idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
01/16/2024 09:58

Wunden löten mit Licht und Nano-Thermometer

Norbert Raabe Kommunikation
Empa - Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt

    Nicht jede Wunde lässt sich mit Nadel und Faden verschliessen. Empa-Forschende haben nun ein Lötverfahren mit Nanopartikeln entwickelt, bei dem Gewebe sanft verschmolzen wird. Die Löttechnik soll Wundheilungsstörungen und lebensbedrohliche Komplikationen bei undichten Nähten verhindern. Das vielversprechende Verfahren hat das Team unlängst im Fachmagazin «Small Methods» publiziert und zum Patent angemeldet.

    Irgendwann vor mehr als 5000 Jahren kam der Mensch auf die Idee, eine Wunde mit Nadel und Faden zu vernähen. Seither hat sich an diesem chirurgischen Prinzip nicht viel geändert: Abhängig vom Fingerspitzengfühl der operierenden Person und der Ausrüstung lassen sich Schnitte oder Risse im Gewebe mehr oder weniger perfekt aneinanderfügen. Sind dann beide Seiten einer Wunde sauber aufeinander fixiert, kann der Körper beginnen, die Gewebelücke auf natürliche Weise dauerhaft zu schliessen.

    Doch nicht immer erreicht die Naht, was sie soll: Bei sehr weichen Geweben kann der Faden durch das Gewebe schneiden und zusätzliche Verletzungen verursachen. Und wenn der Wundverschluss an inneren Organen nicht dichthält, können durchlässige Nähte ein lebensbedrohliches Problem darstellen. Forschende der Empa und der ETH Zürich haben nun einen Weg gefunden, Wunden mittels Laser zu verlöten.

    Temperatur in Echtzeit steuern

    Beim Löten werden üblicherweise Werkstoffe mittels Hitze über ein schmelzendes Verbindungsmittel aneinandergefügt. Dass diese thermische Reaktion bei biologischen Materialien in engen Grenzen bleiben muss und gleichzeitig die Temperatur auf nicht-invasive Weise schwierig zu messen ist, war bisher ein Problem für die Anwendung von Lötverfahren in der Medizin. Das Team um Oscar Cipolato und Inge Herrmann vom «Particles Biology Interactions»-Labor der Empa in St. Gallen und dem «Nanoparticle Systems Engineering Laboratory» der ETH Zürich tüftelte daher an einem smarten Wundverschluss-System, bei dem sich das Laser-Löten schonend und effizient steuern lässt. Sie entwickelten hierzu ein Verbindungsmittel mit Metall- und Keramik-Nanopartikeln und setzten ein Nanothermometrie-Verfahren zur Temperaturkontrolle ein.

    Die Eleganz des neuen Lötverfahrens beruht dabei auch auf dem Zusammenspiel der zwei Nanopartikel-Arten in der verbindenden Eiweiss-Gelatine-Paste. Während die Paste mittels Laser bestrahlt wird, wandeln Titannitrid-Nanopartikel das Licht in Wärme um. Die eigens synthetisierten Bismutvanadat-Partikel in der Paste wirken hingegen als winzige fluoreszierende Nanothermometer: Sie strahlen temperaturabhängig Licht spezifischer Wellenlänge ab und erlauben so eine äusserst präzise Temperaturregulierung in Echtzeit. Damit ist die Methode besonders geeignet für die Anwendung in der minimal invasiven Chirurgie, da sie ohne Berührung auskommt und Temperaturdifferenzen mit feinster räumlicher Auflösung in oberflächlichen und tiefen Wunden ermittelt.

    Schonendes Infrarotlicht

    Nachdem das Team die Bedingungen für das «iSoldering» (Englisch für «intelligentes Löten») über mathematische Modellierungen «in silico» optimiert hatte, konnten die Forschenden die Leistungsfähigkeit des Kompositmaterials untersuchen. Gemeinsam mit Chirurgen und Chirurginnen des Universitätsspital Zürich, der «Cleveland Clinic» (USA) und der tschechischen Karls-Universität erzielte das Team in Labortests mit verschiedenen Gewebeproben eine schnelle, stabile und bioverträgliche Verbindung von Wunden beispielsweise an Organen wie der Bauchspeicheldrüse oder der Leber. Ebenso erfolgreich und schonend verlief das Versiegeln von besonders anspruchsvollen Gewebestücken etwa der Harnröhre, des Eileiters oder des Darms mittels iSoldering. Mittlerweile ist das Nanopartikel-Kompositmaterial denn auch zum Patent angemeldet.

    Doch damit gaben sich die Forschenden noch nicht zufrieden: Es gelang ihnen, die Laser-Lichtquelle durch schonenderes Infrarotlicht zu ersetzen. Dies bringt die Löttechnologie einen weiteren Schritt näher zur Anwendung im Spital: «Würde mit bereits medizinisch zugelassenen Infrarotlampen gearbeitet, liesse sich die innovative Löttechnik ohne zusätzliche Laser-Schutzmassnahmen in herkömmlichen Operationssälen verwenden», sagt Empa-Forscherin Inge Herrmann.


    Contact for scientific information:

    Prof. Dr. Inge Herrmann
    Empa Particles-Biology Interactions
    Tel. +41 58 765 7153
    inge.herrmann@empa.ch

    ETH Nanoparticle Systems Engineering Laboratory
    ingeh@ethz.ch

    Oscar Cipolato
    Empa Particles-Biology Interactions
    Tel. +41 58 765 7699
    oscar.cipolato@empa.ch

    ETH Nanoparticle Systems Engineering Laboratory
    ocipolato@ethz.ch


    Original publication:

    O Cipolato, L Dosnon, J Rosendorf, S Sarcevic, A Bondi, V Liska, AA Schlegel, IK Herrmann; Nanothermometry-enabled intelligent laser tissue soldering; Small Methods (2023), doi: 10.1002/smtd.202300693


    More information:

    https://plus.empa.ch/images/2024-01-16-Wunden-loeten-grosse-Bilder/ Bilder in hoher Auflösung zum Download
    https://www.empa.ch/web/s604/wound-soldering-with-nanothermometers Medienmitteilung auf der Webseite der Empa


    Images

    Wunden löten mit einer Nanopartikel-Paste und Licht: Oscar Cipolato und Inge Herrmann im «Particles-Biology Interac-tions»-Labor der Empa in St. Gallen.
    Wunden löten mit einer Nanopartikel-Paste und Licht: Oscar Cipolato und Inge Herrmann im «Particles- ...

    Bild: Empa


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Materials sciences, Medicine
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).