idw - Informationsdienst
Wissenschaft
Temporäre Beschäftigung in Form von Befristung und Zeitarbeit ist in Deutschland im Schnitt mit längeren Pendelstrecken verbunden als unbefristete Beschäftigung. Haben Männer einen befristeten Arbeitsvertrag, ist ihr Pendelweg um 6 % länger als wenn sie unbefristet beschäftigt sind; sind sie bei Zeitarbeitsfirmen beschäftigt, verlängert sich ihr Pendelweg sogar um 17 %. Bei Frauen fallen die Unterschiede jeweils geringer aus (4 % bzw. 6 %). Diese erstmals auf Längsschnittdaten aus dem Sozio-oekonomischen Panel beruhenden Ergebnisse hat ein Forschendenteam unter Federführung des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB) kürzlich in der Fachzeitschrift Transportation veröffentlicht.
Einen wesentlichen Grund für die unterschiedlich langen Wege zur Arbeit sehen die Forscherinnen und Forscher in der fehlenden Stabilität des Arbeitsortes: „Die unsichere und kurzfristigere Beschäftigungsperspektive hält viele temporär Beschäftigte davon ab, für einen Jobwechsel näher an den neuen Arbeitsort zu ziehen“, erklärt die Soziologin Dr. Inga Laß vom BiB. Vor allem Beschäftigte in Zeitarbeitsfirmen haben häufig wechselnde Einsatzorte, wodurch sich ein Umzug zumeist nicht rentiert. Sie bleiben daher oft in ihrem gewohnten Wohnumfeld und nehmen längere Pendelwege in Kauf. Im Gegensatz dazu kann es für unbefristet Beschäftigte durch die langfristige Beschäftigungsperspektive lohnender sein, den Wohnort zu wechseln und in die Nähe des Arbeitsorts zu ziehen. Die geringeren Unterschiede bei den Frauen könnten darauf zurückzuführen sein, dass sie nach wie vor häufiger Hauptverantwortliche für Haus- und Familienarbeit und daher – insbesondere als Mütter – für den Job weniger räumlich flexibel sind.
Pendeln über längere Distanzen ist oft mit Stress verbunden
Zusätzlich zu den oft niedrigeren Löhnen und der größeren Arbeitsplatzunsicherheit sind temporär Beschäftigte mit einem weiteren Nachteil in Form von längeren Pendelwegen konfrontiert. „Längeres Pendeln ist mit einem erhöhten Stressempfinden verbunden“, ergänzt der Mobilitätsforscher PD Dr. Heiko Rüger. Temporär Beschäftigte mit langen Arbeitswegen sollten daher stärker in den Fokus von Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements wie Stressprävention und -bewältigung rücken. Zudem ist davon auszugehen, dass die genannten Nachteile die Attraktivität des Arbeitsplatzes reduzieren, wenn Beschäftigte zwischen unterschiedlichen Stellenangeboten abwägen. Arbeitgebende sollten dies zukünftig stärker berücksichtigen, wenn sie aufgrund des sinkenden Erwerbspersonenpotenzials zunehmend auf qualifizierte Arbeitskräfte angewiesen sind.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass lange Arbeitswege ein Nebeneffekt flexibler Arbeitsmärkte sein können, mit potenziell nachteiligen Auswirkungen auf das Wohlbefinden der Beschäftigten und für die Umwelt.
Dr. Inga Laß
Tel. 0611 - 75 3597
PD Dr. Heiko Rüger
Tel. 0611 - 75 4688
Laß, I., Skora, T., Rüger, H., Wooden, M. & Bujard, M.: Does temporary employment increase length of commuting? In Transportation (online first)
https://doi.org/10.1007/s11116-023-10374-4
Verlängerung der Pendeldistanz bei befristeter Beschäftigung und Zeitarbeit im Vergleich zu unbefris ...
Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Economics / business administration, Politics, Social studies, Traffic / transport
transregional, national
Research results
German
You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.
You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).
Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.
You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).
If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).