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Wissenschaft
Eine neue Studie unter der Leitung von Hirofumi Nakagami am Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung in Köln zeigt, dass sich einer der beiden Zweige der Immunabwehr bei Pflanzen wahrscheinlich schon während der Etablierung von Pflanzen an Land entwickelt hat. Dieser Einblick in die prähistorische Pflanzenimmunität könnte sich auf die Züchtung resistenterer Pflanzenarten auswirken.
Während der terrestrischen Evolution der Pflanzen entwickelten sich die Pflanzen von Wasserorganismen zu solchen, die an Land leben - ein entscheidender Wandel bei der Gestaltung der Ökosysteme, der Artenvielfalt und des Klimas unseres Planeten.
Es wird angenommen, dass symbiotische Interaktionen mit Mikroben für diese ersten Landpflanzen, die sich wahrscheinlich aus streptophytischen Grünalgen entwickelt haben, von wesentlicher Bedeutung waren, da sie eine bessere Nährstoffaufnahme ermöglichten.
Die meisten Mikroben in der Umwelt sind jedoch nicht freundlich gesinnt, so dass ein funktionierendes Immunsystem eine Schlüsselrolle dabei gespielt haben könnte, dass sich Pflanzen an Land etablieren konnten.
Das Team um Hirofumi Nakagami hat nun herausgefunden, dass der erste Zweig der pflanzlichen Immunabwehr, die von vielen Blütenpflanzen und ihren Verwandten eingesetzt wird, auch in der zweiten Hauptgruppe der Landpflanzen zu finden ist, zu der Moose, Lebermoose und Hornmoose gehören.
Ihre Ergebnisse deuten darauf hin, dass sich dieser Zweig der pflanzlichen Immunabwehr schon früh während der terrestrischen Evolution entwickelt hat und für die Anpassung der Pflanzen an Land wichtig gewesen sein könnte. Ihre Ergebnisse wurden jetzt in der Zeitschrift Current Biology veröffentlicht.
Der letzte gemeinsame Vorfahre der Landpflanzen entstand vor etwa 500 Millionen Jahren, woraufhin sich die Landpflanzen in Stämme mit Gefäßen (vaskulär) und ohne Gefäße (nicht-vaskulär) aufteilten.
Vaskuläre Pflanzen können über ihr Gefäßgewebe einen effizienteren Wasser- und Nährstofftransport durchführen und haben traditionell mehr Aufmerksamkeit von Wissenschaftler:innen und Pflanzenzüchter:innen erhalten, da sie alle Blütenpflanzen und Nutzpflanzenarten umfassen.
Studien über ihre nicht-vaskulären Verwandten können jedoch wichtige Erkenntnisse über die Evolution von Pflanzen liefern, z. B. darüber, wann sich bestimmte Merkmale und Fähigkeiten entwickelt haben und wie weit diese Merkmale im Allgemeinen unter den heute lebenden Landpflanzen verbreitet sind.
Ein besseres Verständnis der nicht-vaskulären Pflanzen könnte daher zur Verbesserung von Zuchtstrategien genutzt werden.
Nakagami und sein Team untersuchen zusammen mit Wissenschaftler:innen aus Japan und Spanien Marchantia polymorpha (Marchantia), eine Lebermoosart aus der Gruppe der nicht-vaskulären Pflanzen.
Bei vielen Landpflanzen wurde das Genom in großem Umfang verdoppelt, was die Entschlüsselung der Genfunktionen erschweren kann. Bei Marchantia gibt es jedoch oft nur eine Kopie jedes Gens, so dass es einfacher ist, die Funktionen der verschiedenen Gene zu ermitteln.
Die Forschenden wollten herausfinden, ob der erste Zweig der Pflanzenabwehr, die so genannte pattern-triggered immunity (PTI), auch bei Marchantia erhalten geblieben ist. Die PTI wird durch Rezeptoren an der Zelloberfläche vermittelt, die eindringende Organismen durch charakteristische Motive oder Muster wahrnehmen und diese Wahrnehmung in die Aktivierung von Abwehrgenen und anderen charakteristischen Reaktionen umsetzen.
Die Wissenschaftler:innen bestätigten zunächst, dass diese Reaktionen bei Marchantia tatsächlich vorhanden waren, indem sie sie mit Substanzen konfrontierten, von denen bekannt ist, dass sie PTI aktivieren. Die Analyse des Genoms des Leberblümchens zeigte das Vorhandensein von PTI-Rezeptoren, und als zwei von ihnen gestört wurden, verlor Marchantia die Fähigkeit, die Abwehrreaktionen auszulösen.
Das Vorhandensein von PTI in Nicht-Gefäßpflanzen deutet darauf hin, dass PTI bereits beim letzten gemeinsamen Vorfahren aller Landpflanzen und damit sehr früh nach der Landeroberung vorhanden war.
Dies deutet auch darauf hin, dass dieser Zweig der Immunität für die Besiedlung und das Überleben von Pflanzen an Land wichtig gewesen sein könnte. Das heißt, dass Strategien, die darauf abzielen, die PTI zu stärken, beispielsweise durch Gentransfer, bei allen Pflanzen, einschließlich Nutzpflanzen, sehr effektiv sein könnten.
Nakagami möchte nun herausfinden, wann genau sich PTI in Pflanzen entwickelt hat:
"Es ist faszinierend zu erfahren, wie sich Pflanzen an eine eher stressige terrestrische Umgebung angepasst haben, bevor sie die Landoberfläche der Erde umgestalteten und schließlich unserem Leben zugutekamen. Das Verständnis des Ursprungs und der Entwicklung des pflanzlichen Immunsystems kann uns neue Ideen für die Entwicklung universeller Pflanzenschutztechnologien liefern."
Dr. Hirofumi Nakagami
Max-Planck-Institut für Pflanzenzüchtungsforschung
email: nakagami@mpipz.mpg.de
https://doi.org/10.1016/j.cub.2023.07.068
DOI: 10.1016/j.cub.2023.07.068
Marchantia in freier Natur
Prof. Hidefumi Shinohara
Prof. Hidefumi Shinohara, Fukui Prefectural University, Japan
Criteria of this press release:
Journalists
Biology
transregional, national
Research results
German
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