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Prof. Dr. Peter Wedde erläutert in seinem Statement arbeitsrechtliche Regeln für heiße Sommertage
Auch in diesem Sommer folgt eine Hitzewelle der nächsten. Viele Beschäftigte haben es am Arbeitsplatz nicht nur warm, sondern richtig heiß. Besonders hart sind hohe Temperaturen für alle, die draußen in der Sonne arbeiten müssen, etwa im Baubereich. Aber auch ohne direkte Sonneneinstrahlung leiden alle Beschäftigten, die nicht das Privileg einer Klimatisierung ihrer Arbeitsplätze haben, unter der Hitze. Welche Rechte Betroffene in dieser Situation haben und was Arbeitgeber tun können oder müssen, um erträgliche Arbeitsbedingungen zu sichern, erläutert Prof. Dr. Peter Wedde, emeritierter Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS).
„Wenn es in Produktionsgebäuden, Werkstätten oder Büros oder bei der Arbeit im Freien im Sommer zu heiß wird, wünschen sich viele Beschäftigte das „Hitzefrei“ aus ihrer Schulzeit zurück. Im Arbeitsrecht gibt es so etwas nicht. Paragraph 618 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet Arbeitgeber lediglich allgemein dazu, geeignete Arbeitsräume zur Verfügung zu stellen. Nach der Arbeitsstättenverordnung muss dort eine gesundheitlich zuträgliche Temperatur herrschen. Aber natürlich ist es Arbeitgebern bei extremen Temperaturen unbenommen, die Arbeitszeit auf freiwilliger Basis zu verkürzen. Auch ein Vorverlegen des Arbeitsbeginns kann helfen, wenn Beschäftigte früher zur Arbeit kommen können.“
Vorgaben für Arbeitgeber zum Umgang mit hohen Raumtemperaturen finden sich in den „Technischen Regeln für Arbeitsstätten“. Steigen Außen- und die Innentemperaturen über 26 Grad Celsius, müssen sie hiernach spezifische Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten ergreifen, die schwere körperliche Arbeit verrichten oder die schwere Arbeits- oder Schutzbekleidung tragen müssen. Gleiches gilt beim Vorliegen individueller gesundheitlicher Vorbelastungen. Bei mehr als 30 Grad müssen diese Schutzmaßnahmen auf alle Beschäftigten ausgedehnt werden.
Welche Maßnahmen Arbeitgeber treffen müssen, hängt nach den Worten von Wedde ganz entscheidend von der individuellen Arbeitssituation ab: „Wer bei 30 Grad am Schreibtisch sitzt, für den müssen andere Schutzvorkehrungen getroffen werden als für Beschäftigte in der Produktion, die körperlich schwer arbeiten. Unabhängig von der Art der Tätigkeit sollten Arbeitgeber bei hohen Temperaturen immer für eine ausreichende Versorgung mit kostenlosen Getränken sorgen, auch wenn diese Maßnahme erst ab 30 Grad vorgeschrieben ist. Auch das Austeilen von Ventilatoren, die Lockerung von Bekleidungsvorgaben oder eine vorsorgliche Lüftung in kühleren Morgenstunden können helfen, die Arbeit in heißen Sommern erträglicher zu machen. Und unkonventionelle Maßnahmen wie das Austeilen von Schüsseln mit Eiswasser zur persönlichen Abkühlung zwischendurch oder von kostenlosem Speiseeis in der Pause für alle senkt zwar die Raumtemperatur nicht, hebt aber zumindest die Stimmung der Betroffenen.“
Erreicht die Raumtemperatur 35 Grad, darf in Betrieben nur noch beim Vorhandensein spezifischer Vorkehrungen wie etwa Luftduschen oder Wasserschleiern gearbeitet werden. Gleiches gilt für besonders hitzebelastete Arbeitsplätze im Freien, etwa im Bereich des Straßen- oder Landschaftsbaus. Können bei diesem Temperaturniveau notwendige Schutzmaßnahmen nicht getroffen werden, führt dies zu einem indirekten „Hitzefrei“. „Bei Raumtemperaturen von mehr als 35 Grad darf in Büros oder Werkhallen nicht mehr gearbeitet werden. Arbeitgeber können Beschäftigte in diesen Fällen aber in kühlere Räume umsetzen, wenn dies möglich ist. Ist es überall zu heiß, bleibt nur noch, sie nach Hause zu schicken. Ihre Lohn- oder Gehaltsansprüche bestehen in diesen Fällen fort. Dies gilt nicht, wenn Beschäftigte bestehende Gleitzeitguthaben verwenden, um früher aufzuhören.“
„Unabhängig von aktuellen Hitzewellen müssen Arbeitgeber sich mit Blick auf fortschreitende Klimaveränderungen schnell darüber Gedanken machen, wie sie die Raumtemperaturen in den Betrieben grundsätzlich und dauerhaft reduzieren können. Dies lässt sich mit einer besseren Isolierung von Gebäuden ebenso erreichen wie durch den Einbau von Lüftungs- und Kühlungssystemen“, merkt Wedde grundsätzlich an und verweist darauf: „Arbeitgeber müssen sich klarmachen, dass nach dem Hitzesommer auch vor dem Hitzesommer ist und wirksame Maßnahmen jetzt einleiten. Wer am Arbeitsplatz für ein gesundes Raumklima sorgt, der stellt zugleich sicher, dass Beschäftigte dort auch im nächsten Sommer noch gern arbeiten. Die Investition in Wärmeschutz sichert Arbeitskräfte.“
Zur Person:
Prof. Dr. Peter Wedde war bis zum Sommersemester 2021 Professor für Arbeitsrecht und Recht der Informationsgesellschaft an der Frankfurt UAS. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören das individuelle und kollektive Arbeitsrecht sowie Daten- und Beschäftigtendatenschutz. Er ist Herausgeber von juristischen Fachkommentaren zum gesamten Individualarbeitsrecht, zum Betriebsverfassungs- und zum Datenschutzrecht sowie Autor zahlreicher Buch- und Zeitschriftenbeiträge und Onlinepublikationen. Als Referent vertritt er seine Schwerpunktthemen regelmäßig auf Fachkonferenzen und in Praxisforen.
Frankfurt University of Applied Sciences, Fachbereich 2: Informatik und Ingenieurwissenschaften, Prof. Dr. Peter Wedde, Telefon: +49 171 3802499, E-Mail: wedde@fb2.fra-uas.de
Prof. Dr. Peter Wedde, emeritierter Arbeitsrechtexperte der Frankfurt University of Applied Sciences ...
Foto: privat
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