idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
06/24/2004 16:42

Humboldt-Prof. Volker Gerhardt im Heidelberger Forum Biowissenschaft und Gesellschaft

Dr. Michael Schwarz Kommunikation und Marketing
Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg

    Kant und seine Philosophie der menschlichen Welt - Das "Forum" sucht den interdisziplinären Dialog zwischen Geistes- und Naturwissenschaften - Unterstützt von der Manfred Lautenschläger Stiftung

    Ein interessanter Vortrag von Volker Gerhardt, seines Zeichens Professor für Praktische Philosophie am Institut für Philosophie der Humboldt-Universität zu Berlin, lockte am gestrigen Abend zahlreiche Zuhörer in Vortrag und Diskussion des "Heidelberger Forums Biowissenschaft und Gesellschaft". Gegenstand seines Referats waren dabei philosophische Reflexionen zum "Begriff des Lebens".

    Den Ausgangspunkt nahm Volker Gerhardt bei Immanuel Kant, dessen 200. Todestag in diesem Jahr Anlass für vielfältige Beleuchtungen seines Werks bietet. Professor Gerhardt, der seit geraumer Zeit die Philosophische Ethik im Nationalen Ethikrat repräsentiert, zeigte hierbei eine in der Öffentlichkeit nur wenig bekannte Seite des großen Philosophen, der gemeinhin als preußischer Staatsdenker wahrgenommen wird. Gleichwohl jedoch war die kritische Philosophie Kants stets auch eine Philosophie der menschlichen Welt. Das Besondere dieser Welt liegt indes vor allem darin, dass sie den Menschen einzig unter der Bedingung der individuellen Leistung möglich macht. Dies setzt nun aber eine gewisse Berechenbarkeit der Welt voraus - im absoluten Chaos geht der Mensch verloren. Volker Gerhardt brachte in diesem Zusammenhang den amüsanten Vergleich eines Regenschirms, von dem wir grundsätzlich erwarten, dass er uns vor Niederschlag schützt - und nicht, dass er plötzlich zu einem Helikopterrotor mutiert, der uns ins All reißt. Vor diesem Hintergrund nun ist der Mensch erst in der Lage, in der eigenen Leistung einen Beitrag zur Entwicklung der menschlichen Kultur und damit zur Bedingung seines Daseins zu erkennen.

    Weiterhin betonte der Referent den systematischen Zusammenhang von Vernunft und Leben. Immerhin machte Kant mit dem Begriff des Lebens das Phänomen der Vernunft erst verständlich, erklärte der seit 1998 im Vorsitz der Bioethik-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG vertretene Wissenschaftler, dessen Interessen vor allem bei den Grundlegungsproblemen der Praktischen Philosophie mit besonderer Beachtung der Beziehungen zur Biologie und Anthropologie, auf Bioethik, Beziehungen zwischen Natur, Gesellschaft und menschlichem Bewusstsein, sowie der konstitutiven Rolle der Individualität liegen. Hierin begründeten sich auch seine überaus interessanten Ausführungen zum Begriff der Freiheit. Denn "Kants größte Leistung liegt in der unwiderleglichen Demonstration der menschlichen Freiheit. Er kann zeigen, dass jeder, der Freiheit leugnet, selbst Freiheit in Anspruch nimmt."

    Dabei beruht die Freiheit auf dem festen Netz verbindlich wirkender Gesetze - auf die sich alle menschlichen Wesen beziehen können, und denen sie alle restlos unterworfen sein müssen. Erst dann macht es Sinn, von Freiheit zu reden. "Der Mensch ist frei, sofern er tun kann, was er selbst will, und er nicht von seinesgleichen zu etwas gezwungen wird." Hieraus wiederum erwächst der Vernunft eine Chance zur Entfaltung - denn nur so kann die Vernunft als Ursprung menschlicher Verhaltensweisen gelten. Zugleich aber komplettiert sich der Mensch erst durch die Vernunft. Will er Mensch bleiben, muss er sich zwangsläufig seiner Vernunft bedienen. Selbstverständlich zieht dies aber auch eine moralische Verpflichtung nach sich, wie sie Volker Gerhardt beispielsweise im Kontext des Artenschwundes anmahnt. Angesichts des drohenden Aussterbens zahlreicher Tier- und Pflanzenarten betont er jedoch nicht nur den ästhetischen oder biologischen Schaden, sondern auch die Tatsache, dass sich der moderne Mensch den Arten gegenüber so zu verhalten habe, dass er auch ihnen gegenüber seine Würde bewahrt.

    Letztlich bot Volker Gerhardt einen ebenso interessanten wie anspruchsvollen Einblick in die Philosophie Immanuel Kants - und mit seinem Beitrag auch eine gelungene Bereicherung des "Heidelberger Forums Biowissenschaft und Gesellschaft", in dessen Rahmen die Veranstaltung eingebettet war. Das Forum selbst, das im Sommer 2001 erstmals zu einem Vortrag lud, geht auf eine Initiative von Wissenschaftlern der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg (Zentrum für Molekulare Biologie ZMBH und Medizinische Fakultät Heidelberg), des Europäischen Laboratoriums für Molekularbiologie (EMBL) sowie des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) zurück, und richtet sich insbesondere an die interessierte Bevölkerung, die hier auch die Gelegenheit zur Diskussion mit Experten und Fachleuten hat.

    Der zweite Mitveranstalter des Vortrags, das "Interdisziplinäre Forum", ist eine Initiative Heidelberger Stipendiaten der Studienstiftung des deutschen Volkes, die seit dem vergangenen Wintersemester eine Ringvorlesung zum Thema "Der designte Mensch" veranstalten.

    Nähere Informationen finden Sie auch unter
    www.embl-heidelberg.de/ExternalInfo/SciSoc/hdforum.html
    und/oder interdisziplinaeres-forum.uni-hd.de/

    Heiko P. Wacker

    Rückfragen bitte an:
    Dr. Michael Schwarz
    Pressesprecher der Universität Heidelberg
    Tel. 06221 542310, Fax 542317
    michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
    http://www.uni-heidelberg.de/presse


    More information:

    http://www.embl-heidelberg.de/ExternalInfo/SciSoc/hdforum.html
    http://interdisziplinaeres-forum.uni-hd.de/


    Images

    Criteria of this press release:
    Biology, Information technology, Law, Medicine, Nutrition / healthcare / nursing, Philosophy / ethics, Politics, Religion, Social studies
    transregional, national
    Miscellaneous scientific news/publications
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).