    Auf dem Arbeitsmarkt wird 2024 der Zenit mit 45,9 Millionen Beschäftigten überschritten. Fortan scheiden mehr Personen aus dem Erwerbsleben aus, als neue hinzukommen. Im Schnitt verliert der deutsche Arbeitsmarkt dann fast 200.000 Erwerbspersonen pro Jahr. Obwohl im Projektionszeitraum laut Bericht jährlich rund 350.000 Menschen aus dem Ausland einwandern, was im historischen Vergleich ausgesprochen hoch ist, schrumpft die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter.

    Mehr Menschen in den Arbeitsmarkt zu bringen – etwa über bessere Kinderbetreuung oder flexiblere Arbeitszeitmodelle –, kann den Rückgang an Arbeitskräften zwar dämpfen, ihn aber nicht aufhalten.

    Auch die Arbeitszeit je Erwerbstätigen ist rückläufig. Ursächlich hierfür sind ein Anstieg der Teilzeitquoten sowie ein sinkender Anteil an Selbstständigen, die überdurchschnittlich viel arbeiten.

    Zusätzlich belasten die mittelfristig höheren Energiepreise die Wachstumsaussichten, weil für die Produktion wichtige Inputfaktoren knapper und teurer werden. Die genauen Auswirkungen sind schwierig zu quantifizieren, weil Energie als Produktionsfaktor in den gängigen Schätzverfahren bislang nicht explizit berücksichtigt wird. Im Vergleich zur Schätzung vor Beginn der Pandemie liegt das bei normaler Auslastung mögliche Produktionsvolumen mittelfristig knapp 80 Mrd. Euro pro Jahr niedriger. Diese Abwärtsrevision dürfte in erster Linie den Folgen der Energiekrise geschuldet sein.

    „Für die Wirtschaftspolitik kommt es nun darauf an, diejenigen Standortfaktoren zu stärken, die sie selbst in der Hand hat, um die Wachstumskräfte zu stärken. Dazu zählen die Qualität des Bildungssystems und der Infrastruktur, die Zweckmäßigkeit der Regulierung, unbürokratische staatliche Abläufe, eine angebotsorientierte Energiepolitik sowie eine maßvolle Abgabenquote, die nicht zuletzt im internationalen Standortwettbewerb um Fachkräfte entscheidend ist”, so Kooths.

    „Erwartungen an positive Wachstumseffekte durch Dekarbonisierungsinvestitionen sind unrealistisch, weil hierdurch in erster Linie vorhandene Produktionskapazitäten umgebaut, nicht aber neue aufgebaut werden. Von daher wirken sie auf absehbare Zeit eher wachstumsdämpfend. Zwar profitieren einzelne Branchen, dafür verlieren aber andere, von denen knappe Ressourcen abgezogen werden. Die Arbeitskräfte für das vom Wirtschaftsminister ausgerufene, gigantische Beschäftigungsprogramm‘ sind schon jetzt nicht da. Sie können daher nur aus anderen Branchen kommen, die dann weniger produzieren. Ein Wirtschaftswunder lässt sich auf diese Weise nicht herbeiführen.”

    Jetzt IfW-Mittelfristprojektion lesen: „Wachstumspfad flacht sich merklich ab“ (https://www.ifw-kiel.de/de/publikationen/kieler-konjunkturberichte/2023/mittelfr...)

    Über die Mittelfristprojektion:
    In seiner Mittelfristprojektion schätzt das IfW Kiel die Wirtschaftsleistung in Deutschland, die bei normaler Auslastung der Produktionsstrukturen, also aller Arbeitskräfte und des Kapitalstocks, zu dem etwa Maschinen oder die technische Ausstattung eines Unternehmens zählen, erbracht werden kann. Dies entspricht dem sogenannten Produktionspotenzial und beschreibt den mittel- bis langfristigen Wachstumspfad der deutschen Wirtschaft.

    Der technische Fortschritt, mehr Arbeitskräfte und Investitionen erhöhen grundsätzlich das Potenzial. Bürokratische Hemmnisse und unrentabel gewordene Produktionsstrukturen schmälern es.

    Die tatsächliche Produktion in einem Jahr – das Bruttoinlandsprodukt – weicht in aller Regel vom Produktionspotenzial ab. Im Boom überschießt das Bruttoinlandsprodukt sein Potenzial – Menschen machen Überstunden, Maschinen laufen länger. In der Rezession fällt es unter das Normalniveau – Menschen gehen in Kurzarbeit, Maschinen stehen still.

    Medienansprechpartner:
    Mathias Rauck
    Pressesprecher
    +49 431 8814-411
    mathias.rauck@ifw-kiel.de

    Kiel Institut für Weltwirtschaft
    Kiellinie 66 | 24105 Kiel
    T +49 431 8814-774
    F +49 431 8814-500
    www.ifw-kiel.de


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Stefan Kooths
    Vizepräsident IfW Kiel,
    Direktor Konjunktur und Wachstum
    +49 431 8814-579
    +49 30 2067-9664
    stefan.kooths@ifw-kiel.de


    Images

    Criteria of this press release:
    Business and commerce, Journalists, Scientists and scholars
    Economics / business administration, Politics, Social studies
    transregional, national
    Transfer of Science or Research
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).