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Die CAR-T-Zelltherapie, die für die Behandlung von Leukämien und Lymphdrüsenkrebs entwickelt wurde, wird zunehmend auch bei schwersten rheumatischen Erkrankungen eingesetzt. Medizinern aus Heidelberg ist es gelungen, eine 38-jährige Frau, die an einer systemischen Sklerose erkrankt ist, vor schweren Lungenschäden zu schützen. Sie sind die häufigste Todesursache bei dieser Erkrankung. Neue, wirksame Behandlungsoptionen für die oft schwer zu therapierende entzündlich-rheumatische Autoimmunerkrankung würden dringend gebraucht, so die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie e.V. (DGRh).
Bei der systemischen Sklerose greift das Immunsystem mit Antikörpern überall im Körper („systemisch“) das Bindegewebe an, das daraufhin verhärtet („Sklerose“). Bei der jungen Frau hatte die Erkrankung im Juni 2021 an den Fingern mit Schwellungen und spontanen Wunden (Ulzerationen) begonnen. „Dies sind typische Anfangssymptome der seltenen Erkrankung, die vor allem bei jungen Frauen auftritt“, erläutert Privatdozent Dr. Wolfgang Merkt, der als Rheumatologe an der Medizinischen Klinik V der Universität Heidelberg arbeitet und die Therapie federführend begleitet hat.
Solange die Erkrankung auf die Haut beschränkt bleibt, sie wird dann Sklerodermie genannt, gefährdet sie das Leben der Patienten nicht. Doch schon im August litt die Frau bei leichteren körperlichen Anstrengungen unter Luftnot. Im Oktober waren in einer Computertomografie die typischen Veränderungen einer sog. Lungenfibrose zu erkennen. „Das Bindegewebe in den Lungen hatte sich auch weiter verhärtet, und es drohte eine zunehmende Einschränkung der Sauerstoffversorgung“, berichtete Dr. Merkt: „Wir behandelten sie deshalb mit Cyclophosphamid, später auch Mycophenolat, zwei starken Immunblockern“. Als sich keine Besserung abzeichnete, erhielt die Patientin ab März 2022 noch ein weiteres Mittel (Nintedanib), das die Narbenbildung (Fibrose) in den Lungen stoppen sollte. Vergeblich. Dr. Merkt sagt: „Die Erkrankung schritt rasch voran und hätte auf absehbare Zeit das Leben der Patientin gefährdet.“
In dieser Situation entschieden sich die Ärzte zusammen mit der Patientin für eine experimentelle Therapie. Sie wurde weltweit erstmals bei der Unterform dieser rheumatischen Erkrankung angewendet, die bei der Patientin vorliegt. Die Ärzte isolierten dazu bestimmte Abwehrzellen des Immunsystems aus dem Blut der Patientin. Diese T-Lymphozyten wurden dann in Heidelberg im Labor mit dem Gen für einen sogenannten chimären Antigenrezeptor (CAR) ausgerüstet. „Er fungiert auf der Oberfläche als Fühler, mit der die CAR-T-Zellen nach ihrer Rückkehr in den Körper die sogenannten B-Zellen aufspüren“, erläutert Dr. Merkt. Diese B-Zellen sind für die Produktion der Antikörper zuständig, die maßgeblich für die Erkrankung verantwortlich sind. Diese Behandlung wurde bei der Frau im Oktober 2022, also etwa ein Jahr nach dem Beginn der Erkrankung, durchgeführt. Neben der B-Zell-Beseitigung („Depletion“) wurde die Behandlung mit Mycophenolat und Nintedanib fortgesetzt, um eine möglichst breite Wirkung zu erzielen.
Die Laboruntersuchungen zeigten schon nach wenigen Wochen, dass die CAR-T-Zellen die B-Zellen beseitigt hatten. Im März 2023 kam es dann zu ersten Zeichen einer klinischen Besserung. „Die Atemwegssymptome besserten sich und die körperlichen Kräfte kehrten langsam zurück“, berichtet Dr. Merkt. Dies sei erstaunlich, da sich Fibrosen normalerweise nicht oder nur langsam wieder zurückbilden. Der Mediziner führt den Erfolg auf die Kombination der CAR-T-Zell-Therapie mit zwei weiteren Wirkstoffen zurück, welche allein bei dieser Patientin aber zuvor keine ausreichende Wirkung entfaltet hatten. Erstaunlich ist für den Experten auch, dass die CAR-T-Zellen sich als langlebig erwiesen. Auch bei der vorerst letzten Untersuchung im Mai 2023 war ihre Zahl kaum zurückgegangen. „Die CAR-T-Zellen könnten dazu beitragen, dass die Erkrankung bei der Patientin langfristig kontrolliert werden kann“, hofft Dr. Merkt. „Der Fallbericht steht in einer Reihe mit anderen bahnbrechenden CAR-T-Zell-Studien an Patient:innen mit rheumatischen Erkrankungen“, sagt Professor Dr. Christof Specker, Präsident der DGRh. Mit großen Erwartungen werde auch hier verfolgt, wie die Therapie sich in größeren Patientenkollektiven und auf lange Sicht bewähre.
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