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Eine umfassende Neubeschreibung von Plateosaurus trossingensis liefert wertvolle Informationen über die Evolution, die Lebensweise und den Stammbaum der frühen Dinosaurier. Bei dieser Analyse wurden Knochenverletzungen entdeckt, die Paläontologen genauer untersuchten.
Der Pflanzenfresser Plateosaurus trossingensis ist dank zahlreicher Funde in Mitteleuropa entscheidend für das Verständnis und die Erforschung früher Dinosaurier. Das erste vollständige Skelett dieser Art aus dem baden-württembergischen Trossingen wurde 1912 von Eberhard Fraas entdeckt und bildete die Grundlage für die detaillierte Erstbeschreibung der Art im Jahr 1926. Joep Schaeffer, Paläontologe am Naturkundemuseum Stuttgart, hat dieses Fossil von Plateosaurus trossingensis erneut untersucht und wichtige Details zu den Merkmalen dieser bekannten Dinosaurierart, ihrer Biologie und den Beziehungen zu anderen frühen Dinosauriern geliefert. Diese umfassende Neuuntersuchung des Holotypus von Plateosaurus trossingensis, also des Referenzfossils für die Artbeschreibung, ist die erste nach fast 100 Jahren. Die Publikation wurde im "Journal of Systematic Palaeontology" veröffentlicht und bildet eine wichtige Grundlage für die zukünftige Dinosaurierforschung.
Bei der Analyse mehrerer Skelette aus verschiedenen Sammlungen von Plateosaurus trossingensis fielen dem Paläontologen vor allem Knochenverletzungen am Schwanz auf. Gemeinsam mit einem internationalen Wissenschaftlerteam untersuchte Joep Schaeffer diese Verletzungen genauer, um die möglichen Ursachen zu erforschen. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in der Fachzeitschrift "PLOS ONE" publiziert.
Einer der größten Dinosaurier aus der späten Trias:
Plateosaurus lebte vor rund 210 Millionen Jahren in der späten Triaszeit. Dieser frühe Dinosaurier konnte bis zu zehn Meter lang werden und bis zu vier Tonnen wiegen. Eine der wichtigsten Fundstellen für Plateosaurus-Skelette ist Trossingen in Baden-Württemberg. Die meisten der dort gefundenen Fossilien befinden sich in den Sammlungen des Naturkundemuseums Stuttgart, so auch der Holotypus von Plateosaurus trossingensis. Insgesamt gibt es bereits über 250 Funde von Plateosaurier-Individuen aus Deutschland, der Schweiz und Frankreich.
Basis für die zukünftige Dinosaurierforschung:
Die letzte umfassende Beschreibung des Holotypus von Plateosaurus trossingensis stammt aus dem Jahr 1926 und von dem Paläontologen Friedrich von Huene. Seitdem gibt es Diskussionen darüber, ob Plateosaurus trossingensis die einzige Art der Gattung ist. „Anhand neuer Funde und Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte konnte ich neue Aspekte in meiner Analyse berücksichtigen und wichtige Details zur Anatomie des Schädels und des restlichen Skeletts liefern. Außerdem habe ich die Position von Plateosaurus trossingensis im Stammbaum überprüft und aktualisiert sowie die Verwandtschaftsbeziehungen dieses frühen Dinosauriers mit anderen aufgezeigt. Die Neubeschreibung ist eine wichtige Grundlage für zukünftige Fragestellungen in der Dinosaurierforschung und für die Bewertung anderer fossiler Funde", so Joep Schaeffer.
Dinosaurierforscher untersuchen Knochenpathologien:
Eine Verletzung an den Schwanzknochen des Dinosauriers erregte das Interesse des Wissenschaftlers und anderer Paläontologen. Drei der Hämalbögen des Holotypus von Plateosaurus schienen verletzt worden zu sein, als das Individuum noch jünger war. Dies veranlasste ein Forschungsteam aus Paläontologen und einem Veterinärmediziner dazu, weitere Skelette zu analysieren. Fast 15 Prozent der untersuchten Plateosaurus-Fossilien wiesen diese Verletzungen auf, die zwar nicht zum Tod der Tiere führten, aber erhebliche Schäden hinterließen. „Wir wissen bereits viel über Plateosaurier, zum Beispiel wie schwer sie wurden, was sie aßen oder auch wann sie geschlechtsreif wurden. Auch über ihren Lebensraum wissen wir dank der Analyse der Gesteine, in denen die Fossilien gefunden wurden, schon sehr viel. Jedes Puzzlestück hilft uns, mehr über die Biologie und Ökologie der Tiere zu erfahren. Deshalb ist es für uns besonders spannend, die Verletzungen zu identifizieren und die Ursache herauszufinden", so Joep Schaeffer. Die Wissenschaftler ziehen verschiedene Szenarien für den Ursprung der Pathologien in Betracht. Eine Möglichkeit ist, dass die Tiere im Schlamm stecken geblieben sind und sich die Verletzungen zugezogen haben, als sie sich mit dem Schwanz aus dem Schlamm befreien wollten. Eine zweite Möglichkeit ist, dass sich die Dinosaurier bei sozialen Interaktionen den Schwanz stießen. Angriffe von Raubtieren sind eine weitere Hypothese.
