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Anhand der Altersdaten bestimmter Meteoritenklassen ist es gelungen, neue Erkenntnisse zur Entstehung von wasserreichen kleinen astronomischen Körpern des frühen Sonnensystems zu gewinnen. Diese Planetesimale lieferten kontinuierlich Baumaterial für Planeten – auch für die Erde, deren Urmaterial wasserarm war. Ihr eigentliches Wasser erhielt die Erde durch Planetesimale, die bei niedrigen Temperaturen im äußeren Sonnensystem entstanden. Das zeigen rechnerische Modelle, die ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung von Geowissenschaftlern der Universität Heidelberg durchgeführt hat.
Pressemitteilung
Heidelberg, 9. Juli 2024
Baumaterial für wasserreiche Planeten im frühen Sonnensystem
Untersuchungen mit Beteiligung von Heidelberger Wissenschaftlern zeigen, dass spät entstandene Kleinkörper Wasser auf die Erde brachten
Anhand der Altersdaten bestimmter Meteoritenklassen ist es gelungen, neue Erkenntnisse zur Entstehung von wasserreichen kleinen astronomischen Körpern des frühen Sonnensystems zu gewinnen. Diese sogenannten Planetesimale lieferten kontinuierlich Baumaterial für Planeten – auch für die Erde, deren Urmaterial wasserarm war. Ihr eigentliches Wasser erhielt die Erde durch Planetesimale, die bei niedrigen Temperaturen im äußeren Sonnensystem entstanden. Dort war Wassereis als Festkörper verfügbar – anders als bei Kleinkörpern, die früher und näher an der Sonne entstanden und dafür zu heiß waren. Das zeigen rechnerische Modelle, die ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung von Geowissenschaftlern der Universität Heidelberg auf der Basis der Altersdaten durchgeführt hat und daraus auch die thermische Entwicklung der Mutterkörper ablesen konnte.
Die Planeten unseres Sonnensystems bildeten sich gemeinsam mit ihrem Mutterstern, so auch die Erde, die etwa vor 4,5 Milliarden Jahren um die Sonne entstand. Dies geschah in der habitablen Zone, so dass auf ihrer Oberfläche Wasser flüssig existieren konnte. Dabei wuchs die Erde wie andere Planeten auch aus Planetesimalen. Sie entstehen, wenn sich große Mengen an Staubteilchen in Hochdruckzonen mit mehreren tausend Kilometern Durchmesser sammeln und unter der eigenen Schwerkraft zusammenfallen. „Diese Kleinkörper haben nicht nur das Baumaterial für die Planeten geliefert“, erläutert Prof. Dr. Mario Trieloff, der am Institut für Geowissenschaften der Universität Heidelberg das Klaus-Tschira-Labor für Kosmochemie leitet. Von ihnen, so der Wissenschaftler, stammt auch das Wasser auf der Erde.
Unter welchen Umständen es im frühen Sonnensystem genau zur Entstehung von Planetesimalen kam und ob dies auch über längere Zeiträume möglich war, ist bislang nicht abschließend geklärt. Wichtige Informationen dazu liefern die Altersdaten bestimmter Klassen von Meteoriten, die sich einst aus Kleinplaneten lösten. In Zusammenarbeit mit Kollegen aus Berlin, Bayreuth und Zürich (Schweiz) leiteten die Heidelberger Wissenschaftler aus diesen Daten die thermische Entwicklung und den Entstehungszeitpunkt der Mutterkörper ab. Sie zeigen, dass sich einige der Planetesimale sehr schnell, das heißt innerhalb von weniger als zwei Millionen Jahren bildeten. Dabei wurden sie so stark aufgeheizt, dass sie aufschmolzen und alle flüchtigen Elemente verloren, darunter ihr Wasser.
Andere Planetesimale, so die Ergebnisse der aktuellen Untersuchungen, entstanden später bei niedrigeren Temperaturen im äußeren Sonnensystem; sie konnten ihr Wasser teilweise in Kristallen gebunden konservieren. Dass sich diese Kleinkörper auch in späteren Stadien des Sonnensystems kontinuierlich bilden konnten, führen die Wissenschaftler auf verschiedene Verzögerungseffekte zurück, die den rapiden Entstehungsmechanismen entgegenwirkten – zum Beispiel Kollisionen zwischen Staubagglomeraten, dem Baumaterial von Planetesimalen, die das schnelle Wachstum von Kleinplaneten verhinderten.
„Die Erde sammelte solche wasserreichen Kleinplaneten oder ihre Bruchstücke in Form von Asteroiden oder Meteoriten während ihres Wachstumsprozesses auf und wurde nur deshalb kein knochentrockener, lebensfeindlicher Planet“, sagt Dr. Wladimir Neumann, Erstautor der Studie, deren Grundlagen an der Universität Heidelberg, am Institut für Planetenforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt sowie am Institut für Geodäsie der Technischen Universität Berlin erarbeitet wurden.
Da die Entstehung von Planetesimalen in extrasolaren Planetensystemen auf denselben physikalischen Gesetzmäßigkeiten wie in unserem Sonnensystem beruht, vermuten die Wissenschaftler, dass es auch in anderen Regionen des Weltraums erdähnliche Planeten geben könnte. Wenn sie im Laufe ihrer Entstehungsgeschichte Wasser von Kleinkörpern erhalten haben, könnten sie damit die Voraussetzungen für die Entstehung von Leben erfüllen, so Prof. Trieloff.
Die Forschungsergebnisse wurden in der Zeitschrift „Nature Scientific Reports“ veröffentlicht. An den Untersuchungen haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Technischen Universität Berlin, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (Schweiz) sowie der Universität Bayreuth mitgewirkt. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Klaus Tschira Stiftung und das International Space Science Institute in Bern (Schweiz) und Peking (China) haben die Forschungsarbeiten gefördert.
Kontakt:
Universität Heidelberg
Kommunikation und Marketing
Pressestelle, Telefon (06221) 54-2311
presse@rektorat.uni-heidelberg.de
Prof. Dr. Mario Trieloff
Institut für Geowissenschaften
Telefon (06221) / 54-6022
mario.trieloff@geow.uni-heidelberg.de
W. Neumann, N. Ma, A. Bouvier, M. Trieloff: Recurrent planetesimal formation in an outer part of the early solar system. Nature Scientific Reports (1 July 2024), https://doi.org/10.1038/s41598-024-63768-4
http://www.geow.uni-heidelberg.de/forschungsgruppen/trieloff – Homepage Mario Trieloff
Criteria of this press release:
Journalists
Geosciences, Physics / astronomy
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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