idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Grafik: idw-Logo

idw - Informationsdienst
Wissenschaft

Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instance:
Share on: 
06/25/2024 14:39

Quantenannealer löst komplexes Problem der Materialforschung

Dipl.-Biologin Annette Stettien Unternehmenskommunikation
Forschungszentrum Jülich

    Schon lange verfolgen Physikerinnen und Physiker die Idee, Quantenteilchen mit einem Computer zu simulieren, der selbst aus Quantenteilchen besteht. Genau dies ist Wissenschaftler:innen des Forschungszentrums Jülich nun gemeinsam mit Kollegen aus Slowenien gelungen. Sie konnten zeigen, dass die Qubit-Verbindungen in einem Quantenannealer die Wechselwirkungen von Elektronen in einem real existierenden Quantenmaterial direkt abbilden.

    Das Ergebnis ist ein bedeutender Fortschritt und zeigt die praktische Anwendbarkeit eines Quantenannealers bei der Lösung materialwissenschaftlicher Probleme. Darüber hinaus haben die Forschenden Faktoren bestimmt, welche die Energieeffizienz und Beständigkeit von Quantenspeichergeräten verbessern können. Die Resultate wurden in Nature Communications veröffentlicht.

    Anfang der 1980er Jahre stellte Richard Feynman die Frage, ob es möglich sei, die Natur mit einem klassischen Computer präzise zu modellieren. Seine Antwort lautete: Nein. Die Welt besteht tief im Inneren aus fundamentalen Teilchen, beschrieben durch die Quantenphysik. Das exponentielle Wachstum der Möglichkeiten, die in die Berechnungen einfließen müssen, bringt selbst die leistungsfähigsten Supercomputer an ihre Grenzen. Feynman schlug stattdessen vor, einen Computer zu verwenden, der selbst aus Quantenteilchen besteht.

    Vielteilchensysteme in der Quantenphysik

    Mit seiner Vision gilt Feynman vielen als Urvater des Quantencomputers. Wissenschaftler:innen des Forschungszentrums Jülich haben nun gemeinsam mit Kollegen aus slowenischen Institutionen gezeigt, dass sie sich tatsächlich praktisch umsetzen lässt. Bei dem von ihnen betrachteten Anwendungsfall handelt es sich um ein sogenanntes Vielteilchensystem. Solche Systeme beschreiben dasVerhalten einer sehr großen Anzahl von Teilchen, die miteinander wechselwirken. In der Quantenphysik helfen sie dabei, Phänomene wie Supraleitung oder Quantenphasenübergänge am absoluten Nullpunkt zu erklären. Statt thermischer Fluktuationen gibt es bei einer Temperatur von 0 Kelvin nur noch Quantenfluktuationen, die auftreten, wenn ein physikalischer Parameter wie das Magnetfeld verändert wird.

    „Eine Herausforderung bei der Erforschung von Quantenmaterialien besteht darin, die Phasenübergänge von Vielteilchensystemen quantitativ zu messen und zu modellieren“, erklärt Prof. Dragan Mihailović vom Jožef Stefan Institute in Slowenien. In der vorliegenden Studie untersuchten die Forschenden das Material 1T-TaS2, das von der supraleitenden Elektronik bis hin zu energieeffizienten Speichergeräten Verwendung findet. „Wir haben das System in einen Nichtgleichgewichtszustand versetzt und dann beobachtet, wie sich die Elektronen im Festkörpergitter nach dem Nichtgleichgewichts-Phasenübergang neu anordnen - sowohl experimentell als auch durch Simulationen“, beschreibt Dr. Jaka Vodeb vom Jülich Supercomputing Centre den gewählten Ansatz.

    Alle Berechnungen wurden mit dem Quantenannealer der Firma D-Wave durchgeführt, der in die Jülicher Nutzerinfrastruktur für Quantencomputing - JUNIQ - eingebunden ist.

    Beitrag zur Energieeffizienz

    Die Forschenden konnten den Übergang von der temperaturgesteuerten zur verrauschten, von Quantenfluktuationen dominierten Dynamik, erfolgreich nachbilden. Mit den Qubit-Verbindungen im Quantenannealer ließen sich die mikroskopischen Wechselwirkungen der Elektronen direkt abbilden. Die Ergebnisse stimmen mit theoretischen Vorhersagen und experimentellen Ergebnissen sehr gut überein.

    Es gibt aber auch einen praktischen Nutzen. Ein besseres Verständnis von 1T-TaS2-basierten Speichergeräten könnte zu einem praktischen Quantenspeichergerät führen, das direkt auf einer Quantenverarbeitungseinheit (QPU) implementiert wird. Solche Geräte können zur Entwicklung energieeffizienter elektronischer Geräte beitragen und damit den Energieverbrauch von Computersystemen entscheidend senken.

    Fazit: Quantenannealer in der Praxis

    Die vorliegende Studie zeigt: Es ist möglich, praktische Probleme mit Quantenannealern zu lösen. Sie können in der Kryptographie, den Materialwissenschaften oder bei der Simulation komplexer Systeme eingesetzt werden. Darüber hinaus haben die Erkenntnisse aber auch eine direkte Auswirkung auf die Entwicklung energieeffizienter Quantenspeichergeräte.


    Original publication:

    Vodeb, J., Diego, M., Vaskivskyi, Y. et al.
    Non-equilibrium quantum domain reconfiguration dynamics in a two-dimensional electronic crystal and a quantum annealer.
    Nat Commun 15, 4836 (2024). https://doi.org/10.1038/s41467-024-49179-z


    More information:

    https://www.fz-juelich.de/de/aktuelles/news/pressemitteilungen/2024/quantenannea... Pressemitteilung des Forschungszentrums Jülich


    Images

    Künstlerische Darstellung einer Quantensimulation von 1T-TaS2, die auf der Quantenverarbeitungseinheit eines Quantenannealers durchgeführt wird.
    Künstlerische Darstellung einer Quantensimulation von 1T-TaS2, die auf der Quantenverarbeitungseinhe ...
    Jaka Vodeb, Yevhenii Vaskivsk
    Jozef Stefan Institute / Jaka Vodeb und Yevhenii Vaskivskyi

    Der D-Wave Quantenannealer am Forschungszentrum Jülich
    Der D-Wave Quantenannealer am Forschungszentrum Jülich
    Sascha Kreklau
    Forschungszentrum Jülich / Sasch Kreklau


    Criteria of this press release:
    Journalists
    Chemistry, Electrical engineering, Information technology, Materials sciences, Physics / astronomy
    transregional, national
    Research results
    German


     

    Help

    Search / advanced search of the idw archives
    Combination of search terms

    You can combine search terms with and, or and/or not, e.g. Philo not logy.

    Brackets

    You can use brackets to separate combinations from each other, e.g. (Philo not logy) or (Psycho and logy).

    Phrases

    Coherent groups of words will be located as complete phrases if you put them into quotation marks, e.g. “Federal Republic of Germany”.

    Selection criteria

    You can also use the advanced search without entering search terms. It will then follow the criteria you have selected (e.g. country or subject area).

    If you have not selected any criteria in a given category, the entire category will be searched (e.g. all subject areas or all countries).