Waren Raubtiere die Ursache für die Verletzungen des Plateosaurus?:
„Ein Raubtier, das die Verletzungen verursacht haben könnte, ist der fleischfressende Dinosaurier Liliensternus, aber angesichts seiner Größe könnte er nur junge Plateosaurus-Individuen verletzt haben. Andere potenzielle Fressfeinde waren Phytosaurier und Krokodilvorfahren. Diese Krokodilverwandten griffen ihre Opfer in der Regel von unten und von hinten an, was zu den Verletzungen an den Knochen passen würde, obwohl keine Zahnabdrücke hinterlassen wurden. Bislang wurden in Trossingen jedoch keine Fossilien dieser Krokodilverwandten entdeckt. Allerdings sind einige Exemplare von anderen Fundorten bekannt. Um diese Frage zu klären, müssen wir also weitere Funde abwarten", so Dr. Eudald Mujal, Paläontologe mit den Schwerpunkten Fossilerhaltung und Paläoökologie am Naturkundemuseum Stuttgart.
Hintergrund:
Das Naturkundemuseum Stuttgart:
Innovative Forschung und Wissensvermittlung im Fokus.
Mit den Forschungssammlungen, den "Archiven der Vielfalt", beherbergt das Museum über 12 Millionen Objekte. Im Mittelpunkt der wissenschaftlichen Tätigkeit stehen die Erforschung der Evolution des Lebens sowie die Analyse der Artenvielfalt verschiedener Ökosysteme. In zwei Dauerausstellungen, wechselnden Sonderausstellungen, Veranstaltungen und Führungen werden im Naturkundemuseum sowohl naturkundliches Grundwissen als auch aktuelle Forschungserkenntnisse an die breite Öffentlichkeit vermittelt, um das Verständnis für die Natur und ihre komplexen Zusammenhänge nachhaltig zu fördern.
www.naturkundemuseum-bw.de
Joep Schaeffer, Abteilung Paläontologie
Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart, Germany
Tel.: +49/(0)711/89 36/164
E-Mail: joep.schaeffer@smns-bw.de
Joep Schaeffer: Osteological redescription of the holotype of Plateosaurus trossingensis (Dinosauria: Sauropodomorpha) from the Upper Triassic of SW Germany and its phylogenetic implications. Journal of Systematic Palaeontology.
DOI: https://doi.org/10.1080/14772019.2024.2335387
Veröffentlichungsdatum: 24.05.2024
Joep Schaeffer, Ewan Wolff, Florian Witzmann, Gabriel S. Ferreira, Rainer R.
Schoch, Eudald Mujal: Paleobiological implications of chevron pathology in the
sauropodomorph Plateosaurus trossingensis from the Upper Triassic
of SW Germany. PLOS ONE.
DOI: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0306819
Veröffentlichungsdatum: 31.07.2024
http://www.naturkundemuseum-bw.de
https://www.naturkundemuseum-bw.de/digitales/science-blog/plateosaurus-trossinge... , Saurier-Grabungen in Trossingen:
http://Zu den Saurier-Grabungen in Trossingen finden Sie einen Science-Blogbeitrag von Prof. Dr. Rainer Schoch mit weiteren Informationen auf unserer Website:
https://www.naturkundemuseum-bw.de/presse , Pressemitteilungen des Staatlichen Museums für Naturkunde Stuttgart
Joep Schaffer vor dem Skelettmodell des Holotypus von Plateosaurus trossingensis in der Ausstellung ...
L. Reinöhl
SMNS, L. Reinöhl
Rekonstruierter Lebensraum mit Plateosauriern im Naturkundemuseum Stuttgart - Museum am Löwentor.
R. Pfisterer
SMNS, R. Pfisterer
Criteria of this press release:
Journalists, Scientists and scholars
Biology, Environment / ecology, Geosciences, Zoology / agricultural and forest sciences
transregional, national
Research results, Scientific Publications
German
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