idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
08/25/2023 08:45

Von Viren lernen: Molekulare Fasern können bei Einschleusen von genetischem Material in Zellen helfen

Dr. Christian Schneider Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Polymerforschung

    Viele Viren schaffen es, körpereigene Barrieren zu überwinden und in menschliche Zellen einzudringen. Diese Funktion könnte in Zukunft bei der sogenannten „Gentherapie“ von Nutzen sein: Inaktivierte Viren können mit neuer Funktion „programmiert“ werden und so genetisches Material in Zellen zu transportieren. Forschende um Tanja Weil und Christopher Synatschke vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung haben in enger Zusammenarbeit mit Jan Münch (Universität Ulm) nun lange Molekülfasern, bestehend aus sogenannten Peptiden, genauer untersucht, die den Eindringvorgang von Viren verstärken.

    Krankmachende Viren, die in den menschlichen Körper gelangen, können mit ihren tentakelartigen Fortsätzen an Zellen andocken, woraufhin die Zelle sich die Viren einverleibt. Dieser bereits bekannte und bei Krankheiten, wie z. B. HIV, stattfindende Prozess kann auch für Therapieansätze eingesetzt werden.
    In der sogenannten „Gentherapie“ geht es darum, genetisches Material in Zellen einzuschleusen. Dies erlaubt eine Vielzahl von Anwendungen: Defekte Gene in Zellen, wie sie z. B. bei Erbkrankheiten vorkommen, können gezielt ersetzt werden, um die fehlende Zellfunktionalität wieder zu erlangen. Ein anderes Beispiel sind T-Zellen, Immunzellen des Körpers, die so umprogrammiert werden können, dass sie entstehenden Krebs attackieren. In allen Fällen ist ein effizienter Transport genetischen Materials in die Zelle notwendig.
    Die Forschung nutzt nun diese Fähigkeit von Viren zum Eindringen in Zellen. Hierfür sind die Protein-Fortsätze, die an der Virenhülle angedockt sind, ein wichtiger Baustein: Sie sorgen für ein Andocken der Virenhüllen an der Zelle.
    Forschende um Direktorin Tanja Weil und Gruppenleiter Christopher Synatschke haben sich nun ein kleines Fragment dieser Protein-Fortsätze auf verschiedenen Größenskalen näher angeschaut. Das Molekül – ein sogenanntes „Peptid“ – besteht aus einer chemischen Verbindung verschiedener Aminosäuren. Mehrere der Moleküle aneinandergereiht können lange, spaghettiartige Gebilde, sogenannte „Peptidfasern“ bilden. Diese Fasern können als eine Art „Klebstoff“ zwischen sogenannten therapeutischen Viren und Zellhülle dienen, und damit den Prozess des Eindringens von Viren in Zellen verbessern. Durch eine verbesserte Bindung kann die Virendosis, die für eine Gentherapie notwendig ist, verringert und die Chancen für eine erfolgreiche Therapie erhöht werden.
    Das Team hat nun untersucht, wie der molekulare Aufbau aus verschiedenen Aminosäuren die strukturbildenden Eigenschaften beeinflusst: Wie werden also die Bildung von Fasern oder die Bindung zwischen Virus und Zelle von der molekularen Struktur beeinflusst?
    Hierfür haben sie über 150 verschiedene Moleküle, die auf dem ursprünglichen Proteinfragment basieren, untersucht. Um zu dieser Vielfalt an Molekülen zu gelangen, haben sie systematisch einzelne Aminosäuren ersetzt oder innerhalb des Moleküls vertauscht.
    „Einige der über 150 untersuchten Peptide sorgten tatsächlich dafür, dass die Bindung der Virenhülle an die Zelle verstärkt wurde. Bei anderen bildeten sich gar keine Faseraggregate, die für die Bindung hätten sorgen können“, so Kübra Kaygisiz, Erstautorin der Publikation. „Wir haben nun versucht herauszufinden, welche chemischen Eigenschaften der Moleküle vorrangig für die Bindung verantwortlich sind“, ergänzt Christopher Synatschke.
    „Wir konnten in unserer experimentellen Studie computergestützte Methoden anwenden, um verschiedene Eigenschaften zu identifizieren, die einen effizienten Gentransfer ermöglichen“, so Kübra Kaygisiz. „Überraschenderweise müssen sich unsere Moleküle auch wasserabweisend – hydrophob – verhalten sowie eine abwechselnde Anordnung von hydrophoben mit positiv geladenen Gruppen innerhalb des Moleküls aufweisen, um die Virusbindung zu erhöhen“, erklärt Kübra Kaygisiz. Dieses Prinzip konnten sie auch in anderen natürlich vorkommenden Proteinfragmenten finden, was eine universelle Eigenschafts-Aktivitätsbeziehung nahelegt und nun ermöglicht, mittels künstlicher Intelligenz neue Fasermaterialien vorauszusagen.
    Mit ihren Ergebnissen könnte in Zukunft die Gentherapie effektiver werden: Weniger Wirkstoff könnte, aufgrund der stärkeren Aufnahme durch die Zelle, die Therapiechancen erheblich verbessern. Ihre Ergebnisse haben sie in den renommierten Zeitschriften „Nature Communications“ und „Biomaterials Science“ veröffentlicht.


    Contact for scientific information:

    Dr. Christopher Synatschke
    synatschke@mpip-mainz.mpg.de


    Original publication:

    Kaygisiz, K.; Rauch-Wirth, L.; Dutta, A.; Yu, X.; Nagata, Y.; Bereau, T.; Münch, J.; Synatschke, C.; Weil, T.: Data-mining unveils structure–property–activity correlation of viral infectivity enhancing self-assembling peptides. Nature Communications 14, 5121 (2023).
    DOI: /10.1038/s41467-023-40663-6


    Images

    Peptidfasern können den Transport von therapeutischen Viren in Zellen unterstützen. In einer aktuellen Studie zeigen Forschenden des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung welche molekularen Eigenschaften wichtig sind, um diesen Vorgang zu ermöglichen
    Peptidfasern können den Transport von therapeutischen Viren in Zellen unterstützen. In einer aktuell ...


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Chemistry, Medicine
    transregional, national
    Scientific Publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).