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Die ARBEIT – Zeitschrift für Arbeitsforschung, Arbeitsgestaltung und Arbeitspolitik schreibt einen Call for Papers zum Thema "Zukunft der Industriearbeit - Jenseits von Industrie 4.0" aus. Das Verfahren ist zweistufig, Abstracts in deutscher oder englischer Sprache sind bis zum 1. September 2024 bei der Redaktion einzureichen. Die Beiträge sind für das Heft 4/2025 vorgesehen. Herausgeber des Schwerpunkthefts sind Hartmut Hirsch-Kreinsen, Peter Ittermann und Jonathan Falkenberg.
Mit einem Schwerpunktheft zum Thema Zukunft von Industriearbeit – Jenseits von Industrie 4.0 soll ein zunehmend aus dem Blickfeld der sozialwissenschaftlichen Arbeitsforschung geratenes Thema wieder aufgegriffen werden. Die Frage nach Industriearbeit hat wohl deshalb an Relevanz verloren, da sich im Zuge des Diskurses über die Digitalisierung von Arbeit eine breite und inzwischen schwer überschaubare Landschaft von Forschungs- und Gestaltungsprojekten mit verschiedenen, teilweise hoch spezialisierten Fragestellungen etabliert hat. Zudem sind angesichts der Herausforderungen der Fachkräftesicherung, der arbeitsbezogenen Folgen der Corona-Pandemie sowie der sozio-ökologischen Transformation andere Themen in das Zentrum der arbeitssoziologischen Forschung gerückt. Schließlich haben in den letzten Jahren der bisherige innovationspolitische Industrie-4.0-Hype und der Fokus auf die industrielle Entwicklung und ihre Arbeitsformen deutlich an arbeits- und forschungspolitischer Aufmerksamkeit verloren. Im Ergebnis droht der Anschluss an ein arbeitssoziologisch wie auch gesellschaftspolitisch relevantes Thema, das früher konstitutiv für den Diskurs zum Wandel der Arbeit war, verloren zu gehen.
Diese Situation erweist sich in mehrfacher Hinsicht als defizitär:
Zum einen weist der Forschungsstand zum Thema Digitalisierung industrieller Arbeit bis heute offene Fragen und Leerstellen auf. So sind gegenwärtig weder eine empirisch gesättigte übergreifende theoretische Analyse noch eine überzeugende zeitdiagnostische Interpretation der aktuellen Wandlungsprozesse von Industriearbeit in Sicht.
Zum zweiten befinden sich weite Segmente der industriellen Produktion in einer beschleunigten strukturellen Transformation, die nicht länger, wie zeitweise üblich, allein mit dem Begriff der Digitalisierung zu fassen ist. Vielmehr ist sie Folge des Zusammenspiels einer Reihe weiterer Faktoren wie Dekarbonisierung und Ressourcenknappheit, der demografischen Entwicklung sowie des Wandels globaler Wirtschaftsbedingungen. Es steht außer Frage, dass sich damit nachhaltige Konsequenzen für Industriearbeit verbinden, die eine intensivere Forschung und Diskussion begleiten sollten.
Zum dritten ist von diesen Wandlungstendenzen ein im deutschen wie auch europäischen Wirtschaftssystem nach wie vor prägender Beschäftigungssektor betroffen. Seine Veränderungen haben vielfältige direkte und indirekte Ausstrahlungseffekte auf weitere Beschäftigungssektoren: Hierzu zählen viele Zulieferer- und Dienstleistungsbereiche wie Logistik, Technische Services, Zeitarbeit, Handel und andere mehr.
Die Beiträge des Schwerpunkthefts sollen diese Entwicklungstrends aufgreifen. Dabei ist Industriearbeit als direkt wertschöpfende Tätigkeit auf dem Shopfloor zu fassen. Betrachtung finden sollen Veränderungen auf der Mikroebene von Produktionsprozessen, ungeachtet bestimmter sektoraler Grenzen. Angesprochen ist damit ein Spektrum von Arbeits-, Qualifikations- und Sozialtypen, das von Un- und Angelernten bis hin zu (hoch-)qualifizierter Facharbeit und wissenschaftlich-technischen Qualifikationen reicht. Dabei sollen freilich auch meso- und makrostrukturelle Weiterungen der Transformation von Industriearbeit und ihre Wechselwirkung mit dem Wandel weiterer Beschäftigungssektoren im Wirtschaftssystem und dem gesellschaftlichen Institutionensystem berücksichtigt werden.
