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Wissenschaft
Wenn Politiker*innen und Expert*innen die Sicherheit in den Nachbarstaaten Russlands bewerten, betrachten sie in erster Linie staatliche Top-down-Maßnahmen. Ein neuer Bericht konzentriert sich nun auf die Sicherheit „von unten“ und kommt zu dem Schluss, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt hierbei entscheidend ist.
Neuer Ansatz zum Umgang mit Unsicherheit in Osteuropa
Der KonKoop In:Security Report befasst sich in drei übergreifenden Kapiteln mit insgesamt sieben Ländern, die an Russland grenzen. Die Autor*innen analysieren, wie die einzelnen Länder auf den russischen Einmarsch in der Ukraine im Jahr 2022 hinsichtlich der jeweiligen sicherheitspolitischen Strategien reagiert haben. Dabei stellen sie erhebliche Unterschiede zwischen den jeweiligen Staaten fest und zeigen, wie die unterschiedlichen Diskurse und Wahrnehmungen von Sicherheit in der individuellen Geschichte dieser Staaten verwurzelt sind. Dies stellt „die Wahrnehmung Osteuropas als eine homogene geopolitische Region“ in Frage.
Die Autor*innen schlagen vor, „einen differenzierteren Ansatz zu wählen“. Ihrer Ansicht nach muss die gesellschaftliche Dynamik auf subregionaler und nationaler Ebene berücksichtigt werden, um angemessen auf die entstehenden Sicherheitsbedürfnisse und -erwartungen reagieren zu können: Insbesondere sollten die Auswirkungen der Unsicherheit in den Grenzgebieten sowie das Risiko von zunehmenden internen und/oder transnationalen Abgrenzungsprozessen berücksichtigt werden.
Mangelnder gesellschaftlicher Zusammenhalt als Sicherheitsrisiko
Während einige Gesellschaften, wie zum Beispiel die Republik Moldau und Armenien, seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine eine zunehmende Spaltung erleben, haben andere, wie zum Beispiel Finnland, angesichts des Krieges an Zusammenhalt gewonnen. Den Autor*innen zufolge kann ein „mangelnder gesellschaftlicher Zusammenhalt langfristig selbst zu einem Unsicherheitsfaktor werden, der das Konfliktrisiko erhöht.“
Lange Zeit war die finnische Gesellschaft in der Frage des NATO-Beitritts gespalten. Seit 2022 ist die öffentliche und politische Unterstützung für den Beitritt jedoch konstant hoch. In der Republik Moldau und in Armenien hat der Krieg die sozialen Spannungen verschärft, die durch die Energiekrise, die Inflation sowie die Uneinigkeit über die Beziehungen zu Russland und die jeweilige geopolitische Orientierung verursacht wurden. „Zu den Folgen für die jeweiligen Gesellschaften und Volkswirtschaften gehören Abwanderung, Brain-Drain oder sogar internationale Isolation (wie im Fall von Belarus)“, so die Autor*innen.
Auftakt der Reihe KonKoop In:Security-Reports zu Sicherheitsthemen
Der KonKoop In:Security Report basiert auf dem Workshop „In:Security in Border Regions“, der 2023 vom Forschungsnetzwerk Kooperation und Konflikt in Osteuropa (KonKoop) organisiert wurde. KonKoop wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert und untersucht verschiedene Konfliktkonstellationen und Kooperationsdynamiken in Osteuropa, Südosteuropa, Zentralasien und dem Kaukasus. Es umfasst sechs deutsche wissenschaftliche Einrichtungen und arbeitet mit zahlreichen internationalen Partnern zusammen. Das Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien (ZOiS) ist der federführende Partner des Projekts. Nadja Douglas koordiniert am ZOiS die KonKoop-Themenlinie In:Security, die einen Bottom-up-Ansatz zu Sicherheit und Unsicherheit verfolgt. Die Ergebnisse werden in regelmäßigen Abständen in den KonKoop In:Security Reports veröffentlicht.
Nadja Douglas
Nadja Douglas, Weronika Grzebalska, Kornely Kakachia, Andrei Kazakevich, Asbed Kotchikian, Yuliia Kurnyshova, Inna Șupac und Joni Virkkunen, Old Fears and New Threats: Insecurity and Societal Cohesion in Russia’s Neighbourhood, KonKoop In:Security Report 1/2024.
https://konkoop.de/index.php/in-security-report-old-fears-new-threats/
Abandoned Border
Tama66
(c) pixabay/ Tama66
Criteria of this press release:
Journalists
Politics, Social studies
transregional, national
Scientific Publications, Transfer of Science or Research
German
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