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Wissenschaft
- Forschende der Uni Kiel haben 163 akademische Spin-offs – also technologiebasierte Gründungen aus einer Universität oder anderen Forschungseinrichtung heraus – in einer Langzeitstudie untersucht
- Mehr als zwei Drittel der Spin-offs konnten sich behaupten oder wurden von anderen Firmen übernommen, nur rund 29 Prozent sind aus dem Markt ausgeschieden
- Gründungsteams aus der Wissenschaft verkürzten die Zeit bis zu ersten internationalen Umsätzen um mehr als die Hälfte
Die ersten Jahre sind für Technologie-Start-ups die entscheidenden. Sie müssen sich am Markt etablieren, eine Reputation aufbauen und möglichst frühzeitig international Fuß fassen. Gleiches gilt für Unternehmen, die sich aus einer Forschungseinrichtung wie einer Universität heraus gründen. „Im Durchschnitt brauchen akademische Spin-offs etwa drei Jahre, um ihre ersten internationalen Umsätze zu erzielen“, sagt Prof. Dr. Achim Walter vom Kiel Institute für Responsible Innovation (KIRI) an der Uni Kiel. Das hört sich zunächst nicht so lang an. „Aber man muss bedenken, dass die Anfangszeit ohne verlässliche Kundennachfrage eine große Belastung für das neue Unternehmen darstellt.“ Zusammen mit seiner Kollegin Dr. Monika Sienknecht und Partnern der Copenhagen Business School sowie der Wilfried Laurier University in Kanada hat er die Entwicklung von 163 akademischen Spin-offs über einen Beobachtungszeitraum von 18 Jahren verfolgt. Die Ergebnisse der Studie sind jetzt in der Zeitschrift Entrepreneurship Theory and Practice erschienen.
Erfahrung aus kooperativen Forschungsprojekten bringt Zeitvorteil
2005 begannen die Forschenden mit ersten Befragungen und der Auswertung von Karrieredaten von 487 Gründerinnen und Gründern. „Gründungsteams, deren Mitglieder während ihrer Zeit an einer Forschungseinrichtung Kooperationserfahrungen mit mehr als sechs Industriepartnern oder mit mehr als zwei internationalen Forschenden gesammelt haben, verkürzen die Zeit bis zum ersten Auslandsumsatz um mehr als die Hälfte“, fasst Professor Walter die Ergebnisse der Studie zusammen. Spin-offs mit dieser Kooperationserfahrung während der Forschungszeit sind somit international schneller erfolgreich. Die meisten der Spin-offs wurden von Promovierenden gegründet. „Sie erwerben über Forschungsprojekte, wenn sie kooperativ gestaltet werden, bereits wertvolle Kompetenzen für eine frühzeitige und erfolgreiche Internationalisierung ihrer späteren Ausgründungen“, sagt Professor Walter. „Dadurch erreichen sie eine beachtliche Beschleunigung der Internationalisierung ihrer Geschäftstätigkeit. Gerade für den Verkauf innovativer Produkte, die auf neuesten Forschungsergebnissen basieren, ist es sehr wichtig, schnell eine Art ‚proof of concept‘ von Kunden im Ausland zu bekommen.“
„Die Ergebnisse der Studie bestätigen die Strategie der CAU, die Unterstützungsmaßnahmen für Ausgründungen zu intensivieren. Sie zeigen, dass gerade die Start-ups aus der Wissenschaft mit ihrer überdurchschnittlichen Entwicklung einen wichtigen Beitrag zum Wirtschaftswachstum in Schleswig-Holstein leisten können“, sagt Axel Koch, Leiter des Geschäftsbereichs Transfer an der CAU.