Im Einzelnen lassen sich die Zielsetzungen des geplanten Schwerpunkthefts wie folgt zusammenfassen:
Zum einen soll der gegenwärtige Stand der Arbeitsforschung zum Wandel von Industriearbeit unter den angesprochenen Transformationsbedingungen resümiert werden. Auf dieser Basis sollen theoretisch gehaltvolle wie zeitdiagnostisch überzeugende Befunde erarbeitet werden.
Zum zweiten sollen absehbare Entwicklungsperspektiven formuliert und Szenarien zur zukünftigen Industriearbeit diskutiert werden. In den Blick nehmen ließen sich hierbei verschiedene Varianten von der weiteren De-Industrialisierung bis zur „Re-Vitalisierung“ der industriellen Produktion.
Zum dritten sollen Ansatzpunkte für arbeits-, industrie- und gesellschaftspolitische Gestaltung und Maßnahmen zu einer wünschenswerten Weiterentwicklung von Industriearbeit (u.a. Industry 5.0, Workplace Innovation) und der Bewältigung der industriellen Transformation zur Diskussion gestellt werden. Eine wesentliche Frage hierbei ist, inwieweit die tradierten Normen humaner bzw. Guter Arbeit angesichts der Transformationsbedingungen weiterentwickelt und neu begründet werden müssen.
Zum vierten soll der Wandel von Industriearbeit im Hinblick auf seine Konsequenzen für die verschiedenen Ebenen des Systems der Industriellen Beziehungen diskutiert werden. So bilden bis heute traditionelle Anlerntätigkeiten und Facharbeit im industriellen Sektor den Kern betrieblicher und überbetrieblicher, gewerkschaftlicher Organisationsmacht, die gegenwärtig massivem Veränderungsdruck und großen Herausforderungen unterliegt.
Zu betonen ist, dass mit der geplanten Publikation keineswegs das Thema „Zukunft von Industriearbeit“ in seinen verschiedenen sozialen Dimensionen erschöpfend behandelt werden kann. Idealerweise soll ein Anstoß für eine intensivere Diskussion über den gegenwärtigen Stellenwert und das zukünftige Erscheinungsbild von Industriearbeit in Deutschland und Europa gegeben werden.
Erwünscht sind sowohl empirisch und theoretisch als auch arbeitspolitisch orientierte Beiträge. Der Call for Papers richtet sich nicht nur an Forschende aus den Sozialwissenschaften, sondern auch aus angrenzenden Disziplinen wie den Wirtschaftswissenschaften. Nicht ausgeschlossen werden sollen auch praxisorientierte Beiträge von Expertinnen und Experten aus Arbeitspolitik oder Unternehmen. Möglich sind sowohl deutsch- als auch englischsprachige Beiträge.
Bitte senden Sie ein ca. ein- bis zweiseitiges Abstract zu Ihrem Beitragsvorschlag bis spätestens 1. September 2024 an die Redaktion der Zeitschrift ARBEIT: frank.seiss@isf-muenchen.de
Sie erhalten von uns eine Rückmeldung bis zum 31. Oktober 2024. Abgabetermin für Manuskripte mit maximal 45.000 Zeichen ist der 15. Februar 2025. Die Beiträge sind vorgesehen für das Heft 4/2025 der ARBEIT.
Frank Seiß, Redaktion der ARBEIT, frank.seiss@isf-muenchen.de
https://www.degruyter.com/journal/key/arbeit Die Zeitschrift ARBEIT
Criteria of this press release:
Scientists and scholars
Economics / business administration, Information technology, Mechanical engineering, Politics, Social studies
transregional, national
Scientific Publications
German
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