Internationalisierung für viele Neugründungen extrem wichtig
Die ibidi GmbH, eines der untersuchten Spin-offs mit Sitz in München, produziert beispielsweise Tech-Lösungen für die Darstellung von Zellbewegungen. „Wichtig war für uns auch, [nach der Gründung 2001] möglichst schnell in die USA zu liefern. In Deutschland war es zunächst schwer, etwas zu verkaufen. Bekanntlich gilt ja der Prophet nichts im eigenen Land. Hinzu kam, dass Kunden in Deutschland bei neuen Produkten sehr zurückhaltend sind. In den USA war man da neugieriger und wollte von uns lernen“, sagt Dr. Valentin Kahl, CEO von ibidi, das mittlerweile fast 110 Mitarbeitende beschäftigt und in mehr als 40 Ländern aktiv ist.
Einmal gegründet, sind akademische Spin-offs oft erfolgreich
Die Studie zeigt auch, dass hierzulande akademische Spin-offs mit ihrer primär forschungsgetriebenen Erfahrung gute Chancen haben, im Markt zu bleiben. 106 der insgesamt 163 Unternehmen (ca. 65 Prozent) haben während des Untersuchungszeitraumes überlebt, zehn wurden von anderen Firmen übernommen (ca. sechs Prozent). Nur 47 sind aus dem Markt ausgeschieden (ca. 29 Prozent). Auch internationale Studien bescheinigen akademischen Spin-offs eine sehr hohe Überlebensrate, die innerhalb der ersten fünf Jahre bei rund 80 Prozent und höher liegen kann. Zum Vergleich: Die allgemeine Überlebensrate von Neugründungen liegt in Deutschland nach fünf Jahren bei etwa 37 Prozent (Statistisches Bundesamt: Unternehmensdemografie laut Unternehmensregister, Wiesbaden 2022).
„Diese Ergebnisse sind wirklich ermutigend in Hinblick auf Karriereperspektiven von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Sie zeigen, dass eine wissenschaftliche Tätigkeit gute Voraussetzungen bietet, auch in diesem Bereich erfolgreich zu sein. Dass dies insbesondere dann gilt, wenn in den Qualifizierungsphasen eigene internationale und interkulturelle Erfahrungen gesammelt wurden, ist für die Karriereberatungen des Postdoc-Zentrums ein wichtiger Aspekt, den wir zukünftig mit bedenken werden“, erklärt Dr. Gesche Braker, Direktorin des Postdoc-Zentrums an der CAU.
Ein Vorteil von akademischen Spin-Offs ist, dass sie häufig mithilfe von Fördermitteln und auf Basis neuester Technologie auf den Weg gebracht werden. Zudem erfolgt die Gründung in der Regel wohlüberlegt, das heißt nicht aus einer Notsituation heraus, sondern nach einer oft mehr als einjährigen, intensiven Vorbereitung, die u.a. eine gründliche Betrachtung der Marktsituation beinhaltet. An der CAU berät das zum Geschäftsbereich Transfer gehörende Zentrum für Entrepreneurship (ZfE) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die diesen Schritt gehen wollen.
Originalpublikation:
Walter, A., Coviello, N., Sienknecht, M., & Ritter, T. (2022). Leveraging the Lab: How Pre-Founding R&D Collaboration Influences the Internationalization Timing of Academic Spin-Offs. Entrepreneurship Theory and Practice, 0(0). https://doi.org/10.1177/10422587221141678
Ein Foto steht zum Download bereit:
https://www.uni-kiel.de/fileadmin/user_upload/news/20230214_kiri-foerderung.jpg
Prof. Dr. Achim Walter und Dr. Monika Sienknecht vom Kiel Institute for Responsible Innovation (KIRI) der CAU.
© Aliaksandr Tarasevich, Uni Kiel
Kontakt:
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E-Mail: walter@bwl.uni-kiel.de
Telefon: 0431 880-3999
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel
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Prof. Achim Walter
E-Mail: walter@bwl.uni-kiel.de
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Walter, A., Coviello, N., Sienknecht, M., & Ritter, T. (2022). Leveraging the Lab: How Pre-Founding R&D Collaboration Influences the Internationalization Timing of Academic Spin-Offs. Entrepreneurship Theory and Practice, 0(0). https://doi.org/10.1177/10422587221141678
Criteria of this press release:
Journalists
Economics / business administration
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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